Das PR-Interview PR-Interview Nr. 82. Tanja Faust: „Gute Geschichten bewegen uns“

Tanja Faust„Das PR-Interview“ wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation, Köln

Ein gelungenes „Storytelling“ kann Unternehmen ein schärferes Profil verleihen. Wir sprachen mit Tanja Faust darüber, wie Unternehmen und Agenturen den Ansatz des „Geschichtenerzählens“ für ihre Kommunikation nutzen können.
PR-Journal: Muss nicht jeder gute journalistische Text eine „Story“ enthalten? Was ist das Besondere am Storytelling?
Tanja Faust: Bei der Nachricht geht es vor allem um Knappheit und Objektivität, andere journalistische Textformen leben von einer guten Story. Das Besondere am Geschichtenerzählen ist, dass es dem Menschen entspricht: Wir organisieren Erfahrungen entsprechend unserer emotionalen Reaktion auf das Erlebte. Gute Geschichten sind spannend, weil sie einen Konflikt enthalten, sie überraschen, versetzen uns in eine andere Perspektive, sie bewegen uns.

PR-Journal: Wie können Unternehmen den Storytelling-Ansatz für sich nutzen?

Tanja Faust: Da gibt es einmal die vielen Geschichten, die über das Unternehmen erzählt werden - zum Beispiel an der Kaffeemaschine. Diese Geschichten sollte jedes Unternehmen zumindest kennen oder noch besser, sie sammeln, aufbereiten und weiterkommunizieren. Jedes Unternehmen hat eine oder mehrere zentrale Geschichten, häufig gehört die Gründungsstory dazu. Die zweite Möglichkeit: Jedes Unternehmen hat einen innersten Kern, seine Daseinsberechtigung über das Geldverdienen hinaus. Diesem Unternehmenszweck kommt man am leichtesten mit den Werkzeugen aus dem Storytelling auf die Spur - dazu gehören Botschaft, Werte, Archetypen, Konflikt, Held und Begünstigte. Aus der Core Story leiten sich Mission, Vision, Strategie und die gesamte Kommunikation ab. Stimmen die Geschichten, die über das Unternehmen erzählt werden nicht mit der Core Story überein, gibt es Handlungsbedarf. Und dann gibt es natürlich die Geschichten, mit denen Führungskräfte ihre Mitarbeiter für Veränderungsprozesse begeistern, Reden beginnen oder das Vorwort für den Geschäftsbericht. Oder Erfolgsstorys von Kundenprojekten, um neue Kunden anzuziehen.

PR-Journal: Wie erarbeitet man ganz praktisch eine lebendige Unternehmens-Story?

Tanja Faust: Die meisten Geschichten über das Unternehmen entstehen von selbst, man sollte sie steuern und nutzen. Für das Sammeln und Verarbeiten müssen geeignete Strukturen geschaffen werden. Kommuniziert werden die Geschichten, die die Core Story zum Leben erwecken und aus vielen Perspektiven immer wieder neu erzählen.

PR-Journal: Können Sie uns ein paar Beispiele für gelungenes Storytelling nennen?

Tanja Faust: Nike, Aldi, Nivea, BMW oder Lego sind Marken, die über Jahrzehnte hinweg lebendig geblieben sind. Diese Marken haben einen stabilen, unveränderlichen Kern und sind gleichzeitig flexibel. Wenn kein Zweifel besteht, wofür ein Unternehmen steht, wenn es unverwechselbar, einzigartig und beständig ist, dann ist das Storytelling gelungen.

Tanja Faust ist Geschäftsführerin von FaustCommunications, München, Journalistin, Autorin und Konzeptionstexterin (www.faustcommunications.com).

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