Unternehmen Klaus Treichel: Stakeholder Journey sinnvoll aufbauen
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Am 6. November erscheint der neue „CommTech Newsletter“. Im Rahmen der Medienpartnerschaft mit der AG CommTech veröffentlicht das PR-JOURNAL hier vorab einen Beitrag von Klaus Treichel über den sinnvollen Aufbau einer Stakeholder Journey. Der Kommunikationsberater und Interim Manager schildert, was alles getan und bis in den digitalen Raum hinein geplant werden muss.
Wie lässt sich eine Stakeholder Journey sinnvoll aufbauen?
Von Klaus Treichel
Die Stakeholder Journey beschreibt, wie sich die komplexe Beziehung zwischen einem Unternehmen und seinen Stakeholdern entwickeln kann – wenn man Kommunikations-Maßnahmen im digitalen Raum geschickt plant. Ziel muss es sein, den Stakeholder im Rahmen von Kommunikations-Kampagnen über die Zeit immer stärker zu aktivieren. Zu Beginn geht es darum, den Stakeholder auf eine Position oder ein Produkt aufmerksam zu machen. Doch die Journey geht weiter und nach der „Aufmerksamkeit“ folgen die Stufen „Interesse“, „Wirkung“ und „Verbundenheit“.
Doch wer sind eigentlich die Stakeholder in der Kommunikation? Zu beobachten ist, dass sich Stakeholder-Gruppen zunehmend ausdifferenzieren. Dies hat damit zu tun, dass sich Unternehmen und Organisationen einer immer aufmerksameren Öffentlichkeit gegenüber rechtfertigen müssen. Eine wichtige Ursache ist die Notwendigkeit, nachhaltig zu wirtschaften und eine Balance aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem zu erreichen.
Stakeholder-Gruppen differenzieren sich aus
Parallel dazu sehen sich Firmen dazu gezwungen, sich über ihren „Purpose“ klar zu werden und ihn aktiv zu kommunizieren, nach innen und nach außen. Der massive Bedeutungszuwachs von Purpose und Nachhaltigkeit muss sich in der Positionierung von Unternehmen widerspiegeln. Und es führt zwangsläufig dazu, dass eine größere Zahl von Anspruchsgruppen hervortreten, die einen Dialog erwarten. Stakeholder-Gruppen differenzieren sich nicht nur aus, sie vergrößern zunehmend ihre Wirkungsmacht über Social Media, zum Beispiel Umweltaktivisten.
Die wachsende Anzahl der Stakeholder-Gruppen steht in einer Wechselwirkung mit einem immer breiteren Medienangebot: Im Zuge der Digitalisierung hat sich eine wahre Medienexplosion vollzogen. Neben der steil ansteigenden Zahl klassischer Online-Medien finden auch Blogs und Foren ihr Publikum – und zwar in immer spitzerer Zusammensetzung. Der einzelne Stakeholder lässt sich digital immer besser erreichen. Dabei ist ein Stakeholder nicht nur Empfänger von Botschaften, er kommuniziert zuweilen auch selbst, er sendet und bildet einen Gegenkanal.
Kommunikation hat den ganzheitlichen Blick
Für die Kommunikation sind all das gute Nachrichten, denn die Kommunikation ist die einzige Funktion, welche die gesamte Bandbreite der Anspruchsgruppen in den Blick nehmen kann. Denn das Marketing kümmert sich um Kunden, Investor Relations um Investoren, HR um aktuelle und künftige Mitarbeitende und Public Affairs um politische Entscheidungstragende. Nur die Kommunikation hat den ganzheitlichen Blick: Angefangen bei den Mitarbeitenden über Kunden, Meinungsführende in Politik und Gesellschaft bis hin zur breiten Öffentlichkeit. Unternehmen müssen dabei ihre Organisationen – und vor allem ihre Ressourcen – so ausrichten, dass ihre Botschaften aus einem Guss und an alle Anspruchsgruppen gleichermaßen transportiert werden. „One voice“ ist eine Domäne der Unternehmenskommunikation. Deshalb übernimmt die Kommunikation auch häufig die Führungsrolle bei der Orchestrierung von Botschaften, Stakeholdern, Kanälen in Unternehmen, zum Beispiel in einem Newsroom.
