Autoren-Beiträge Zielgruppe, Zielgruppe, Zielgruppe (2)

Teil 2 von 3: Was wollen die eigentlich?
helbig annett - mastermedia hbgAm Anfang jeder Kampagne steht die Frage nach dem Adressaten. Und diese Frage wird zu oft zu ungenügend beantwortet. In einer dreiteiligen Serie berichtet Annett Helbig (Foto), wie eine detaillierte Analyse der Zielgruppe als Dreiklang von Können, Wollen und Dürfen aussehen und maßgeblich zum Erfolg der Kampagne und des ganzen Unternehmens beitragen kann.
„U40“ ist keine Antwort auf die Frage nach einer Zielgruppe. Auch dann noch nicht, wenn man sie als Digital Souveräne bezeichnet und geklärt hat, mit welcher technischen Infrastruktur und Medienkompetenz sie ausgestattet ist, und einen Blick auf die Usability geworfen hat. Wir müssen uns fragen, welche Motivationen die Zielgruppe hat, um eine Kampagne zu unterstützen. Wir erinnern uns an das Beispiel: Eine NGO möchte eine Kampagne entwickeln, die online große Verbreitung findet. Wer also ist die Zielgruppe? Und was will sie?

Fünf Motivationsformen
Der nächste Schritt ist also die Untersuchung der zielgruppenspezifischen Bereitschaft zu einer bestimmten Handlung. Die Frage muss lauten: Was motiviert die Zielgruppe „Digital Souveräne“ im Zusammenhang mit der NGO-Kampagne? Gehen wir von fünf Motivationsformen aus: Involvement, Beziehung, Altruismus, Dissonanz- und Unsicherheitsreduktion und Selbstdarstellung.

Involvement: Zustand der Aktiviertheit
Persönliche und glaubwürdige Kommunikation kann Involvement hervorrufen. Damit hängt es von Werten innerhalb der kommunizierenden Gruppe und zusätzlichen Verknüpfungspunkten zu diesen Werten außerhalb der Gruppe ab. Letzteres könnte im Beispiel eine Mitgliedschaft in der NGO sein oder das Interesse am spezifischen Kampagnenthema. Überprüfen wir das für die Digital Souveränen anhand der DIVSI-Studie: Großer Enthusiasmus entsteht bei ihnen nicht aufgrund von Aktivitäten anderer Mitglieder, sondern aus dem Wunsch heraus, im Leben etwas zu bewegen und sich kreativ selbst zu verwirklichen. Geben wir ihnen also eine echte Möglichkeit zum Engagement!

Beziehungsaufbau und -pflege
Digital Souveräne sind keine Eigenbrötler, sondern per se am Austausch von Informationen interessiert. Sie sehen Beziehungsaufbau und -pflege im Internet privat und beruflich als selbstverständlich. Folglich ist es für sie eine sehr bedeutende Motivationsform, die direkt mit dem Grad des Involvements korreliert. Die Zielgruppe ist also angesichts der Möglichkeiten zum Networking hoch motiviert.

Altruismus
Die uneigennützige Denk- und Handlungsweise ist die meistgenannte Motivation zum Verbreiten von Botschaften und dem Austausch von Informationen. Menschen, die eine Leistung bekommen haben, wollen sich mit einer Gegenleistung revanchieren. Für Digital Souveräne ist Altruismus eher ein Nebenprodukt ihrer weltoffenen Grundhaltung, nicht Leitgedanke. Sie wollen sich, um eigenen Lebensthemen und Leidenschaften nachgehen zu können, immer weiter vernetzen. Insofern kann Selbstlosigkeit in der Kampagnenplanung in diesem Fall vernachlässigt werden.

Dissonanz- und Unsicherheitsreduktion
Dissonanz- und Unsicherheitsreduktion ist eine Motivationsform, die alltäglich auftritt und somit eine hohe Attraktivität für den Absender einer Botschaft hat. Schaut man sich die Digital Souveränen an, merkt man jedoch schnell: Nein, an Selbstvertrauen mangelt es dieser Zielgruppe nicht. Sie ist offen und neugierig.

Selbstdarstellung
Das intuitive Bewusstsein der gegenseitigen Beeinflussung innerhalb von Gruppen nutzen einzelne Mitglieder, um sich selbst aufzuwerten und um sich durch vermeintliches Insiderwissen zu profilieren. Diese Vorgehensweise der Selbstinszenierung wirkt zwar nicht nachhaltig, dennoch ist diese Motivationsform für einige Zielgruppen kurzfristig relevant. Auf die Digital Souveränen trifft das nicht zu. Schade. Trotz des Drangs, sich durch das Internet auch selbst zu vermarkten, haben sie kein Interesse an einer solchen Selbstdarstellung.
„Was wollen die eigentlich?“ ist eine Frage, die in vielen Kommunikationskonzepten außer Acht gelassen wird. Dabei ist es unglaublich hilfreich, die Zielgruppenmotivation zu hinterfragen, um das Maß des Engagements vorab einschätzen zu können und darüber die eine oder andere nicht zielgruppenaffine Idee fallen zu lassen. Ist das Engagement umrissen, wird die Handlungsfähigkeit nur noch dadurch eingeschränkt, dass die Zielgruppe nicht alles darf, was sie kann und will. Doch davon ein andermal mehr.

Hier finden Sie den ersten und Teil des Beitrags über Zielgruppen. Teil 3 folgt am 21. März.

Über die Autorin: Annett Helbig ist PR-Beraterin bei der MasterMedia Public Relations GmbH in Hamburg, einer Agentur für Öffentlichkeitsarbeit, die sich auf komplexe Themen spezialisiert hat. Zuvor leitete sie unter anderem die Kommunikationsabteilung eines preisgekrönten Lebensmittelgeschäftes und unterstützte kleinere und mittelständische Unternehmen durch strategische Kommunikationsberatung.

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