Interview: Wertemanagement ist die Basis für erfolgreiche CSR-Arbeit

Viele Organisationen und Unternehmen werden heutzutage zunehmend nach ihrem Engagement für die Gesellschaft bewertet. Ein erfolgreiches Wertemanagement stellt hierfür die Grundlage dar. Es hilft dabei, die Attraktivität und Transparenz des Unternehmens zu erhöhen als auch die Motivation der Mitarbeiter zu steigern.
Für Unternehmen ist es eine Herausforderung, die individuellen Werte ihrer Mitarbeiter und Strukturen zu identifizieren und zu einem gemeinsamen Unternehmenswert zusammenzufassen. So stellen sie sich z.B. folgende Fragen: Wie können die individuellen Werte eines Unternehmens erfasst und kommuniziert werden? Welchen Mehrwert bietet das Wertemanagement für Unternehmen? Und wie lassen sich die Unternehmenswerte mit dem CSR verbinden?

Workshop bietet Plattform für Austausch
Auf dem 1.Deutschen CSR-Kommunikationskongress in Osnabrück werden diese Fragen während des Workshops „Wertemanagement und Wertekommunikation“ mit Unternehmen verschiedener Größen und Branchen diskutiert. Dabei berichten Markus Nölken, Geschäftsführer von Nölken Hygiene Products und Kirsten Huthmann, Leiterin der Unternehmenskommunikation der GESOBAU AG, über ihre Erfahrungen. Der Workshop wird von Dr. Frank Simon geleitet. Er ist Geschäftsführer der ZfW-Compliance Monitor GmbH und Vorstandsmitglied im Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE).

Dr. Frank Simon hat im Vorfeld des anstehenden CRS-Kongresses einige Fragen zu diesem Thema beantwortet.

Wie wichtig ist Wertemanagement für Unternehmen?
Frank Simon: Werte sind neben dem Unternehmenszweck und der Unternehmensgeschichte der zentrale Kern eines jeden Unternehmens. Sie prägen das Handeln der beteiligten Personen, die Kommunikation und das Erscheinungsbild nach außen und können somit den Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Insofern kommt der Analyse, der Verständigung sowie der Beeinflussung der im Unternehmen gelebten Werte eine wesentliche Bedeutung zu.

Gibt es aus Ihrer Sicht Guidelines für ein erfolgreiches Wertemanagement in Unternehmen?
Simon: Das WMS ZfW, ein vom Zentrum für Wirtschaftsethik entwickeltes Wertemanagementsystem, ist sicherlich eine sehr gute Wahl. Ein entsprechender Leitfaden ist auf der Website des DNWE oder beim Zentrum für Wirtschaftsethik im Internet erhältlich. Das WMSZfW ist beispielsweise Grundlage des EMB-Wertemanagement Bau, einem Programm der Bayrischen Bauindustrie, sowie der Initiative Corporate Governance der Deutschen Immobilienwirtschaft und hat somit seine Praxistauglichkeit vielfach unter Beweis gestellt.
Wertemanagement und CSR werden oft als Einheit gesehen. Warum ist diese Verbindung Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Dr. Simon: Ich würde nicht von „Einheit“ von Wertemanagement und CSR reden. Vielmehr ist das Wertemanagement in einem Unternehmen die Basis für erfolgreiche CSR-Arbeit. Die Übernahme von Verantwortung im Sinne der nachhaltigen Ausrichtung der Geschäftstätigkeit kann nur dann überzeugend und glaubhaft gelingen, wenn sie im Einklang mit den im Unternehmen gelebten Werten steht. Ist dies nicht der Fall, wird dies früher oder später sowohl in der Beziehung zu den eigenen Mitarbeitern, die dies als Erste erkennen, oder zu den externen Stakeholdern wie Kunden oder Lieferanten als „green washing“ entlarvt und führt zu Misstrauen und Verunsicherung.

Welchen Mehrwert bieten Wertemanagement und Wertekommunikation für Unternehmen?
Simon: Es gibt drei Bereiche, in denen aktives Wertemanagement Mehrwert erzielen kann.

1. Die Stärkung der Unternehmenskultur und eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen können Folgen der Beschäftigung mit den Werten eines Unternehmens sein. Hierdurch kommt es zum Abbau von Unsicherheiten, Klärung von Missverständnissen und der Beseitigung von Spannungen. Erwartungen werden geklärt, Konflikte kommen zur Sprache, Dilemmata erkannt und gemeinsame Lösungen und Vorgehensweisen können erarbeitet werden.
2. In der Außenbeziehung führt erfolgreiches Wertemanagement zur Steigerung der Reputation des Unternehmens und zum Abbau von Unsicherheiten für die externen Stakeholder. Das „Vertrauenskapital“ des Unternehmens wächst, senkt Transaktionskosten und führt auch hier zu einer höheren Bereitschaft, sich für das Unternehmen einzusetzen oder mit ihm zusammenzuarbeiten.
3. Versteht man unter Kommunikation nicht nur das Sprechen, sondern auch das sorgfältige Zuhören, so werden im Rahmen des Wertemanagementprozesses auch die Bedürfnisse der Stakeholder besser erkannt und Innovationen ausgelöst. Die Diskussion der eigenen Werte trägt häufig dazu bei, dass neue Ideen generiert und kreative Prozesse angestoßen werden.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Thema Wertemanagement in Zukunft entwickeln?
Simon: Ich bin überzeugt, dass das Thema Wertemanagement in der Zukunft insbesondere durch die verstärkten Compliance-Anforderungen an Bedeutung gewinnen wird. Compliance-Systeme ohne eine starke Wertebasis sind wenig effektiv. Die jüngsten Skandale in der Automobilwirtschaft oder im Sport haben deutlich gemacht, dass es nicht die Anzahl von Regeln und Vorschriften sind, die gutes Unternehmensverhalten sichern, sondern die Unternehmenskultur und die gelebten Werte. Auch zeigt sich, dass viele der händeringend gesuchten jungen Fach- und Führungskräfte Unternehmen bevorzugen, die eine anspruchsvolle, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmenskultur pflegen.

Text & Interview: Christoff Schwartz