Rezensionen Kirchhoff/Krämer: Presse in der Krise

Sabine Kirchhoff und Walter Krämer: „Presse in der Krise“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. 1. Aufl., Januar 2010. 130 Seiten. Preis: 14,95 Euro. ISBN: 978-3-531-17193-7.

Rezension von Sebastian Wuwer, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landtags Nordrhein-Westfalen, Absolvent von PR Plus, Heidelberg

Krise hier, Krise da, Krise überall. Tatsächlich scheint sie in diesen Monaten allgegenwärtig, und dies weit über die Finanz- und Wirtschaftsmärkte hinaus. Denn ja, auch die Presse steckt in einer Krise. Der eingebrochene Anzeigenmarkt, rückläufige Abonnentenzahlen und die Konkurrenz der Onlinemedien machen den Zeitungshäusern zu schaffen. Nicht selten resultiert aus dieser Situation ein Teufelskreis: Finanzielle Sparprogramme in den Redaktionen bewirken einen Verlust an journalistischer Qualität, und dieser Verlust wiederum sorgt für eine weitere Abkehr von Leserinnen und Lesern.

Vor diesem Hintergrund vollziehen die Autoren Dr. Sabine Kirchhoff und Dr. Walter Krämer in ihrem Buch einen konsequenten Schritt. Sie untersuchen, wie nun die Presse in der Krise über die Krise auf den Finanz- und Wirtschaftsmärkten berichtet.

Gleich vorweg: Dabei fördern sie nichts Gutes zutage. An vielen Beispielen aus der Presse belegen die Professorin für Medienarbeit (Fachhochschule Osnabrück) und der Professor für Wirtschaftsstatistik: Selbst Tageszeitungen mit vergleichsweise hohen journalistischen Qualitätsansprüchen berichten häufig handwerklich unsauber über komplexe Wirtschafts- und Finanzthemen.

Da werden Floskeln und Worthülsen aus Pressemitteilungen unreflektiert in eigene Texte übernommen; da wird die Berichterstattung mit unverständlichem Fachvokabular und Bürokratendeutsch unnötig aufgeblasen; und da wird der Anspruch möglichst objektiver und sachlicher Berichterstattung durch bewusst reißerische Überschriften und kommentierende Adjektive gefährdet.

Journalistische Qualität: ein kostbares und kostspieliges Gut
Aus Sicht eines passionierten Zeitungslesers, aber auch aus Sicht eines Öffentlichkeitsarbeiters macht es Freude dieses Buch zu lesen. Schließlich schaffen es die Autoren, für die Feinheiten eines qualitativ hochwertigen Journalismus zu sensibilisieren.

Zu kritisieren ist allerdings, dass ihre Auswahl an Beispielen häufig beliebig erscheint. Zudem wird nur sehr selten deutlich, inwieweit die aufgedeckten stilistischen Schwächen in der Berichterstattung über die Wirtschafts- und Finanzkrise nun tatsächlich mit der Krise der Zeitungshäuser und Redaktionen zu tun haben.

In diesem Kontext haben es die Autoren versäumt, die kausalen Zusammenhänge zwischen journalistischem Stil und den direkten Folgen der Pressekrise für die Journalistinnen und Journalisten deutlich darzustellen. Anschaulich wäre es gewesen, wenn die Autoren einschränkende Faktoren für eine anspruchsvolle Presseberichterstattung explizit benannt hätten, wie beispielsweise den zunehmenden Mangel an zeitlichen und personellen Ressourcen in den Zeitungsredaktionen.

Mangelhaften Journalismus hat es auch schon vor dem Aufkommen der Pressekrise gegeben. Die offenbar zunehmende Anzahl schlecht recherchierter und schlecht geschriebener Zeitungsartikel auch in den Qualitätszeitungen ist jedoch ein ernstzunehmendes Alarmsignal für den Zustand der Presselandschaft im Allgemeinen. Alarmierende Beispiele enthält das vorliegende Buch zuhauf, und seine Autoren geben zugleich zahlreiche praktische Tipps, wie Pressetexte sprachlich verbessert werden können. Diese Empfehlungen sind auch Kommunikationsexperten sehr zu empfehlen. Denn was für gute Zeitungsartikel gilt, das sollte immer auch Maßstab für gute Pressemitteilungen sein.

Der Rezensent:
Sebastian Wuwer ist Angestellter im Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landtags Nordrhein-Westfalen und dort als Referent für die Europa-Kommunikation tätig. Zuvor studierte Wuwer im Bachelor- und Masterstudiengang Politik- und Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, war erster PR-Trainee in der Verwaltung des nordrhein-westfälischen Landesparlaments und konnte sein berufsbegleitendes Studium bei PR Plus im März 2009 als akademisch geprüfter PR-Berater abschließen. Er war außerdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Bundestag sowie als freier Journalist für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) tätig.

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