Kommentare Kommentar: Kann nit verstan

Piwinger Manfred querTja, mit der Sprache ist das so eine Sache. Eigentlich soll sie dem Verstehen und der Verständigung dienen, Beziehungen knüpfen und die Sache verständlich bzw. verstehbar machen. Wenn das nur so leicht wäre. Kommunikationsfähigkeit scheitert häufig schon am mangelnden Sprachvermögen. Autoimmunes und resistentes Unvermögen, sich auszudrücken, ist in Unternehmen vor allem in den Personalbereichen weit verbreitet. Und keiner und keine Autorität kritisiert und schilt das. Berichterstattung über Personal in Geschäftsberichten findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und versteckt sich im Lagebericht. Drum können sich die mit der „wichtigsten Ressource“, dem Personal, befassten Entscheider in den Führungsetagen hier einmal richtig austoben und zeigen, was sie drauf haben. Eines von vielen, und darunter das schlechteste Beispiel, finden wir bei der Deutschen Telekom in deren Geschäftsbericht des Jahres 2014 auf Seite 128.

Ein erster Auszug: „Umsetzung der Personalstrategie HR BIG 1 – Total Workforce. Geschäftsorientiert gestalten“ (=Zwischenüberschrift). Dann weiter: „Eines der wichtigsten Themen – auch der nächsten Jahre – wird die Transformation unseres Konzerns sein. Die verschiedenen Facetten der Transformation, wie die notwendigen Anpassungen an unsere Geschäftsmodelle, eine auf Geschäftsbedarfe fokussierte Talententwicklung und die Weiterqualifizierung unserer Mitarbeiter, steuern wir über unsere Transformationsprogramme – etwa bei der T-Systems: In diesem Transformationsprogramm steigern wir die Profitabilität weiter, indem wir digitale Wachstumsfelder vorantreiben, unser ICT-Geschäft transformieren und gleichzeitig effizienter machen sowie unprofitables Geschäft stoppen. Alle Beschäftigten, deren Arbeitsplatz weggefallen ist, unterstützt der Konzern mit einer Vielzahl von Instrumenten zum Personalumbau und einem innovativen Veränderungsmanagement für eine berufliche Neuorientierung.“

Im Klartext heißt dies wohl: Personal wird entlassen oder umgesetzt.

Im Einleitungstext hingegen beschwört die Deutsche Telekom den Wert ihrer Mitarbeiter, ohne die nichts zu gehen scheint: „Wir wissen, dass nur zufriedene Mitarbeiter dauerhaft gute Leistungen erbringen. Gute Personalarbeit widmet sich daher gleichermaßen dem Erfolg der Mitarbeiter und des Unternehmens.“

Ein zweiter Auszug: „HR BIG 2, der Führungskompetenz und Leistungsorientierung“ (Zwischenüberschrift) :

„Auf Basis unserer neuen Führungsgrundsätze zur Zusammenarbeit (‚Collaborte‘), Innovation (‚Innovate‘) und Leistungsförderung (‚Empower to perform‘) sowie unserer Leitlinien haben wir 2014 unser Führungsmodell ‚Lead to win‘ eingeführt. […] ‚Lead to win‘ setzt im Kern auf einen kontinuierlichen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu Leistung und Entwicklung (Performance Dialog), eine direkte Verbindung zwischen Leistungsbeurteilung und Incentivierung (‚Rewards‘) sowie auf persönliche Entwicklungspfade (‚New Horizon‘).“

Ob das cool klingen soll, ob das die wortgewordene Sprach- und Ratlosigkeit ist? Man scheint, in einer ganz eigenen Welt zu leben. Eine verbale Abrüstung könnte jedenfalls dem Kompetenzprofil der Personalverantwortlichen nicht schaden. Denn: Auch Sprachausdrücke und Wortwahl sind „nachhaltig“ und sagen viel aus über den Zustand in einem Unternehmen, wie in diesem Fall beispielhaft bei der Deutschen Telekom.

Ach, ich kann’s nicht lassen und setze noch einen weiteren Absatz hinzu, damit es nicht so aussieht, als seien die vorstehenden Passagen willkürlich aus dem Zusammenhang herausgenommen worden:

„Die Vereinheitlichung unserer HR-IT-Systeme über die Initiative ‚HR Suite/One‘. HR war im Berichtsjahr ebenfalls ein Schwerpunktthema. Mit dem Roll-out des IT-Systems werden konzernweite HR-Prozesse verknüpft und einem gemeinsamen IT-System unterstützt. Im Fokus stehen dabei u.a. die Prozesse der Rekrutierung und die Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter.“

So, nun habe ich aber genug und greife zur nächstbesten Lektüre, die da heißt: Deutsch für Anfänger.

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