Das PR-Interview PR-Interview Nr. 89. Michael Paul: Lobbyisten sind nicht die einzige Quelle

„Das PR-Interview“ wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation, Köln

paul michael MdBInterview mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Michael Paul MdB (CDU) (Foto), Köln/Berlin über die Wahrnehmung der Lobbyarbeit in Berlin

PR-Journal: In Berlin geht man von rund 6.000 Interessensvertretern aus. Aufgabe der Lobbyisten: Druck auf Abgeordnete auszuüben und Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. In welcher Form begegnet Ihnen als Abgeordneter Lobbying in Ihrer täglichen Arbeit?

Michael Paul: Ich erhalte pro Sitzungstag etwa 10 bis 20 persönliche Einladungen zu Veranstaltungen, dazu individuelle Gesprächsanfragen und eine Unmenge an schriftlichem Material, sei es auf dem Postweg oder per Mail. Insgesamt stehe ich im Fokus von etwa 150 bis 200 Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen – anders gesagt: von Lobbyisten.

PR-Journal: Wie gehen Sie mit den unterschiedlichen Informationsangeboten um?

Michael Paul: Was auf dem Postweg kommt, scanne ich grob, lese es aber kaum. Sorry, das ist die ineffektivste Form des Lobbyings. Von den Veranstaltungsangeboten nehme ich wenigstens zwei pro Tag wahr, eine am Morgen, eine am Abend. Außerdem führe ich in der Woche noch etwa zwei bis drei Informationsgespräche von etwa einer Stunde Dauer.

PR-Journal: Wie muss eine Veranstaltung konzipiert sein, damit sie für Sie von Interesse ist?

Michael Paul: Wenn man ein wenig Erfahrung hat, sagt einem schon der Absender einer Einladung etwas über die zu erwartende Qualität – oder auch die fehlende Qualität. Dann finde ich es gut, wenn Lobbyisten nicht nur ihre eigenen Interessen darlegen, sondern von vorneherein das Für und Wider darstellen. Das kann ich dann später in meine eigene Argumentation übernehmen. Natürlich spielen auch das Thema, die Referenten, die zu erwartenden Gäste und – ja, auch das! – die Location eine Rolle.  

PR-Journal: Wie gehen Sie mit den Informationsangeboten von Lobbyisten um, was bringt Ihnen das für Ihre eigene Arbeit?

Michael Paul: Angebote von Lobbyisten sind eine Informationsquelle, die ich mit anderen abgleiche, zu denen ich hinzurecherchiere und die ich oft nutze, um von mir aus Dialoge anzustoßen. Aber sie bleiben nicht die einzige Quelle.

PR-Journal: So handhaben es offenbar nicht alle Kollegen?

Michael Paul: Natürlich gibt es immer wieder negative Ausreißer. Wenn ich als Abgeordneter nach Berlin gehe, dann muss ich wissen, was in punkto Lobbying auf mich zukommt. Nach meiner Ansicht hängt der Einfluss von Lobbyisten immer auch von der Qualität des Abgeordneten ab.

Dr. Michael Paul, seit 2009 CDU-Abgeordneter für den Wahlkreis Köln II und u. a. Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

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