Kommentare Die ganze „Welt“ für etwas Geld - wir sind dann mal so frech! Über gekaufte Stories.

Wirtschaftsjournalist Geschfte GrauzoneDas Titelbild hat es in sich. Geld wechselt den Besitzer, die zwei „Geschäftspartner" schauen weg. Bloß nichts mitbekommen, keine Zeugen. „Auch die Qualitätsmedien mischen munter mit" – so ein Auszug des begleitenden Textes. Das kann man wohl sagen. Berichterstattung gegen Anzeigenschaltung oder Sponsoring - es ist wieder einmal passiert. Diesmal steht die Elite der deutschen Print-Medien im Rampenlicht. In der aktuellen Titelstory des „Wirtschaftsjournalist" berichtet deren Chefredakteur Markus Wiegand über „Geschäfte in der Grauzone". Er schreibt über „Kuschelangebote" der Medien. Dies sind Angebote, die als völlig normal an zahlungskräftige Kunden gehen.

Die großen deutschen Medien machen mit

Wiegand schildert Beispiele, wie Medien aus der finanziellen Not heraus den Unternehmen entgegenkommen. Sponsoring von Veranstaltungen beispielsweise, inklusive geneigter Berichterstattung. Natürlich „unter Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit". Er nennt Namen, wie „Handelsblatt", „Süddeutsche Zeitung", „Der Tagesspiegel", „Die Zeit", „Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die „Welt". Da fehlen nicht allzu viele der deutschen Leitmedien.

Die Lektüre dieser Story ist ausgesprochen lohnend. Vor allem, weil einige dieser Geschäfte in der Grauzone auf den ersten Blick eher unspektakulär wirken. Weniger normal ist allerdings der Fall, dass eine führende Tageszeitung aus dem Axel Springer-Verlag einem Unternehmen Mitwirkung an der Berichterstattung im Wirtschaftsteil zusichert.

Berichte gegen Anzeigen – eine freche Behauptung der PR-Leute?

Es scheint also durchaus einfach zu sein, so mancher Story mit etwas Cash die Flügel zu verleihen, die sie ansonsten nicht gehabt hätte. Und durchaus üblich. Noch am 20. März hatte Frank Zimmer, Redaktionsleiter Online von W&V, gegen den Präsidenten der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) Uwe A. Kohrs gewettert.

Dieser hatte in einem Beitrag in Horizont geschrieben: „Wir (PR-Leute) mussten immer schon die Redaktionen mit unseren Geschichten überzeugen, wir hatten auch nie das Geld, zu sagen: Wenn euch die Story nicht so richtig gefällt, können wir ja mit ein paar zusätzlichen Anzeigenschaltungen nachhelfen." Worauf Zimmer schrieb: „Der zweite Satz, der Redaktionen Käuflichkeit unterstellt, ist natürlich eine Frechheit."

Nein, so frech war Kohrs dann wohl doch nicht. Er sprach aus Erfahrung, denn die im „Wirtschaftsjournalist" geschilderten Fälle überraschen kaum. Es gab sie schon immer. Was die im „Wirtschaftsjournalist" genannten Medien allerdings zum Teil an Leistungen anbieten, das hat mit redaktioneller Unabhängigkeit nichts mehr zu tun.

Über den Autor: Helge Weinberg ist Korrespondent Hamburg / Norddeutschland des „PR-Journals".

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