Autoren-Beiträge Die neue Debatte der Selbstverständlichkeiten: Ach was!

sulzmann dennisEin Autorenbeitrag von Dennis Sulzmann (Foto), "Heutigentags.de", Hamburg
Die Zeit der großen Erkenntnisgewinne scheint vorbei zu sein. Die Zeit, als man noch substantiell Neues erfahren hat über Kommunikation im Social Web. Oder Social Media oder einfach nur: Internet. Vorbei mit der Zeit, als alles zwar schon immer ganz selbstreferenziell war, aber zumindest nicht breitgetreten, sondern vertieft wurde. Heute werden uninspirierte Grundsätzlichkeiten ausgewälzt.
Die neue Debatte der Selbstverständlichkeiten hat Internet-Erklärer Sascha Lobo losgetreten. Er stellt fest, dass Kommunikation interessant sein muss. Dass nur über wichtige Dinge debattiert wird. Lobo spricht PR-Menschen die Fähigkeit ab, Strategien zu entwickeln. Vor allem Strategien für Social Media. Dass es für Online-Kommunikation ein neues Verständnis von PR braucht, ist in etwa so überraschend wie die Feststellung, dass man einen Iro anders bearbeitet als einen Kurzhaarschnitt. Es war schon immer Aufgabe von PR, eine Geschichte so steilzustellen, dass sie dort funktioniert, wo sie funktionieren soll.

So banal wie andere Stimmen zum Spiel
Mirko Lange, einer, der sich tatsächlich sehr gut auskennt und nie um eine Grundsatzdebatte verlegen ist, stellt ja richtig fest, dass PR nicht „Pausenlos Reden“ heißt. Nur: So begründet sich das Selbstverständnis professioneller Kommunikation auch nicht. Hat es nie. PR war immer ein Gegenentwurf zur klassischen Werbung, wo es um das Abfeuern von Botschaften ging/geht. Und es ist Aufgabe der PR – und diesen Auftrag hat sie angenommen -,  dort für eine Veränderung von Einstellungen, Werten und Kulturen zu sorgen, wo das bisherige Bild von Kommunikation nicht zu den Bedürfnissen der PR und vor allem der Zielgruppen passt. Auch das ist keine neue Herausforderung. Vermitteln und Anpassen, was denn sonst?

Dass es um Dialog geht, erklärt sich allein schon aus der Begrifflichkeit, denn Public Relations bedeutet Relations, also Beziehungen. Dass damit nicht die Beziehungen eines PR-Verantwortlichen zu seinem Chef gemeint sind, sondern die zur Zielgruppe, weil Public, ist so klar wie der Himmel über Hamburg an einem wolkenlosen Tag.

Genauso wie die Tatsache, dass Beziehungen Austausch bedeuten, dass man sich also mit dem Gegenüber, mit seinen Interessen auseinandersetzt und sich aufeinander bezieht. Dass man Inhalte liefert und keine Floskeln. Ob man das dann als PR, Service oder was-auch-immer verkauft, ist Pillepalle. Und dass dazu Verständnis, Transparenz und Nähe gehören, erzeugt schon lange kein ehrfürchtiges Erstaunen mehr.

Ein Rechtfertigungsproblem?
Schon immer mussten sich PR-Menschen stärker rechtfertigen als Werber. Sie wollen das Geld des Kunden in Bereichen ausgeben, die man nur schwer fassen kann mit so scheinbar griffigen Dingen wie Return on Investment oder Kontaktverteilung. Hier geht es um Dialog, Reputation, keine wirklich harte Währung, oft geht es nicht um die Produkte selbst, schon gar nicht um den Absatz. Nicht sehr sexy. Und dann werfen sich PRler zusätzlich Knüppel zwischen die Beine, indem sie sich krampfhaft-strikt zur Werbung abgrenzen wollen. Es ist Romantik. PR-Menschen sind mitverantwortlich dafür, dass der Begriff PR immer mehr zerredet wird. Und sie merken nicht, dass viel von ihrem verzweifelten Gegensteuern alles nur noch nebulöser macht. Mittlerweile erschöpfen sich ermüdend viele Beiträge über PR und vor allem digitales Kommunizieren in Banalitäten und Allgemeinplätzen. Es wird immer abgegriffener, immer platter. Ein Gros der Beiträge zeigt, wie verkrampft viele PR-Menschen mit ihrer Profession umgehen. Und wie sehr sie sich öffentlich mit Selbstverständlichkeiten abmühen. Am Ende ist der angebliche Klärungsbedarf unser eigenes Problem.

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