Apple, Facebook und Twitter – Unternehmer-Reputation auch ohne Studienabschluss

(cw) - Was der gute Ruf wert ist, erfahren Kinder spätestens das erste Mal im vierten Grundschuljahr. Nämlich dann, wenn der Wechsel auf eine höhere Schule fest steht. Häufig geht es auch nicht nur um die gute Ausbildung später besserer Berufschancen, sondern auch um die Reputation der Eltern, denen es peinlich sein kann, geht das eigene Kinde 'nur' auf eine Realschule. Der Anspruch und der Wert der persönlichen Reputation wird in unserer Gesellschaft schon sehr früh gebildet und gerade zu zum Gradmesser für sozialen und gesellschaftlichen Wert. Die häufig im Mittelstand noch anzutreffende 'Tellerwäscher-Kariere' scheint in Deutschland zusehends an Bedeutung zu verlieren. Dabei zeigen die Gründer von Apple, Facebook und Twitter, dass auch ohne Studienabschluss Genialität in Markterfolg und Reputation übersetzt werden kann.

In einer Gesellschaft, in der die Akademikerrate in den letzten Jahrzehnten systematisch gefördert wurde, weiß man eben um den Wert und die Reputation eines guten Abschlusses. Auch wenn zuvor genannte Beispiele den Studienabbruch nicht salonfähig machen sollen, ist heute doch ein lückenloser und qualifizierter Ausbildungsverlauf der Schlüssel für die spätere, mögliche Karriere,  denn HR-Abteilungen können den 'Risikofaktor' Quereinsteiger noch immer nicht adäquat einschätzen. Promotion statt autodidaktisches Lernen und Experimentieren haben eben einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft.

Steve Jobs, Bill Gates, Mark Zuckerberg, Dustin Moskovitz, Larry Ellison, Michael Dell, Virgin's Sir Richard Branson  oder die Twitter Gründer Dorsey und Stone hatten außer eine guten, innovativen Idee etwas gemeinsam, das nicht unbedingt an Hochschulen vermittelt wird: eine Vision,  Leidenschaft, Ausdauer, Mut, Überzeugungskraft, Perfektionsstreben, Selbstsicherheit, Charisma und die Fähigkeit mit Rückschlägen umzugehen. Der Autor Michael Ellsberg beschreibt das Phänomen in seinem Buch 'The Education of Millionaires' und stellt unter anderem fest, dass die Gleichung, eine gute Ausbildung ist gleich Erfolg, nicht immer aufgehen muss. Immerhin fast 16%  der reichsten Menschen, die jährlich im US-Magazin Forbes gelistet werden, sind Studienabbrecher. Und nur 21 der 400 Namen umfassenden Liste haben promoviert. In Europa gibt es eine derartige systematische Auflistung bislang nicht.  In Deutschland lesen sich die Erfolgsbeispiele ehemaliger Studienabbrecher übrigens nicht ganz so imposant wie in den USA und kommen vor allem aus dem TV-, Show- und Medienbereich. Aber aktuellere Erfolgsgeschichten ohne Studienabschluss wie Erich Sixt (Autovermietung), Wolfgang Joop, Siegfried Lenz oder Alice Schwarzer sind einige Beispiele, die das Verfolgen ihrer Idee oder ihres Talentes dem klassischen Werdegang vorgezogen und Großes geschaffen haben.

In den Diskussionen über Bildungssysteme, insbesondere das europäische im Vergleich zu dem US-amerikanischen, trennen sich häufig die Geister, obwohl beide Kontinente über hervorragende Elite-Universitäten verfügen. Und wer kennt diesen Satz nicht aus der eigenen Kindheit: Bildung ist etwas, was dir keiner mehr nehmen kann? Das ist alles in Ordnung, solange unsere Gesellschaft auch Platz hat für Ausnahmetalente, die mit ihrer Kreativität und ihrem Talent Teil des wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Wandels werden können, die nicht an bürokratischen oder finanziellen Hürden scheitern müssen. Ein zukunftsfähiges Nebeneinander von bestausgebildeten Akademikern und mutigen Visionären und Unternehmern könnte uns damit auch in der nächsten Dekade den Standortvorteil in Europa sichern – und die Reputation. Dann bliebe der USA nicht alleine der (nicht-akademische) Titel, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein.

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