Reputation als geschätzter Wert

Piwinger Manfred querDer Wert von Reputation wird allenthalben hoch geschätzt. Im Deutschen bedeutet er so viel wie „guter Ruf“, „Ansehen“, „guter Name“ oder veraltet „Leumund“, ein Begriff, den wir heute nur noch in Verbindung mit „Leumundszeugnis“ kennen. Hinlängliche Klarheit besteht darin, dass Reputation ein relevanter Wettbewerbswert ist und einen bedeutsamen immateriellen Wert charakterisiert. Auch wissen wir, dass Reputation zusammen mit anderen Faktoren identitätsbildend ist. Das mag damit zu tun haben, dass Reputation „als ein das ganze Geschäftsmodell überdeckender Vermögenswert Handlungsoptionen ermöglicht, aber auch einschränkt“ (Piwinger 2014).

In den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen finden sich unterschiedliche Einschätzungen der Reputation beziehungsweise der Reputationswirkungen. Offen bleibt dabei, inwieweit und in welchem Umfang ein direkter Effekt im Einzelnen nachweisbar ist und finanziell dargestellt werden kann.

  • Reputation beeinflusst das Rating eines Unternehmens, seine Stellung und Bewertung durch Analysten und Investoren.
    „Die Bewertung unserer Aktie am Kapitalmarkt ist ein sensibler Seismograf, der aufzeigt, wie unsere Eigentümer die Deutsche Bank im Vergleich zu anderen Finanzanlagen einordnen“ (Deutsche Bank 2004: 14).
  • Reputation manifestiert das Ansehen eines Unternehmens in Wirtschaft und Gesellschaft.
    Für den Volkswagen-Konzern (2013: 135) ist die „hohe Reputation, die das Unternehmen in der Geschäftswelt und in der Gesellschaft genießt, ein wertvolles Gut“.
  • Reputation eröffnet Unternehmen Handlungsspielräume.
    Die Schweizer Großbank UBS (2012: 64) hebt die zentrale Bedeutung ihres guten Rufs „für den Erfolg unserer strategischen Pläne“ hervor.
  • Reputation macht Unternehmen auf dem Personalmarkt attraktiv.
    Dieser Aspekt lässt sich bei BMW (2010: 29) finden, wo es heißt, dass „unser hervorragender Ruf“ es dem Unternehmen entscheidend erleichtert, „qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen“.
  • Reputation und Markenwert bedingen einander.
    Besonders bei Markenartiklern wie adidas (2009: 145) wird dieser Zusammenhang deutlich: „Die Sicherung und Verbesserung unseres Markenimages und unserer Reputation durch die Schaffung starker Markenidentitäten ist entscheidend, um das Umsatz- und Gewinnwachstum zu unterstützen.
  • Reputation gilt als wichtigster immaterieller Wert.
    Selbst der Industriegüterbereich ist hiervon abhängig. „Ein guter Ruf ist das größte Kapital eines Unternehmens“, weiß Siemens (2008: 28) zu berichten.
  • Reputation spiegelt sich im guten Namen wider.
    So anzutreffen bei Roche (2004: 36), wo es heißt: „Das Wissen unserer Kunden, dass sie unter dem Namen von Roche hervorragende Produkte erhalten, ist ein wichtiges Kapital des Unternehmens.“
  • Reputation als wertvolles Gut.
    FMC (2009: 27) zählt Glaubwürdigkeit und Reputation „zu den wertvollsten Gütern eines Unternehmens“.
  • Reputation ist erfolgskritisch.
    Wie erfolgsrelevant Ruf und Ansehen sind, finden wir beispielhaft ausgedrückt bei Allianz (2007: 26), wo es heißt: „Wir wissen, dass sich die Nachhaltigkeit unseres Erfolgs auf unseren guten Ruf, unser Ansehen in der Gesellschaft und unsere Attraktivität als Arbeitgeber […] stützt.“.
  • Reputation ist ein Potenzialwert.
    Diesen ansonsten wenig beachteten Aspekt hebt Epcos (2003: 21) hervor: „Ein positives Image erweist sich als stille Reserve eines Unternehmens.“

Reputation wirkt nachhaltig
Die hier genannten Charakterisierungen weisen eine gewisse Varianz auf und verweisen im Wesentlichen auf bestimmte Funktionen, die von der Unternehmensseite der Reputation zugeschrieben werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Distinktionsgewinnen. So gesehen haftet der Reputation auch etwas Nachhaltiges an: „Reputation spiegelt gleichsam die Erwartungen der verschiedenen Anspruchsgruppen an das Unternehmen wider, über bestimmte Fähigkeiten zu verfügen, bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Reputation zeigt zudem, wie vertrauenswürdig und zuverlässig Unternehmen eingeschätzt werden“ (Schnorbus/Piwinger 2011). Reputation ist also immer auch von einer Nutzenerwartung getrieben.

Fehlender finanzieller Ausweis
Der Reputationswert ist im Rechnungswesen ungeliebt bis nicht existent, weil er sich schwer fassen lässt, schon gar nicht in verwertbaren Zahlen. Doch was verbirgt sich dahinter? Wenn wir genauer hinschauen: eher eine Art Wert-Schätzung. Denn was genau im wirtschaftlichen Sinne durch den Wert Reputation „erwirtschaftet“ wird, darüber gibt es bis heute keine schlüssigen Berechnungen. Ein finanzieller Ausweis über den tatsächlichen Wert von Reputation scheitert im Grunde daran, dass es dafür keinen Marktwert gibt oder sich ein solcher nicht zweifelsfrei ermitteln lässt. Die durchaus vorhandene Möglichkeit, die unternehmensindividuellen Ansehenswerte einem jährlichen Werthaltigkeitstest zu unterziehen, wird nicht genutzt.