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Vom Spezialfach zur Integrationsdisziplin: 100 Jahre Kommunikationswissenschaft in Deutschland

Kommunikationswissenschaft 100Jahre swenreichhold Fotograf1916 gründete Karl Bücher das erste Institut für Zeitungskunde in Leipzig. Genau 100 Jahre später trafen sich vom 30. März bis 1. April rund 450 Forscher und Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wieder an jenem Ort, um im Rahmen der 61. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) über die Entwicklung des Faches zu diskutieren. Das umfangreiche Tagungsprogramm veranschaulichte, dass heute keineswegs mehr die Rede von einem Spezialfach sein kann. Vielmehr spiegelt sich hier die Vielfalt und Breite der gegenwärtigen kommunikationswissenschaftlichen Forschung wider. Durch den dynamischen Strukturwandel von Kommunikation und Medien, der alle Branchen betrifft, ist aus dem Spezialfach eine Integrationsdisziplin geworden. Denn die Tagungsteilnehmer sind sich einig: Nur wer diesen Strukturwandel versteht und nutzt, kann auch in Zukunft bestehen.
Das Foto von Swen Reinhold zeigt, wie in Leipzig für die Tagung geworben wurde.

Nur wer sich den rasanten Entwicklungen unserer Informations- und Mediengesellschaft stellt, kann sich auch in Zukunft behaupten. Kommunikationswissenschaft vor diesem Hintergrund als Integrationsdisziplin zu verorten, öffnet Chancen und bietet Synergiepotenzial, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

Gleichzeitig entstehen natürlich auch immer neue Fragen im Fachdiskurs. Genau hierfür bot die 61. Jahrestagung der DGPuK ausreichend Raum: Was leistet die Kommunikationswissenschaft konkret als Integrationsdisziplin? Welche Wirkung hat die kommunikationswissenschaftliche Forschung auf andere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche? Die Universität Leipzig wurde in diesen Tagen zu einer Plattform für einen regen Austausch zwischen Forschern und Führungskräften zu 100 Jahren Kommunikationswissenschaft in Deutschland.

Was leistet die Kommunikationswissenschaft als Integrationsdisziplin im Kern?
Forschungsbereiche, Theorien und Methoden haben sich in der deutschen Kommunikationswissenschaft in den letzten 100 Jahren dynamisch ausgeweitet. Dennoch muss ebenso der Kern des Faches betrachtet werden, der das Innerste der Disziplin zusammenhält. So wurden im Kontext der Tagung nicht nur aktuelle oder potenzielle Trends beleuchtet. Das 100-jährige Jubiläum wurde zum Anlass genommen, um die Geschichte und Entwicklung des Faches zu betrachten, diskutieren, reflektieren und somit dem Kern näher zu kommen. Neben dieser breiten Betrachtung der Kommunikationswissenschaft fand ebenso eine Diskussion über den Gegenstand und die Orientierung der Public Relations-Forschung statt. Von einem Systematisierungsvorschlag der internationalen PR-Theoriegeschichte, über die Diskussion des Praxisbezugs des Faches, bis hin zu einem Plädoyer für einen Neuanfang durch Integration ökonomischer Rationalität und Wertschöpfung, regten die Fachvertreter zu einem aktiven Austausch an.

Was leistet die Kommunikationswissenschaft als Integrationsdisziplin in ihrer Breite, mithilfe anderer und für andere Disziplinen?
Der Ausgangspunkt dieser Frage resultiert aus der Einsicht, dass wissenschaftliche Probleme in der heutigen Zeit meist nur im Rahmen inter- und transdisziplinärer Kooperationen zu lösen sind. Verstärkte Kommunikation und Kooperationsbereitschaft sind die Schlagworte, die den Nährboden für einen fruchtbaren wissenschaftlichen Austausch bieten. In der Betrachtung der Kommunikationswissenschaft als Integrationsdisziplin ergibt sich eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten, die im Rahmen der Tagung zur Diskussion standen. Spezifische Forschungsfelder wie Investor Relations in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung oder Gesundheitskommunikation zeigen die große Spannweite auf, in der die Kommunikationswissenschaft agiert.

Was leistet die Kommunikationswissenschaft als Integrationsdisziplin für die Gesellschaft, für die Medienpraxis und -ausbildung?
Wissenschaft zum Selbstzweck kann nicht erstrebenswert sein, so der Tenor. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse für Wirtschaft und Gesellschaft zugänglich und nutzbar zu machen. Die konkrete gesellschaftliche Verantwortung der Kommunikationswissenschaft liegt in dem Recht als auch in der Pflicht, die Unabhängigkeit der Massenmedien in Schutz zu nehmen und gegen den Vorwurf der Lügenpresse zu verteidigen. Dies stellt auch zukünftig die Grundvoraussetzung für eine offene und kritische Kommunikation in unserem Mediensystem dar.

Welchen Beitrag die kommunikationswissenschaftliche Forschung für die Medienpraxis und -ausbildung bereitstellt, veranschaulichten beispielhaft die Vorträge zur strategischen Kommunikation im Rahmen der Nutzung von Social Media in Verwaltungs- und Forschungseinrichtungen. Durch einen erhöhten Legitimationsdruck und veränderte gesellschaftliche Erwartungen liegt das Thema Social Media auf der Agenda – fundiertes Know-How zum Umgang ist jedoch nicht gleichzeitig vorhanden. Hier leistet die Kommunikationswissenschaft Abhilfe: So wurden beispielweise im Rahmen von Forschungskooperationen gesuchte und erhaltene Gratifikationen sowie Einflussfaktoren zur Förderung von Social Media untersucht.

Blickt man auf die 100-jährige Geschichte der Kommunikationswissenschaft in Deutschland zurück, wird die Lebendigkeit und Entwicklungsfähigkeit des Faches deutlich, die sich ebenfalls in den Diskussionen der Forscher und Führungskräfte auf der Tagung widerspiegelte. Blickt man auf die aktuellen Forschungsdebatten und die Breite des Themenspektrums des Faches, wird ersichtlich, dass auch die kommenden 100 Jahre Kommunikationswissenschaft spannende und gesellschaftlich relevante Entwicklungslinien bereithalten werden.

Über die Autorin: Theresa Hüning hat nach ihrem Bachelorstudium der Kommunikationswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, ihr Masterstudentin „Communication Management“, an der Universität Leipzig aufgenommen. Sie ist Mitglied des Leipziger Public Relations Studenten e.V., LPRS.

In eigener Sache: Die Redaktion bedankt sich ausdrücklich bei Theresa Hüning, da sie sehr kurzfristig bereit war, für das „PR-Journal“ diesen Beitrag zu verfassen.

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