Autoren-Beiträge Autorenbeitrag zum Thema Sozialbilanz: Es ist nicht alles neu, was neu erscheint

Piwinger Manfred querDas ist unstrittig: Allein auf Basis der Bilanz kann der „wahre“ Wert eines Unternehmens nicht bestimmt werden. Die Frage ist daher, wie wir immateriellen Werten Geltung verschaffen können? Sie ist nicht leicht zu beantworten, da Immaterielle Vermögenswerte schon sehr lang das „Stiefkind“ der Finanzkommunikation sind. Wie lange, das zeigt ein Blick zurück von Manfred Piwinger (Foto) auf die Pioniere der Sozialbilanz.
Nachhaltigkeitsberichterstattung, Corporate Social Responsibility (CSR), Wissensbilanzen, Integrated Reporting und eine Erweiterung der Unternehmensberichterstattung um nichtfinanzielle Werte haben einen erstaunlich langen Weg hinter sich. Was uns heute so zeitgemäß und notwendig vorkommt, ist im Grunde ein alter Hut – nur ist das noch den Wenigsten bekannt. Insoweit lohnt sich ein Blick zurück auf die Pioniere der Sozialbilanz, die vorgedacht haben, was uns jetzt so aktuell beschäftigt. Bei ihnen liegt das Copyright.

Frühe Ansätze einer gesellschaftsbezogenen Berichterstattung finden wir in dem in den 1960-er und 1970-er Jahren entwickelten Konzept einer „Sozialbilanz“. Es ist heute kaum noch jemanden bekannt – zu Unrecht. Einer der hervorstechendsten Autoren seinerzeit: Meinolf Dierkes. Sein Standardwerk: „Die Sozialbilanz. Ein gesellschaftsbezogenes Informations- und Rechnungssystem“ erschien 1974.

Im Vorwort heißt es: „Das vorliegende Buch will einen Überblick über den Stand der Diskussion um das Konzept eines gesellschaftsbezogenen unternehmerischen Planungs-, Informations- und Rechnungslegungssystem geben.“ Das Buch enthält auch die Erkenntnis, „dass die Wachstumskosten der industriellen Gesellschaft – so die zunehmende Verschmutzung der physischen Umwelt – [...] auf einer für den heutigen Stand unserer gesellschaftlichen Entwicklung zu engen Berücksichtigung rein ökonomischer Kriterien in den formalen Entscheidungsprozessen unserer Unternehmen beruhen.“

Der Verfasser zeigt, „dass für eine gesellschaftsbezogene Rechnungslegung (Sozialbilanz) des Unternehmens, die sowohl dessen Leistungen für die Gesellschaft als auch die sozialen Kosten der Unternehmensaktivität sichtbar machen will, nicht nur eine Fülle unkonventioneller nicht monetärer Daten erhoben werden müssen, sondern dass die Realisierung einer solchen Bilanz einen erweiterten Zielkatalog des Managements sowie ein neues System der Leistungsbeurteilung erfordert.“

Nochmals: Das war 1974, also vor 42 Jahren.

Die seinerzeit von Meinolf Dierkes angeführten Probleme bei der Aufstellung und Analyse von Sozialbilanzen haben, wie mir scheint, heute immer noch große Aktualität, wie beispielsweise: Was soll in eine interne und externe Sozialbilanz aufgenommen werden? Mess- und Bewertungsprobleme. Wie sollen sekundär- und höherrangige Auswirkungen behandelt werden? Was ist das geeignete Rechnungslegungskonzept? Wer prüft Sozialbilanzen? – Das Problem der Social Audit. Zur Interpretation von Sozialbilanzen: Was sind geeignete Maßstäbe?

Wie gesagt: Es ist nicht alles neu, was neu erscheint. Neu ist hingegen, dass wir heute schon in vielen Fällen Antworten parat haben.

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