
Charles Schmidt
Das Interview wurde geführt von Helge Weinberg, Strategie & Kommunikation, Hamburg (Viertes Interview von fünf).
1. Was hat sich durch Social Media für die Unternehmenskommunikation verändert?
Charles Schmidt: Mit einem Satz: Aus Zielgruppen wurden Gesprächspartner. So schön das klingt, für die Unternehmenskommunikation kommt es aber zumindest einem gefühlten Kontrollverlust gleich, denn in Zeiten von Social Media bestimmt die Kommunikationsabteilung nicht mehr alleine über Inhalte, Reichweite und vor allem nicht über die Resonanz darauf.
Stichwort „Claim“ = Botschaft
Die Zeit, in der man ungestraft „Hochglanz“-Kommunikation treiben konnte, die mit der Unternehmensrealität nicht wirklich etwas zu tun hatte, ist vorbei. Heute beherrschen Schlagworte wie Authentizität, Transparenz, Empathie die Debatte um einen zeitgemäßen Markenauftritt. Dies ist ganz klar dem Umstand geschuldet, dass ich in Social Media sofort und ungeschminkt öffentlich einsehbares Feedback und Resonanz auf meine Aktivitäten bekomme.
Stichwort „Mediaplan“ = Reichweite
Während man sich in klassischen Medien Reichweite kaufen kann, muss man sie sich in Social Media verdienen. Indem man sich jeden Tag darum bemüht, einen Mehrwert für seine Fans, Freunde und Verfolger zu schaffen, kann man sich Reichweite und echte, treue Markenfans verdienen, jedoch nicht kaufen. Die Verbreitung und damit das virale Potential liegt letztlich allein in der Hand der Nutzer.
Allerdings ist gute Unternehmenskommunikation meines Erachtens immer nah dran an der Unternehmensrealität. Und gut gemachte Werbung hatte natürlich schon immer den Rezipienten im Blick. Vielleicht hat sich gar nicht so viel verändert, aber heutzutage fliegt „schlechte und realitätsferne Kommunikation“ einfach nur schneller auf. Dann könnte man Social Media als eine Art Lackmustest für gute Unternehmenskommunikation sehen.
2. Wie sehen die Kernaufgaben der Unternehmenskommunikation in Zeiten der Social Media aus?
Charles Schmidt: Social Media ist eine Querschnittsdisziplin, die viele Aspekte und Facetten der Unternehmenskommunikation enthält und das Spektrum der Aufgaben bereichert, aber nicht komplett verändert:
Enabler / Trainer
Social Media funktioniert nicht nach dem Prinzip der „One Voice Policy“. Im Gegenteil: Ein Unternehmen wird in Social Media nur dann erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter das Engagement mittragen. Daher gilt es die Kollegen mitzunehmen, einzubinden, Talente zu entdecken und zu „Markenbotschaftern“ zu machen – und Social Media im Unternehmen zu erklären. Denn es gibt natürlich immer zum Teil berechtigte Vorbehalte und Berührungsängste, mit denen man umgehen muss.
Public Relations 2.0. : Moderation und Beziehungspflege
Neu hinzugekommen ist darüber hinaus sicher eine „Moderationsfunktion“. Man sucht und hält den Kontakt zu Schlüsselpersonen, Bloggern, Stakeholdern, versucht eigene Mitarbeiter in die Kommunikation mit einzubinden und versucht auf Anfragen und Reaktionen im Social Web die Antworten und richtigen Ansprechpartner im Unternehmen zu finden.
Schatzsucher
Des Weiteren muss man vielleicht noch mehr als bisher zum Schatzsucher nach den großen und kleinen Geschichten im Unternehmen sein. Wenn unser Azubi Heiko nach Großbritannien zur Schweißer WM fährt, dann ist das zum Beispiel eine tolle Story in Richtung Azubi-Kommunikation.
3. Welche Rolle wird die Unternehmenskommunikation in Zukunft im Unternehmen spielen?
Charles Schmidt: Vielleicht wird die Unternehmenskommunikation in Zukunft weniger das Sprachrohr des Unternehmens sein, sondern mehr in eine „Zuhören und Moderieren“ Rolle wechseln. Dennoch wird die Unternehmenskommunikation den (Kommunikations-)Stil weiter prägen und durch das Orchestrieren und Moderieren des „Corporate Storytellings“ die große Gesamtstory ausdrücken.
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