Rezensionen Hoffmann/Müller: Public Relations kompakt

Hoffmann, Beate/Christina Müller: Public Relations kompakt. Verlag: UVK, Konstanz. 2008. 320 Seiten. Preis: 27,90 Euro. ISBN: 978-3-86764-035-0.
Rezension von Stefan Kombüchen, PR Plus, Heidelberg.

PR kompakt - oder besser: PR konfus. Zugegeben: Es ist nicht einfach, die Inhalte eines solchen Buchs zu beschreiben und zu beurteilen. Dafür ist die Güte einzelner Kapitel zu unterschiedlich. Das Buch arbeitet zwar mit dem Aristotelischen Leitsatz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Das gilt für das vorliegende Buch allerdings nicht. Nach gründlicher Lektüre ist klar: Das Buch besteht aus zwei Teilen, einem überzeugenden Praxisteil und einem schwachen Theorieversuch.

Fangen wir mit letzterem an: Es werden viele Informationen über die Grundlagen der PR geliefert, es gibt gut nachvollziehbare Handlungsempfehlungen, häufig verwendete Zitate, praxisrelevante Beispiele. Aber: die einzelnen Aussagen werden in der Regel ohne Regel miteinander verbunden, nein, nicht verbunden. Man nehme einen Computer und gebe dort hinein aktuelles PR-Wissen aus der Theorie. Dann lässt man ein Zufallsprogramm die Aussagen aneinanderreihen, und was kommt raus: der erste Teil von PR kompakt. Ich zitiere einen zusammenhängenden, nein, nicht zusammenhängenden Text (S. 11):

"Public Relations heißt nichts anderes als 'das Management von Kommunikationsprozessen für Organisationen mit deren Bezugsgruppen'. Was bedeutet, in den Dialog zu treten, Beziehungen mit Menschen aufzubauen und zu pflegen, Öffentlichkeitsarbeit ist ein Prozess, kein Maßnahmenbündel. Längst überholt ist der frühere Leitspruch 'Tue Gutes und rede darüber!'…"

So reihen die Autorinnen in ihren ersten drei Kapiteln Sätze aneinander u. a. über die Geschichte der PR, über die Abgrenzung von PR und Werbung oder über die ethischen Grundlagen. Danach folgt eine systemtheoretische Basis, womit u. a. die die Notwendigkeit für professionelle PRKonzepte begründet wird.

Lassen Sie mich anhand einiger Beispiele verdeutlichen, warum ich dem Leser empfehle, das Buch erst ab Seite 127 zu beginnen.

Geschichte der PR: "Apostel und Evangelisten – waren sie die ersten PR-Arbeiter? Oder begann mit dem Zeitalter der Industriegesellschaft auch die Entwicklung der PR? Die Anfänge der modernen PR liegen in den USA". Da haben wir es. Und was ist nun mit den Aposteln? Was mit den Evangelisten? Die Autorinnen umschreiben ihr Vorgehen eigentlich selbst ganz gut: Sie machen einen Ausflug in die Geschichte. Da sieht man mal hier was und mal dort was, landet mal an der einen oder anderen Stelle, die Verbindungen zwischen den Orten bleiben außen vor. Der PRFachmann weiß, warum die Autorinnen Evangelisten oder Apostel ansprechen, der Laie wird mit seinen Fragen alleine gelassen. Aber er hat ja zumindest vorher schon erfahren: "Kommunikation ist die Kunst, so 'Guten Tag' zu sagen, dass auch 'Guten Tag' ankommt", besagt eine alte PRWeisheit."

Abgrenzung von PR und Werbung: Wohl mein Lieblingskapitel, weiß ich doch nun, dass "PR auf Realitäten und nicht auf Vorstellungen" beruht. Das beruhigt, hatte ich doch zuletzt gehört, dass Fiktionen in der virtuellen Welt die Art unserer Rezeption und Perzeption bestimmen. Auch einleuchtend: "Werbung zeigt Bilder, PR erzählt Geschichten." (S. 16) So einfach ist das also, und ich dachte immer, es käme auf die Funktionen und die Wirkungen an, um die beiden Bereiche sinnvoll voneinander trennen zu können.

Ironie ist sicherlich ein Schutz vor unqualifizierten Äußerungen. Aber man sollte schon ernst bleiben, wenn man so etwas liest: "In der Werbung kommt es vor allem auf Verstärkung, Bildung oder Änderung von Einstellungen an." (S. 16) Dabei ging ich bisher davon aus, dass es Werbung kurzfristig auf das Kaufverhalten abgesehen hat (Verhaltensdimension) und PR langfristig Einstellungen verändern möchte (Imagedimension).

Ethische Grundlagen: Ernst ist es auch, wenn die Autorinnen den PR-Verantwortlichen folgende Ratschläge erteilen: "Noch können gesetzliche Schlupflöcher kreativ genutzt werden, um Botschaften mit dem Programm zu verflechten. […] Der Tatbestand der Schleichwerbung muss erst nachgewiesen werden." (S. 42) Was wohl der Deutsche Rat der PR dazu sagen wird? Systemtheoretische Grundlagen: Nehmen wir ein bisschen Pearson, ein wenig Luhmann und noch etwas Merten, und fertig ist die systemische Grundlage. Dann definieren wir noch die Systemtheorie mit dem Begriff 'Rundumdenken' und haben eine brauchbare Basis dafür geliefert, warum man in Unternehmen integriert kommunizieren muss, warum man vor jeder Kommunikation erst einmal die Situation analysieren muss, warum man seine Bezugsgruppen gut kennen muss, um sie erfolgreich mit Botschaften zu versorgen. So einfach ist das wohl nicht. Die Darstellung der Systemtheorie ist konfus oberflächlich und verwirrend.

