Autoren-Beiträge Autorenbeitrag: Bye bye, Britannien - mehr Kommunikation ist jetzt ein Muss

Brexit by Lupo pixelio.deNun also doch. Die Mehrheit der Briten hat sich für den Austritt aus der EU entschieden. Die Unternehmen in Deutschland trifft der Brexit organisatorisch und kommunikativ unvorbereitet. Für internationale Agentur-Netzwerke hat der Abschied der Briten ebenfalls Folgen. Die Entscheidung der Briten hat viele Verlierer. Allen voran die EU-Repräsentanten in Brüssel. Sie verlieren (noch mehr) an Reputation. Denn trotz vieler Nachteile eines Austritts, entscheidet sich eine Mehrheit in Großbritannien dafür, genervt von Brüsseler Arroganz und Bürokratie, die Union zu verlassen. Zu schnelle Osterweiterung, endlose Griechenlandhilfe, Regelungswut, aber auch eigene Regelverletzungen und eine desaströse Politik in der Flüchtlingskrise – damit lässt sich eben kein Staat machen. (Foto: © Lupo / pixelio.de)

Die Briten verlieren, weil sie feststellen werden, dass der Sündenbock EU doch nicht an allen Problemen schuld ist und der Austritt nicht zwangsläufig eine bessere Politik oder wirtschaftliches Wachstum mit sich bringen wird – im Gegenteil. Die übrigen EU-Staaten verlieren, weil eine EU ohne Großbritannien nicht nur kleiner, sondern auch schwächer ist. Und Größe und Stärke sind vorteilhaft in einer zunehmend unsicheren Welt. Für die Unternehmen – nicht nur in Europa – wächst die Unsicherheit und Geschäfte mit Großbritannien werden schwieriger und bürokratischer.

Stein Thomas Managing Partner InstinctifBoehme Carsten Managing Partner InstinctifNegative Stimmungsmache der Medien

Aber wie konnte es überhaupt soweit kommen? Eine mögliche Antwort ist: Viele Zeitungen in England haben festgestellt, dass sie sich besser verkaufen, wenn sie negativ über die EU und damit „Pro Brexit“ schreiben. Das ist ein Grund für die umfangreiche negative Stimmungsmache in den Medien auf der Insel. Aber auch populäre Brexit-Befürworter wie der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson haben ihren Teil zum Ausgang beigetragen. Die mehrheitlich jungen Briten, zum Großteil Nicht-Wähler, aber EU-Befürworter, wurden so um ein Stück ihrer Zukunft gebracht.

Kommunikativ und organisatorisch trifft der Brexit Unternehmen wie Agenturen in Deutschland unvorbereitet. Bei einer (nicht repräsentativen) Umfrage von Instinctif Partners im Vorfeld der Entscheidung gab nur etwa jeder siebte Befragte an (15 %), dass er um die Folgen eines Brexit für das eigene Unternehmen weiß. Sieben von zehn Befragten gaben zudem an, dass im eigenen Unternehmen nicht einmal auf Führungsebene über die Folgen eines Brexit diskutiert oder informiert wurde. Und das obwohl drei Viertel der Befragten in Unternehmen arbeiten, die geschäftlich mit Großbritannien mehr oder weniger stark verbunden sind.

Mehr Kommunikation erforderlich

Um Vertrauen in die Stärke und Weitsicht der Unternehmensführung zu sichern, ist spätestens jetzt mehr Kommunikation gefordert. Mitarbeiter, Investoren und Geschäftspartner müssen über die Folgen des Brexit für das Unternehmen informiert werden. Zur Vorbereitung der Kommunikation empfiehlt Instinctif Partners die folgenden vier Leitfragen zu beantworten:

  • Wie ist das eigene Unternehmen mit Großbritannien verbunden? (Gesellschaftsrechtlich, als Absatzmarkt, als Zulieferer, Produktion, Investoren etc.)
  • Sind spezifische EU-Regeln innerhalb der Geschäftsbeziehung mit Großbritannien relevant für das Unternehmen? (z.B. für Produktnormen oder Arbeitnehmerüberlassung)
  • Welchen Anteil hat das Geschäft mit Großbritannien am Unternehmenserfolg?
  • Welche direkten und indirekten Auswirkungen des Brexit lassen sich ableiten und absehen?

Die Beantwortung der Fragen schafft näherungsweise Klarheit für das Risiko des Unternehmens in Folge des Brexit. Auch wenn sich die Auswirkungen zu diesem Zeitpunkt nicht exakt vorhersagen lassen, geben Unternehmen über ihre Kommunikation Orientierung. Allen voran sollten daher Investoren, Führungskräfte und Mitarbeiter informiert werden.

Verunsicherung der Märkte

Für Finanzunternehmen werden die Folgen besonders vielseitig sein. Hier müssen sich die Unternehmen auf einen Dauerauftrag zur Kommunikation über die Folgen des Brexit einstellen. Aber auch Industrie-Unternehmen und Dienstleister wie Agenturen und Agentur-Netzwerke werden von der Verunsicherung der Märkte betroffen sein. Wie in Zukunft Dienstleistungen grenzüberschreitend zwischen EU und Großbritannien abgerechnet und steuerlich behandelt werden ist noch offen. Nur eins scheint sicher: es wird nicht einfacher. Vieles von der vermeintlichen Regelungswut der EU sorgt eben dafür, dass der Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtert wird. Ganz im Sinne der Gründungsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der EU.

Nach zum Teil hysterischen Reaktionen der Märkte wird in den nächsten Wochen wieder etwas Ruhe einkehren. Für die Unternehmen kommt es jetzt darauf an, möglichst nah an den politischen Diskussionen und Entscheidungen zu sein – in London, Brüssel und Berlin. Es geht darum, die Rahmenbedingungen des Brexit frühzeitig zu kennen und mitzugestalten, um ökonomische Nachteile abzumildern. Experten aus betroffenen Unternehmen können sich in die Diskussion einbringen. In Richtung der Mitarbeiter und externer Anspruchsgruppen wird die fortlaufende Kommunikation einer analytischen wie realistischen Einschätzung zu den Folgen dazu beitragen, Vertrauen in Unternehmen und dadurch auch in die Wirtschaftsstärke der neuen EU zu schaffen. Auch um einen Flächenbrand in der EU zu verhindern, müssen Unternehmen und Wirtschaftsverbände daher ihre Zurückhaltung aufgeben und die Vorteile der EU aktiv und stark kommunizieren.

Über die Autoren: Thomas Stein (Foto l.) und Carsten Böhme (r.) sind Managing Partner bei Instinctif Partners. Die Agentur hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung in Großbritannien eine „Instant-Beratung“ zur Brexit-Kommunikation angeboten.

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