Verbände Abschied: DPRG-Präsident Minwegen tritt ab

Peter Szyszka schaut zurück auf neun bewegte Jahre

Nach neun Jahren und drei Amtszeiten als Präsident der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) tritt Norbert Minwegen bei der 66. DPRG-Mitgliederversammlung am 14. Juni nicht mehr für eine Wiederwahl an. Gemeinsam mit den meisten seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesvorstand wird er anderen Engagierten das Feld überlassen. Erster Kandidat für die Nachfolge Minwegens ist Nils Haupt, Senior Director Corporate Communications bei der Hapag-Lloyd AG. Für eine persönliche Rückschau auf die neunjährige DPRG-Präsidentschaft Minwegens konnte das „PR-Journal“ den Hannoveraner PR-Professor Peter Szyszka gewinnen.

Norbert Minwegen (Foto) war laut Peter Szyszka in seiner Amtszeit im positiven Sinne ein Menschenfänger. (Foto: DPRG)

Von Peter Szyszka, Hannover

Als Nobert Minwegen – im Hauptberuf seit 16 Jahren Leiter Unternehmenskommunikation der Sparkasse KölnBonn sowie seit November 2020 Geschäftsführer SK Kultur sowie sk jugend und medien – im Jahr 2014 Präsident der DPRG wurde, war mein eigener Abschied aus dem Verband eigentlich beschlossene Sache. Zwei Jahrzehnte waren zu diesem Zeitpunkt vergangen, in denen nach meinem Empfinden vieles versäumt wurde oder Stückwerk bleiben musste. Geprägt wurden meine Erwartungen an die DPRG von der Ära des Präsidenten Hugo Jung (1988-1994), in der ich als Jungspund mitarbeiten durfte: Diskussionen um zentrale Themen, die Entwicklung zeitgemäßer Berufs- und Bildungsprofile und mehr. Was folgte waren Präsidentschaften, die den Verband zunächst an den Rand des finanziellen Ruins trieben beziehungsweise ihn dann über zwei Perioden konsolidieren mussten. Inhaltlich wurden neben Ethik und Wertschöpfung kaum Themen auf den Weg gebracht.

In der Ära Ulrich Nies (2005-2014) weckte dann zwar zu Beginn seiner zweiten Amtszeit ein Expertenhearing zur strategischen Neuausrichtung des Verbandes große Erwartung, von denen sich die wenigsten erfüllen sollten. Geblieben war ich eigentlich nur, weil ich in der Juryarbeit des Deutschen PR-Preises immer wieder mit interessanten Menschen zusammengekommen war.

Was sich dann im Spätsommer 2015 ereignete, sollte sich als typisch für den neuen Präsidenten erweisen. Er habe gehört, sagte er mir am Telefon, ich hätte in meiner ersten Amtszeit als Juryvorsitzender nur einen Teil der Weiterentwicklung des Preises realisieren können. Ob ich mir vorstellen könne, erneut den Vorsitz zu übernehmen und die Entwicklung des Preises weiter voranzutreiben? Dass ich nach kurzer Bedenkzeit „ja“ gesagt habe und dann erst in diesem Frühjahr – altersbedingt – die Leitung in jüngere Hände übergeben habe, ist bekannt.

Menschenfänger

Ich erzähle diese Geschichte, weil mir andere Kolleginnen und Kollegen ähnliche Geschichten erzählt haben. Norbert Minwegen war in seiner Amtszeit im positiven Sinne ein Menschenfänger. Er konnte Menschen für gemeinsame Ziele interessieren und begeistern. Und er schenkte ihnen auf den Wegen, die dann beschritten werden mussten, vor allem eines: Vertrauen. Unsere jährlichen Treffen zur Weiterentwicklung von Preis und Jury waren Diskussionen, in denen wieder neue Ideen hinzukamen, andere bewusst verworfen wurden. Die Diskussionen waren immer sachlich und dennoch freundschaftlich von Zuwendung geprägt.

Anders als sein Vorgänger stellte sich Norbert Minwegen 2014 nicht mit einem ausgesuchten Team zur Wahl, sondern ging „Klinken putzen“, erklärte mit „entspannter Hartnäckigkeit“, dass und warum er jemanden haben wollte, machte sich aber dann nicht von dem Ergebnis abhängig. „Ich mag Menschen mit Ecken und Kanten“, hat er mir mal in einem Gespräch gesagt, „das steht für die Vielfalt unserer Branche und diese Vielfalt sollte sich auch im Vorstand spiegeln“. Beim Start kannte man sich untereinander kaum, hatte aber ein gemeinsames Ziel: etwas Neues zu beginnen, dem Verband eine Struktur geben, in der sich die Mitglieder wiederfinden und abgeholt fühlen und damit verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Ergebnisorientierte Vorstandsarbeit

