Das PR-Interview PR-Interview Nr. 122. Achim Litschko: „Viele Agenturen bieten mehr oder weniger alles an"

„Das PR-Interview im PRJ“ wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation, Köln.
Litschko-AchimAchim Litschko (Foto), Stuttgart, zum Problem vieler Agenturen, sich eine klare Positionierung zu geben.
PR-Journal: Der Wettbewerb unter Deutschlands Agenturen wird immer intensiver, zugleich wächst das Aufgabenspektrum. Was müssen Agenturen tun, um die eigene Position zu verbessern?
Achim Litschko: Sie sollten erst einmal Position beziehen. Sehr viele Agenturen sind diesbezüglich nicht klar. Sie bieten mehr oder weniger alles an, aus Sorge, man könnte – täte man das nicht – einen Job verlieren oder ihn gar nicht erst bekommen. Das kann man aus wirtschaftlichen Gründen verstehen, ist aber in der Praxis untauglich. Viel besser ist es, sich zu spezialisieren, also nur bestimmte Disziplinen anzubieten oder bestimmte Arbeitsfelder und Branchen zu bedienen. Das geht auch einher mit der Tatsache, dass Unternehmen Kommunikation immer mehr „inhouse" koordinieren und sich ein externes Team aus unterschiedlichen Spezialisten zusammenbauen. Das hat weiter den Vorteil, dass man sich leichter abheben kann von der Konkurrenz. Und es ist gut, weil man in der Regel höhere Preise erzielen kann. Spezialisierung sollte allerdings immer etwas mit Qualität zu tun haben. Wenn man sich spezialisiert, sollte man in den entsprechenden Disziplinen auch richtig gut sein. Deshalb empfiehlt es sich, darauf zu achten, wo man richtig gut ist oder womit man bisher richtig gut Geld verdient. Beide Facetten bieten vielversprechende Ansätze, die eigene Position zu verbessern.

PR-Journal: Stichwort Positionierung: Warum ist es für Agenturen schwer, sich zu positionieren?

Achim Litschko: Das liegt zum einen häufig an der Qualität der Arbeit. Sehr viele Agenturen liefern durchschnittliche Arbeitsergebnisse ab. Sich mit durchschnittlicher Arbeit zu positionieren, geht eigentlich nicht
und wird relativ schnell entlarvt – von Branchenkollegen und von Kunden. Positionierung heißt ganz klar: auf einem bestimmten Feld besser sein als andere. Dafür braucht man Ideen, Techniken, und man braucht Mitarbeiter, die
auf einem hohen Qualitätsniveau arbeiten können. Und man sollte natürlich wissen, was in diesem Segment Trend ist bzw. wird. Agenturen oft sich oft nicht, den Schritt in Richtung einer klaren Positionierung zu gehen, weil sie im
tiefsten Inneren wissen, dass sie vielleicht doch nicht ganz so gut sind oder sich nicht so gut in einer Nische auskennen.
Positionieren heißt fokussieren. Das ist auch nicht ganz so einfach, denn setze ich aufs falsche Pferd, kann mich das meine Existenz kosten. Was Agenturen sehr oft fehlt, sind gute Gesprächspartner, mit denen sie sich austauschen können, mit denen sie auch über den berühmten Tellerrand blicken können. Ganz häufig sind Agenturchefs Einzelkämpfer, die im Haus keine Partner oder Kollegen haben, mit denen sie sich intensiv über die Zukunft des Unternehmens unterhalten können. Und letztlich hat positionieren auch etwas mit verändern zu tun. Dazu gehört Mut und eben auch die Bereitschaft, sein eigenes Verhalten zu verändern.

PR-Journal: Welche Möglichkeiten der Positionierung gibt es überhaupt für PR-Agenturen?

Achim Litschko: Eine Positionierung nach Branchen ist sicher die am häufigsten umgesetzte Art der Positionierung. Das geht von Automobil, Chemie, Logistik, Mode bis hin zu Parteien oder Non-Profit-Organisationen. Die zweite klassische Methode ist die Positionierung nach Disziplinen. Zum Beispiel: interne Kommunikation, Corporate Publishing, Krisen PR, Social Media etc. Beide Positionierungsarten sind gut, da sich Kunden mit diesen Termini auskennen und auch danach suchen, wenn sie einen Dienstleister brauchen.
Gerade im Social Media-Bereich bieten sich heute interessante Möglichkeiten zur Differenzierung. Das Social Media-Thema ist in weiten Teilen der Industrie immer noch sehr diffus und unterentwickelt. Wer hier gute Ideen hat, wie man ein ernsthaftes Informations-Sharing mit bestimmten Zielgruppen hinbekommt und noch dazu in der
Lage ist, dieses solide zu monitoren, hat wahrscheinlich keine so schlechten Chancen. Oder man denkt mal in neuen Kategorien. Zum Beispiel „Visuelle PR". So etwas gibt es zwar schon in Ansätzen. Aber wenn man bedenkt, dass mehr als 80 Prozent der Menschen visuell veranlagt sind, könnte man sicher auch auf diesem Feld etwas bewegen.

PR-Journal: Reicht eine gute Positionierung aus, oder müssen Agenturen noch mehr bieten, um für Auftraggeber attraktiv zu sein?

Achim Litschko: Die Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Eine gute Positionierung ist wichtig. Sie ist so eine Art Sprungbrett, aber springen muss die Agentur natürlich selbst. Was heißt das? Zum einen bedeutet es, sehr gute Arbeit abzuliefern und dann über diese Arbeit zu sprechen. Auf Vorträgen, in Case-Studies, in Artikeln, in eigenen Magazinen, die an entsprechende Zielgruppen verschickt werden. Und besonders wichtig: die eigenen Website. Leider wird diese sehr häufig vernachlässigt. Ein kapitaler Fehler, denn da schauen potenzielle Kunden oder auch Mitarbeiter zuerst drauf! Meine Empfehlung lautet, dass sich Agenturen selber als Marke führen und
entsprechende Öffentlichkeitsarbeit machen sollten. Das kostet Geld und Zeit, aber es nicht oder nicht konsequent zu tun, ist auf jeden Fall teurer. Die Investition in die eigene Marke ist nichts anderes als das Kapital der Zukunft!

Achim Litschko ist Unternehmensberater für Agenturen und Mitinhaber von litschko I meichle CoEffizienzmeichle CoEffizienz, Stuttgart

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