Das PR-Interview PR-Interview Nr. 98. Robert Heinrich: Nichts ist so überzeugend wie ein überzeugter Wahlkämpfer

heinrich robert gruene„Das PR-Interview im PRJ“ wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation, Köln

Interview mit Robert Heinrich (Foto), Wahlkampfmanager von Bündnis 90/Die Grünen zur Kommunikation in der heißen Phase des Bundestags-Wahlkampfs

PR-Journal: Herr Heinrich, Sie stecken mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs. Wie haben wir uns den Tagesablauf des Wahlkampfleiters vorzustellen?
Robert Heinrich: Ich stehe sehr früh auf und lese Zeitung. Ab 8.30 Uhr finden dann kurze Morgenrunden mit der politischen Führung und dem Wahlkampfteam zur Presselage und Tagesplanung statt. Bis in den späten Abend hinein bin ich dann im Wesentlichen damit beschäftigt, das Wahlkampfteam zu koordinieren, die Kampagnenmaßnahmen zu steuern und den Überblick zu behalten. Das heißt konkret: Aktionen vorbereiten, Plakate, Texte oder Anzeigen freigeben und vor allem viel telefonieren. Unser Wahlkampfteam wird von mehreren Werbe- und PR-Agenturen unterstützt, der wichtigste Teil des Wahlkampfes findet aber vor Ort statt – getragen von Tausenden Parteimitgliedern und vielen freiwilligen Helfern. Den Höhepunkt erreicht die Kampagne in den letzten 72 Stunden vor der Wahl. In dieser Zeit entscheiden die meisten Menschen, wem sie ihre Stimme geben werden, und da bin ich natürlich quasi rund um die Uhr im Einsatz.

PR-Journal: Was machen Sie im Wahlkampf anders als Ihre Kollegen aus den anderen Parteien?
Robert Heinrich: Wir versuchen das kleinere Budget, das uns im Vergleich zu den größeren Parteien zur Verfügung steht, in innovative und kreative Kampagnen zu investieren. Und wir setzen besonders stark auf die Beteiligung der eigenen Mitglieder. Sie konnten die Spitzenkandidaten per Urwahl bestimmen und über die wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte per Mitgliederentscheid abstimmen. Jetzt, in der heißen Phase des Wahlkampfs, stehen wir in ständigem Kontakt mit den aktiven Mitgliedern: über unser internes Netzwerk Wurzelwerk, wo wir Argumentationshilfen, Druckvorlagen und andere Kampagnentools zur Verfügung stellen, per E-Mail, durch Telefonaktionen und natürlich über die sozialen Netzwerke.

PR-Journal: Welche Themen versuchen Sie in den letzten Wochen vor der Wahl aktiv zu platzieren?
Robert Heinrich: Vor allem natürlich ökologische Kernthemen wie Energiewende und Ernährung, aber auch Gerechtigkeitsfragen und gesellschaftspolitische Themen: Mindestlohn, Kita-Ausbau, Datenschutz. Hier können wir am besten den Unterschied zur Regierung deutlich machen: Grün steht für eine echte Energiewende, Schwarz-Gelb fährt sie an die Wand. Grün steht für nachhaltige Landwirtschaft, Schwarz-Gelb für Massentierhaltung. Grün steht für den Mindestlohn, Schwarz-Gelb blockiert ihn.

PR-Journal: Welche Instrumente haben für Ihre Kampagne besonders große Bedeutung und warum?
Robert Heinrich: Eine gute Kampagne ist immer eine integrierte Kampagne. Online, Medienarbeit und Straßenwahlkampf spielen Hand in Hand. Das Wichtigste ist aber in jedem Fall das persönliche Gespräch. Nichts ist so überzeugend wie überzeugte Wahlkämpfer, egal ob sie Spitzenkandidaten oder einfach Mitglieder sind. Deshalb werden wir unsere Basis in der heißen Phase mobilisieren, so viel wie möglich mit ihrem persönlichen Umfeld über die Wahl zu sprechen und für die Grünen zu werben. Natürlich verstärken wir in den letzten Wochen auch den Dialog im Netz: In den letzten drei Tagen sind die Grünen dann „Drei Tage Wach“, um rund um die Uhr die letzten Fragen der Wähler im Internet zu beantworten.

PR-Journal: Grüne Wähler gelten als überdurchschnittlich gebildet, man sagt ihnen ein höheres Einkommen, ein relativ junges Alter und Internetaffinität nach. Welche Zielgruppen erreichen Sie im Wahlkampf eigentlich besonders schlecht? Und was tun Sie dagegen?
Robert Heinrich: Wir wissen, dass die meisten Wähler keine langen Programmtexte lesen. Deshalb ist es unser Ziel, im Wahlkampf unsere Themen und Botschaften so knapp, plakativ und auch unterhaltsam wie möglich zu präsentieren. Hier ist unser hochgelobtes Online-Format ,Das Wichtigste in 2 Minuten‘ beispielhaft. Hier erklären wir in zwei Minuten, wie zum Beispiel die grüne Bürgerversicherung funktioniert. Dieses Format bewerben wir in den letzten vier Wochen massiv im Netz und hoffen damit auch die Wähler zu erreichen, die normalerweise nicht auf eine Parteiwebsite gehen würden.

Robert Heinrich ist Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und Wahlkampfmanager von Bündnis 90/Die Grünen

Seitennavigation