Das PR-Interview PR-Interview Nr. 125 – Karl-Heinz Heuser: „Gute Konzepte brauchen einfach Zeit“

Heuser-Karl-Heinz Heuser-Agentur„Das PR-Interview" wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation.
Karl-Heinz Heuser (Foto) zu aktuellen Trends in der PR und im Agenturgeschäft und zu seiner neuen Tätigkeit als selbständiger PR-Unternehmer.
PR-Journal: Was war Ihre Motivation, nach zehn Jahren als CEO von Burson-Marsteller quasi wieder von vorne anzufangen und sich selbständig zu machen?
Karl-Heinz Heuser: Wahrscheinlich ist es das Unternehmer-Gen, das ich in mir trage – irgendwie habe ich mich immer als Unternehmer gesehen. Nach zehn guten Jahren bei Burson-Marsteller war für mich die Zeit gekommen, zu meinen Wurzeln zurückzukehren.

PR-Journal: Wie entwickelt sich Ihre Selbständigkeit, was sind die Schwerpunkte Ihrer neuen Agentur?
Heuser: Ich bin jetzt – wie damals mit meiner ersten Agentur prbonn – mit dem Kunden McDonald’s gestartet. prbonn war seinerzeit eine der ersten Agenturen in Deutschland, die sich auf Public Affairs spezialisiert hatten. In der politischen Kommunikation sehe ich auch in Zukunft einen meiner Schwerpunkte. Ansonsten mache ich auch klassische Unternehmens-PR ebenso wie Organisationsberatung und das besonders, wenn es um schwierige oder komplexe kommunikative Herausforderungen geht. Übrigens berate ich auch Agenturen darin, ihr Business zu verbessern.

30 Jahre an der Seite von McDonald's
PR-Journal: Was war beruflich bisher Ihr größter Erfolg, was Ihre schwerste Niederlage?
Heuser: Mein größter Erfolg: Sicher, dass mir der Kunde McDonald’s über 30 Jahre lang die Treue gehalten hat. Ich glaube, das ist in dieser Branche ziemlich einzigartig. Stolz bin ich auch auf einige außergewöhnliche Ideen, die so richtig eingeschlagen haben, wie zum Beispiel der Kanzlerburger auf den CDU-Bundesparteitagen in den 80er und 90er-Jahren. Und Niederlagen? Die gab es mit Sicherheit auch, zum Beispiel einige wichtige Pitches, deren Verlust bis heute schmerzt.

Kommunikation hat an Qualität und Nachhaltigkeit verloren
PR-Journal:
Wenn Sie den Bogen schlagen zwischen Ihren Anfängen bei prbonn in den 80er-Jahren bis heute: Welches sind die größten Veränderungen in der PR?
Heuser: Als ich anfing, war die Kommunikation mit den Kunden sehr viel langsamer – das Telefax war zu jener Zeit die große technische Innovation. Heute kommunizieren wir über das Internet und das Social Web quasi in Echtzeit. Die Kommunikation hat sich ohne Zweifel dramatisch beschleunigt, leider hat sie dabei auch an Qualität und Nachhaltigkeit verloren. Gute Konzepte brauchen einfach Zeit, und welcher Kunde hat die heute noch? Eine Stärke von PR gegenüber der Werbung ist doch gerade, dass sie Einstellungen bei den Dialogpartnern verändern kann. Und das geht nicht von heute auf morgen.

„Mach mal eben-Mentalität statt strategisches Denken“
PR-Journal:
Was erwarten Kunden heute von Ihrer Agentur?
Heuser: Die Anforderungen an den Agenturberater sind heute anders. Für viele von uns war PR vor allem Profession und Leidenschaft, wir waren von guter Kommunikation und verrückten Ideen besessen. Heute ist eher der Kommunikationsmanager gefragt, der einen Etat professionell führen kann. Vielfach hat er dabei häufig aber auch stark seine Karriere im Blick. Eine Entwicklung die ich bedaure, denn dadurch bleibt manchmal auch der Mut zu unkonventionellen oder risikobehafteten Ideen auf der Strecke. Insgesamt haben sich die Anforderungen der Unternehmen erhöht: Die Fehlertoleranz in der Beziehung zum Kunden ist deutlich geringer geworden, und der Kostendruck ist gewachsen. Häufig steht heute in der Kunden-Agentur-Beziehung eine „Mach mal eben“-Mentaliät im Vordergrund, die vor allem auf schnelle Aktion und nicht auf strategisches Denken setzt.

PR-Journal: Welche Vorteile können inhabergeführte Agenturen gegenüber großen Agentur-Networks wie Ketchum Pleon, Hill & Knowlton oder auch Burson-Marsteller ins Feld führen?
Heuser: Wenn ich mir den deutschen Markt so ansehe, sind die inhabergeführten Agenturen den großen Networks durchaus ebenbürtig. Ihr Vorteil ist häufig, dass sie durch starke Unternehmerpersönlichkeiten und viel Herzblut geprägt sind. Dagegen haben die Networks den Vorteil, dass sie durch ihren breiten Background und ihre internationale Tätigkeit oft über ein enormes Wissen verfügen. Und sie haben fast immer ein besseres Finanzmanagement und arbeiten profitabler.

PR-Journal: Welchen Herausforderungen müssen sich Agenturen in Zukunft stellen?
Heuser: Die Zukunft ist digital: Neue Entwicklungen im Online-Bereich werden die Agenturen immer wieder vor Herausforderungen stellen. Generell ist meiner Ansicht nach der Zenit der Großagenturen überschritten. Der Trend geht eindeutig zu kleinen schlagkräftigen Einheiten, zu Kooperationen oder losen Arbeitsgemeinschaften. Solche Netzwerke werden sich zukünftig auch extra für einen Kunden oder Auftrag gründen. Ein gutes Beispiel sind die Werber André Kemper und Tonio Kröger, die für den Kunden Mercedes-Benz eigens eine exklusive Agentur aufgebaut haben. Solche Agenturen werden in Zukunft nicht mehr dauerhaft zusammenarbeiten, sondern sich je nach Auftrag und gefordertem Spezialwissen neu formieren.

Karl-Heinz Heuser ist Geschäftsführer der Heuser Agentur für Strategie- und Kommunikationsberatung mbH, Köln.

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