Wer nur eine Anspruchsgruppe nicht ernst genug nimmt, verliert Unterstützung und grenzt seinen Handlungsspielraum ein. CommTech unterstützt den vielfältigen Dialog. Plötzlich wird es möglich, die Anspruchsgruppen viel spitzer zu erreichen und ihre Interessen viel zielgenauer zu berücksichtigen. Im Idealfall richtet sich die Kommunikationsstrategie von morgen nicht mehr an breite Massen, sondern an Individuen – und mit der Skalierung wird am Ende doch die breite Masse erreicht. Aber mit der entsprechenden individuellen Wirkung.
Daten: Treibstoff der Stakeholder Journey
Bei der datengetriebenen Kommunikation kommt es vor allem darauf an, zielgerichtet und systematisch Daten zu generieren. Wer sich im digitalen Raum bewegt, wer auf Websites mal länger und mal kürzer verweilt, wer auf Links klickt oder wer sogar Input oder Feedback gibt, der hinterlässt Datenspuren. Eine automatisierte Kampagne verläuft umso reibungsloser, je mehr Daten entlang einer Stakeholder Journey erzeugt werden. Jede Datenspur ist ein Hinweis auf das Interesse der Stakeholder und aus jeder dieser Spuren lassen sich Anschluss-Aktionen ableiten.
Deshalb macht es Sinn, in jede wichtige Kommunikations-Maßnahme einen Call-to-action (CTA) einzubauen. Reaktionen auf diesen CTA reichern das Reservoir an Daten an. Überhaupt liegt in der systematischen Verwendung eines CTA die größte „disruptive“ Veränderung im Rahmen der datengetriebenen Kommunikation. Während PR heute nach ihrem eigenen Selbstverständnis noch weitgehend auf der Awareness-Stufe agiert, ist es der CTA, der die Stakeholder Journey überhaupt erst ermöglicht. Er ist ein notwendiges Verbindungsstück aller Stationen der Stakeholder Journey, von der Aufmerksamkeit über das Interesse, die Wirkung bis zur Verbundenheit als ultimatives Ziel der Kommunikation. Er ist der Treibstoff einer jeden Stakeholder Journey.
Eine kluge Idee macht den Unterschied
Digitale Tools übernehmen die Aufgabe, sowohl CTAs zu transportieren als auch die Reaktionen auf CTAs festzuhalten. Sie sind sozusagen das Sensorium einer digitalen Kampagne. Der Charme der datengetriebenen Kommunikation liegt darin, dass alle Daten automatisch gesammelt, visuell dargestellt und ausgewertet werden. Große Datenmengen können in Echtzeit aufbereitet werden und stehen für die weitere Interpretation von Kampagnen zur Verfügung. Leider – oder zum Glück – ist es ein Trugschluss, dass sich digitale Kampagnen gewissermaßen von selbst optimieren. Sie liefern sicherlich eine wichtige Basis für Entscheidungen, aber die Kreativität und Phantasie von Kommunikations-Teams ist immer noch notwendig, um die Daten angemessen zu analysieren und, um einer Kampagne den richtigen Push zu verleihen. Eine kluge Idee macht immer noch den Unterschied, während ein Algorithmus das Mittel zum Zweck bleibt.
Über den Autor: Klaus Treichel ist Gründer der Klaus Treichel Kommunikationsberatung und Interim Manager. Vor der Gründung seiner Beratungsfirma war er mehr als 20 Jahre für den ABB-Konzern in Mannheim und Zürich tätig, unter anderem als Mitglied der Geschäftsleitung und Head of Corporate Communications für Deutschland und Europa, Head of Public Affairs sowie als globaler Kommunikationschef für die Energie-Sparte. Auch auf Agenturseite hat er Beratungserfahrung gesammelt.
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