Branche Radio-PR: Wenn Anbieter auf unsauberen Frequenzen funken

Radio brat82 FotoliaHört, hört: Das Radio weist konstant stabile Zahlen aus. Rund 57 Millionen Deutsche sind täglich mit ihren Ohren am Radio, im Schnitt vier Stunden und das freut natürlich auch die Hörfunk-PR-Anbieter, die sich auf diesen Medienkanal spezialisiert haben. Von einer großen Zufriedenheit über die Entwicklung der Geschäfte wird in einem Fachmagazin berichtet. Und auch die Unternehmen äußern sich positiv über das Radio, weil es durch seine hohe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz brilliert und im Gegensatz zu anderen Medien wie Print und TV für die Öffentlichkeitsarbeit wieder an Bedeutung gewinnt. Schön, dass das Radio trotz Internet und Social Media sich einer so großen Beliebtheit erfreut.
Hinter den Kulissen ist aber ein harter Kampf um den Radio-PR-Markt entbrannt. Die Zahl der Anbieter ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen und einige versuchen, sich mit vermeintlich neuen Geschäftsmodellen und Angeboten zu etablieren, die den Radio-PR-Markt gefährden. Dazu später mehr. (Foto: Fotolia)

Nehmen wir zunächst an, ein PR-Berater bekommt von einem Kunden, der Windeln herstellt, einen Anruf mit der Aufgabe, sein Thema ins Radio zu bringen: Radio-PR zu machen. Welche Fragen dürfte sich dann der PR-Berater stellen? Er fragt sich zunächst, ob es einen nicht werblichen redaktionellen Aufhänger gibt. Haben wir genügend Informationen, um im Radio eine Geschichte erzählen zu können, die für den Hörer einen verbraucherrelevanten Mehrwert darstellt? Gibt es beispielsweise eine neue Studie über das Wickelverhalten von Männern und Frauen? Wie wickelt man richtig, wie oft sollte eine Windel gewechselt werden, damit keine Krankheiten übertragen werden, ist die gute, alte Stoffwindel aus ökologischen Gesichtspunkten nicht besser und, und, und. In der Hörfunk-PR würde man überlegen, eine Straßenumfrage in die Audio-PR-Maßnahme einzubauen und zum Beispiel eine Hebamme als Interviewpartnerin hinzuziehen.

Grenzen der Hörfunk-PR
Oder muss ich schließlich feststellen, dass die Informationen, die Zahlen und Fakten des Kunden nicht ausreichen, um eine glaubwürdige, interessante Story entwickeln zu können? Auch das gibt es oft. Da hat die Hörfunk-PR ganz klar ihre Grenzen.  

Ihre Grenzen hat die Hörfunk-PR weiterhin in Sachen Planbarkeit des Erfolges. Kein seriöser Anbieter kann Ihnen im Vorfeld sagen, welche Reichweite mit einer Radio-PR-Maßnahme zu erzielen ist, auch wenn das Marketing sich dies noch so gerne wünscht. Einzig und allein die Redaktion eines Radiosenders entscheidet, ob es eine PR-Geschichte in das Programm schafft. Ob die Information, der O-Ton oder auch der gebaute Beitrag, genügend Relevanz besitzt.

Resümee bis hier hin
In der PR geht es um das Image und die gute Reputation eines Unternehmens. Der PR-Berater stellt dem Journalisten kostenlose Informationen zu seiner freien Verwendung zur Verfügung. Anders als in der Werbung, wo ein Sendeplatz bezahlt wird, wo es um den Abverkauf eines Produktes geht und in 30 Sekunden die Vorzüge anzupreisen sind.

Radio-PR mit fester Ausstrahlungsgarantie?
Soweit ist das alles nicht neu. Aber gehen wir jetzt mal davon aus, dass Radio-PR-Agenturen wie die Deutsche Hörfunkberatung zum Beispiel damit werben, dass sie auf ihrer Website sagen: „Radio-PR glaubwürdig auf den Punkt bringen und das auf Wunsch sogar als Radio-PR mit einer festen Ausstrahlungsgarantie.“

Was ist davon zu halten? Um es auf die Printwelt zu übertragen: PR-Berater oder Unternehmenssprecher schreiben eine Pressemitteilung und wissen im vorhinein, dass die „FAZ“ sie in einem Artikel abdruckt ... oder wie funktioniert das mit den festen Sendeplätzen in der Radio-PR?

Erklärt wird dies mit der einzig zulässigen Ausnahme so genannter Radiothemendienste. Radio-themendienste seien „gut vergleichbar mit Advertorials (= Anzeige im redaktionellen Stil), die sich im Print seit vielen Jahren bewährt haben.“

Infomercials sind keine Radio-PR-Maßnahme
Im Hörfunk gibt es dafür auch einen Namen, und zwar das „Infomercial“. Das sind ebenfalls Spots im redaktionellen Stil, redaktionell anmutende Takes, die „eine Radio-PR-Maßnahmen wirklich planen lassen“, so das Versprechen. Doch tatsächlich sind aber weder Advertorials noch Informercials eine Radio-PR-Maßnahme! Hier werden zwei Kommunikationsdisziplinen miteinander vermischt, die nicht zusammengehören.

Infomercials sind fest eingebuchte Sendeplätze, für die die Agentur beziehungsweise der Kunde Geld bezahlt. Es ist eine Sonderwerbeform und keine PR. Das Infomercial wird zumeist im Werbeblock ausgestrahlt, den der Hörer auch als solchen wahrnimmt. Einzig und allein der Geldgeber bestimmt den Inhalt, so lange er sich innerhalb der Richtlinien des Rundfunkstaatsvertrages bewegt. Das sollte der Kunde, der sich nur ab und zu mit dem Thema Radio-PR beschäftigt, wissen. Ein angeblicher Radio-PR-Themendienst, der eine feste Reichweite verspricht, hat mit einem freien Angebot für den redaktionellen Gebrauch – sprich mit Radio-PR – nichts zu tun.

Radio-Themendienst als PR-Mobelpackung
Und warum wird der Radio-PR-Markt darunter leiden? Warum funken diese Anbieter auf „unsauberen Frequenzen“? Weil so unter dem Begriff Public Relations den Auftraggebern suggeriert wird, im Radio glaubwürdig und authentisch etwas für ihr Image und ihre Reputation zu tun. Das ist aber falsch! Radio-Themendienste sind nichts anderes als Radio-PR-Mogelpackungen.

Wer eine Radio-PR-Kampagne will, sollte sich daher die Angebote genau anschauen und gut beraten lassen. Der erfahrene Hörfunk-PR-Berater weiß, ob ein redaktioneller Aufhänger für eine Geschichte etwas taugt und wie viel PR ein gut gemachter Radiobeitrag verträgt. Und wenn Auftraggeber eine feste Reichweite wünschen, weist die Agentur darauf hin, dass dies die PR nicht leisten kann.

Infomercials auf einem Single-Spot-Platz sind ein adäquates Tool, um noch mehr Aufmerksamkeit für ein Produkt zu generieren. Sie können Produkte ausführlicher, informativer und unterhaltsamer beschreiben und bei einigen Sendern im Vorfeld mit Trailern ankündigt werden. Das macht in vielen Fällen Sinn, aber es bleibt Werbung und hat mit PR nichts gemein. Das sollte man wissen.

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