Die Vorstandsarbeit erfolgte weitgehend lautlos und ergebnisorientiert. Das geschäftsführende Präsidium kam alle zwei Wochen zur Telefonkonferenz zusammen und stellte Pläne zur Diskussion, die dann verabschiedet, umgesetzt und gelebt wurden. Es gab keine Ankündigungspolitik, die falsche Erwartungen wecken oder sich als leere Versprechung entpuppen konnte. Umgesetzt wurde das, was mit den Gremien vorbesprochen war. Zu seinem Respekt vor dem Ehrenamt gehörte es dabei, die Arbeit auf möglichst viele gute Schultern zu verteilen und deren Selbstausbeutung auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Entsprechend wuchs das Präsidium von zunächst sechs auf zehn Köpfe und war offen für neue Denkansätze.

Arbeitskreise wurden nicht nur wiederbelebt, sondern auch neu ins Leben gerufen und nun in ihrer Arbeit durch die Geschäftsstelle und das professionelle Team Oberauer unterstützt, das als Unternehmen in die Branche investierte. Die Arbeitskreise erfuhren mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung. Ihre Arbeit wurde in die Verbands- und Vorstandsarbeit eingebunden, um das Leistungsspektrum von Mitgliedern und Branche transparent zu machen. Daraus entstanden nicht zuletzt neue Formate wie die Neulandtour. In der Corona-Pandemie wurden dann Früchte dieser Arbeit offensichtlich. Die Vernetzung und Digitalisierung in Verband und Arbeitskreisen waren so effizient und erfolgreich fortgeschritten, dass es keine Präsenz brauchte, um die Arbeit schadlos fortzuführen. Im Gegenteil: Die DPRG blieb nicht nur präsent, zeitweise war sie sogar präsenter als zuvor.

Herkunft hat Zukunft

Die DPRG-Karriere von Norbert Minwegen begann in den frühen 2000er-Jahren im Arbeitskreis „Krisenkommunikation/Issues Management“. Nach einem misslungenen Interview, so hat er mir einmal erzählt, nahm ihn der Arbeitskreisgründer Klaus-Peter Johanssen, vormals Shell-Kommunikationschef in „Fall Brent Spar“, zur Seite und empfahl ihm, seinem Arbeitskreis beizutreten, um derartiges künftig zu vermeiden. „Das war eine der besten Empfehlungen, die ich in meinem Leben erhalten habe“, blickt Norbert Minwegen heute zurück. Die mangelnde Einbindung dieses Arbeitskreises und die mangelnde Sichtarbeit der Ergebnisse waren es dann schließlich, die ihn bewog, zunächst für eine Mitarbeit im Präsidium und schließlich als Präsident zu kandidieren. Das Ergebnis ist bekannt. Und natürlich wird er seine Arbeit in diesem Arbeitskreis auch nach Ende der Präsidentschaft fortsetzen: Herkunft hat Zukunft.

Das Feld ist nicht nur bestellt, Norbert Minwegen wird am Ende auch nicht den Schlüssel umdrehen, weiterreichen und gehen. Sein Präsidium hat sich frühzeitig um eine Nachfolge bemüht und die Übergabe der Verbandsgeschäfte von langer Hand vorbereitet. Das Nachfolger-Team wurde bereits in die jüngere Verbandsarbeit einbezogen, damit ein nahtloser Übergang möglich ist: Ein Team übergibt an ein anderes, motiviertes Team. Auf meine Frage, was für ihn das Wesentliche in neun Jahren Amtszeit war, kommt die Antwort: „Ich durfte Menschen kennenlernen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte“ – genau das hat mich vor einem Jahrzehnt in der DPRG gehalten und über all die Jahre, in denen ich mit diesem Präsidenten zusammenarbeiten durfte, mit ihm verbunden.

Szyszka Peter Jury Vors DPRG Preis 2020 ScreenshotÜber den Autor: Peter Szyszka (Foto) ist Professor an der Hochschule Hannover, wo er in den Bereichen Organisationskommunikation, PR und Kommunikationsmanagement forscht und lehrt. Neben zahlreichen Schriften hat er 2017 das Buch „Beziehungskapital - Akzeptanz und Wertschöpfung“ veröffentlicht. Szyszka, der seit 1986 Mitglied der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) ist, hatte zuletzt seit 2016 den Vorsitz der Jury zum Internationalen Deutschen PR-Preis der DPRG inne. Zuvor leitete er die Jury bereits von 2006 bis 2010. 2023 wurde er zum Ehrenmitglied der DPRG ernannt.