PR-Konzepte: Nun überrascht, dass "PR-Beauftragte selten (oder nie) in den Genuss (oder Stress) kommen, eine große Kampagne planen und durchführen zu müssen. Wenn doch, sind sie gut beraten, sich externe Hilfe zu besorgen, denn eine Kampagne umzusetzen ist zeitaufwendig und muss meist neben dem Alltagsgeschäft realisiert werden." (S. 84) Die Interpretation dieses Satzes wird dem Leser überlassen: Tut mir leid, lieber PR-Fachmann, Kommunikationsmanagement und Konzeption überlässt Du besser anderen.

Schnitt. Nun kommen wir zu dem gelungenen Praxisteil der Arbeit, in dem die Autorinnen zeigen, dass sie die Klaviatur der PR wirklich gut kennen. Sie beschreiben die gängigen Instrumente der PR nach modernen Gesichtspunkten, mit aktuellen Beispielen und untermauern ihre Aussagen mit Statements von Journalisten und Pressesprechern. Checklisten, Tipps und vielfältige Praxisbeispiele machen diesen Teil des Buches vor allem für Praktiker lesenswert. Ja, die gut 180 Seiten sind empfehlenswert, sind hilfreich nicht nur für Einsteiger, sondern auch noch für erfahrene PRPraktiker, um sich neue Anregungen zu holen für die eigene Kommunikationsarbeit.

So werden die Grenzen und Möglichkeiten, die Funktionen, Stärken und Schwächen einzelner Instrumente verständlich beschrieben, angefangen bei den Möglichkeiten der Pressearbeit, über interne zur externen Kommunikation. Hier müssen sich die Autorinnen nur die Frage gefallen lassen, warum sie die Instrumente der Pressearbeit separat aufführen und nicht in die der externen Öffentlichkeitsarbeit einordnen.

Ansonsten weiß die Auswahl der Instrumente und deren schwerpunktmäßige Beschreibung wirklich zu gefallen. PR begins at home: Die Bedeutung der internen Kommunikation für den Erfolg eines Unternehmens wird immer wieder betont und durch die gesonderte Stellung der Corporate Identity und des Leitbildes einer Organisation untermauert. Wo unterscheiden, wo ergänzen sich Intranet und Mitarbeiterzeitschrift? Wann entscheidet man sich für eine Pressekonferenz, wann für ein Pressegespräch? Welche Rolle können Messen, Kundenmagazine, Geschäftsberichte in der externen Kommunikation spielen? Wie können die Instrumente sinnvoll eingesetzt werden, welche Vorteile bieten sie in der Vermittlung der Botschaften, für welche Zielgruppen sind sie geeignet, und worauf sollte man bei der Planung und Umsetzung achten? Hier wird auch eine zwar kurze, aber durchaus überzeugende Zusammenfassung zum Thema Medienrecht geliefert (Autor: Stefan Endter), bevor der Praxisteil mit einer Abhandlung zum Thema Krisen-PR abschließt. Es ist zwar verwunderlich, aber wahrscheinlich ein Segen für den Leser, dass im Praxisteil eigentlich kein Bezug mehr auf die Theorie genommen wird.

Auch formal und stilistisch gibt es klare Unterschiede zwischen diesen beiden Teilen. Ausgerechnet bei der Beschreibung der theoretischen Grundlagen wird viel Umgangssprache benutzt, werden 'flapsige Formulierungen' verwendet, findet man unvollständige Sätze, häufig fehlende Bezüge. Hier lassen die Ausführungen auch die nötige Wissenschaftlichkeit vermissen. Begriffe werden nicht klar unterschieden oder neu entwickelt wie das Wort "Multimedien". Die Quellenangaben sind teilweise fehlerhaft, unvollständig oder werden gar nicht erst genannt. Hier trifft man dann auf abgedroschene Phrasen wie: "Tatsache ist: Journalisten sind auch nur Menschen" (S. 26) oder "als die Maschinen wieder zu laufen begannen" (S. 13). Hier sind die Ausführungen auch nicht immer auf dem neuesten Stand: Die wissenschaftliche Entwicklung endet bei Oeckl, die Nennung der Berufsverbände im deutschsprachigen Raum beschränkt sich auf die DPRG, den PRVA und die SPRG.

Dass es hier auch an systemischem Verständnis mangelt, zeigt der Satz: "PR hat sich zur integrierten Kommunikation weiterentwickelt" oder auch "Marktkommunikation will Informationen und Inhalte an die Frau und an den Mann bringen". Warum unterscheiden die Autorinnen ständig zwischen Unternehmen und Organisationen? Und noch etwas zum Schmunzeln für den versierten Leser: Bezugsgruppen und Zielgruppen werden synonym verwendet. Wem diese Begriffe aber "zu wenig kommunikationsorientiert" erscheinen, spricht lieber von "Teilöffentlichkeiten" oder von "Dialoggruppen" (vgl. S. 56). So einfach ist das.

Mit dem Vorwort haben sich die Autorinnen leider auch keinen Gefallen getan: Es geht inhaltlich kaum auf die Stärken des Buches ein und ist auch sprachlich schwach: Auf die Frage: "Was hat der Satz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile mit PR zu tun?" antwortet das Vorwort: "Es hat"! (S. 7)

Fazit: Wenn Sie den ersten Teil des Buches weglassen, erwartet Sie eine überzeugende Beschreibung der wichtigsten PR-Instrumente – praktisch versiert, schlüssig formuliert, erfreulich aktuell.

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