Rezensionen Rezension: Erfolgsfaktor Resilienz

Destination Resilienz BuchcoverDer Resilienz-Begriff hat Konjunktur. Er hat in dem Maß an Fahrt aufgenommen, in dem sich die Krisen der letzten Jahre verdichtet haben. Der Begriff ist deswegen so schillernd, weil er in verschiedenen Human-, Sozial- und Geisteswissenschaften diskutiert und reflektiert wird. Dabei werden unterschiedliche Perspektiven diskutiert. Mal ist es die persönliche Stress-Resistenz, mal meint es die Anpassungsfähigkeit von Systemen.

Welche Bedeutung hat dieser Begriff für das moderne Verständnis von Organisationen, für die Wirtschaft? Der hier anzuzeigende Band nähert sich dem Phänomen aus einer Management-orientierten Perspektive. Frank Thomas Meyer ist Professor an der Media Design Hochschule Düsseldorf und vertritt dort das Feld des Innovationsmanagements. Der 117 Seiten schlanke, bei Nomos erschienene Band, ist in zwei Teile aufteilbar. Zunächst die Theorie-Diskussion, danach Empirie mit eigenen Studien.

Ausführlicher Theorieteil

Im Theorieteil stellt der Autor seine Leserinnen und Leser durchaus vor Ansprüche, wenn er die maßgebliche Literatur ausbreitet und diskutiert. Die Literatur zur Resilienz-Thematik ist durchaus reichlich, das gilt sowohl für die akademischen als auch die eher als Ratgeber konzipierten Bücher. Die Studienlage hierzu ist schon deutlicher geringer ausgeprägt. Deswegen ist es besonders verdienstvoll, wenn der Autor im letzten Drittel des Buches die Ergebnisse zweier eigener Studien präsentiert und diese in die bisherige Forschung einordnet.

Was seinen eigenen Standpunkt betrifft, so folgt Meyer dem Ansatz, Resilienz als erfolgskritischen Faktor im unternehmerischen Prozess zu sehen. Und daher folgen seine eigenen Studien zur organisationalen Resilienz auch dem Ansatz, entsprechende Prozesse und Ergebnisse als Folge von unternehmerischem Planen und Handeln zu verstehen. Er bietet auch eine eigene Definition an: „Organisationale Resilienz ist die adaptive Fähigkeit eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter, sich auf existentielle Störungen vorzubereiten und diese zu bewältigen“, (S. 41). Dabei sollen die Unternehmensprozesse dazu führen, ein Leistungsniveau zu erreichen, mit dem Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und Nachhaltigkeit sogar gesteigert werden – unter Berücksichtigung ethischer Werte (vgl. ebd.). Damit folgt Meyer einem Theorieansatz, der Resilienz als präventiven Prozess vorschlägt, in deutlicher thematischer Nähe zur Theorie des Krisenmanagements.

Resilienz im Kontext von Start-ups

Bei seinen eigenen Studien fokussiert der Düsseldorfer Hochschullehrer Resilienz im Kontext von Start-ups, einem bislang in der Forschung eher unterrepräsentierten Wirtschaftszweig. Seine Forschungsfragen: „Worin begründet sich die Widerstandsfähigkeit von Start-ups in spezifischen Branchen und welche Erfolgsfaktoren lassen sich zu Beginn identifizieren“, (S. 39). Ohne die Ergebnisse hier im Detail ausbreiten zu können, so erweisen sich bestimmte Erkenntnisse als zentral, mit denen Meyer an schon vorliegende Studien anschließen kann. Es sind nicht unbedingt bestimmte persönliche Skills, bestimmte Management-Techniken oder belastbare Beziehungen zu Kreditinstituten, in den sich die Resilienz-Kompetenz beweist. Viel eher sind das persönliche Umfeld (Ehepartner, Familie, persönlicher Freundeskreis) und ein aktives Beratungsnetz von Profis, die sich als erfolgskritisch herausstellen.

Und natürlich das Vorhandensein von staatlichen Förderprogrammen (sehr unterschiedlich in deutschen Bundesländern), die Kenntnisse darüber und die Bereitschaft beziehungsweise Kompetenz, diese auch zu nutzen. Und mit Blick auf das Netzwerk ist zu konstatieren: Man muss es nicht nur erst einmal haben, sondern auch den Mumm und die menschliche Reife, sich dessen in schwierigen Momenten, emotional hoch aufgeladen mit existentiellen Ängsten, tatsächlich zu bedienen. Und die Hilfsbedürftigkeit überhaupt erst einmal zu offenbaren. Was dann wiederum doch mit persönlichen Skills und auch Charaktereigenschaften zu tun haben dürfte. Es wäre wünschenswert, wenn Meyer seine Studien mit Fragestellungen in dieser Richtung fortsetzt und erweitert. Denn schon, was er in seinem Buch hier vorlegt, ist fruchtbar und spannend. Das verdient Fortführung.

Kommunikations-Kompetenz ist besonders stark gefragt

Der Autor selbst artikuliert offen die Limitationen seiner Forschung, die nur manche Aspekte von Resilienz berücksichtigen konnte. Für die Zukunft bieten sich weitere Forschungen an, die vor allem die kommunikativen Kompetenzen von Start-up-Unternehmerinnen und -Unternehmern ins Blickfeld nehmen sollten. Nicht alle Start-ups sind Ein-Personen Unternehmen. Bei drei Personen im Unternehmen mag es noch nicht ins Gewicht fallen. Aber wenn es schon 13 sind, und solche Unternehmen sind in den Studien durchaus präsent, dann müsste der Gründer in kritischen Situationen auch stark in der Führungskräftekommunikation, in der Mitarbeiterkommunikation sein.

Und wenn es in kritischen Situationen um Kapital-Bedarf geht, und das eigene Bankkonto und das der Eltern, der Ehepartner keine Spielräume mehr bieten, dann wäre ein wenig Investor Relations-Kompetenz nicht schlecht. Man muss sich nur eine Folge von „Die Höhle der Löwen“ bei Vox ansehen, um zu erkennen, gerade diese Kommunikations-Kompetenz ist nur manchen Start-up-Unternehmern gegeben. Die meisten müssen sich das eher hart erarbeiten – und zwar schon im Vorfeld einer kritischen Situation. Diese Kommunikations-Kompetenzen – und zwar gegenüber ganz unterschiedlichen Stakeholdern – als kritischen Erfolgsfaktor künftig stärker in den Blick zu nehmen, wäre eine Aufgabe, für die Frank Thomas Meyer geradezu prädestiniert ist. Insofern darf man gespannt sein auf seine weiteren Studien und eine eventuell inhaltlich ergänzte Neuauflage seines Buches.

Titel: Destination Resilienz. Erfolgreiche Unternehmen in Zeichen der Unsicherheit; Autor: Frank Thomas Meyer; Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2022; Umfang: 117 Seiten; Preis: 29,00 Euro; ISBN 9 793985 420230

Kiefer Markus Prof FOM kleinerÜber den Autor der Rezension: Professor Dr. Markus Kiefer (65, Foto) war von 2010 bis Ende des Sommersemesters 2022 hauptberuflich an der FOM – Hochschule tätig, als Professor für Allgemeine BWL, mit dem Schwerunkt Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation. Seit dem Wintersemester 2022 nimmt er an der FOM und im Wechsel an weiteren Hochschulen Lehraufträge mit Schwerpunkt PR und Unternehmenskommunikation wahr.

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