Medien Presserat gibt Entscheidungshilfe für Redaktionen, Pressekodex ab 2009 auch mit Online-Zuständigkeit

Die Spruchpraxis des Deutschen Presserats zu Ziffer 7 des Pressekodex hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dabei haben die erheblich gestiegene Anzahl von Beschwerden über eine mögliche Verletzung des Trennungsgrundsatzes und die daraus resultierenden Entscheidungen des Presserats in den Redaktionen und Verlagen verschiedene Fragen aufgeworfen. Wie muss Werbung kenntlich gemacht werden? Was ist bei der Berichterstattung über Unternehmen und Produkte zu berücksichtigen? Und welche Anforderungen sind bei Sonderveröffentlichungen zu beachten?

Mit einem geplanten Praxis-Leitfaden zur Ziffer 7 will der Presserat Antworten auf diese Fragen geben, indem er Beispiele zu einzelnen Fallgruppen dokumentiert und die Kriterien der Spruchpraxis erläutert. Der Leitfaden, der voraussichtlich im Frühjahr 2009 erscheint, soll die Transparenz der Entscheidungen erhöhen und gleichzeitig den Redaktionen eine Hilfe bei ihrer Arbeit bieten. Ausschlaggebend für den Leitfaden war auch, dass 2007 das Jahr mit den bislang meisten Beschwerden gegen das Trennungsgebot in Ziffer 7 war. Auch wenn den Schwerpunkt  erneut die Ziffer 2 des Pressekodex (Sorgfaltspflicht) mit 161 Beschwerden darstellt, so gab es 2007 insgesamt 86 Beschwerden zu Ziffer 7. Häufig mussten die Beschwerdeausschüsse dabei Fälle behandeln, in denen die Grenze zur Schleichwerbung deutlich überschritten wurde. In den Ausschüssen wurden 72 der 86 Eingaben behandelt (2006: 52) und dabei 21 öffentliche Rügen (2006: 13), 18 Missbilligungen (2006: 16), 11 Hinweise (2006: 7) ausgesprochen. Drei Beschwerden waren begründet, es wurde jedoch auf eine Maßnahme verzichtet. 19 Beschwerden waren unbegründet (2006: 7).

2007 gingen 735 Eingaben beim Presserat ein, von denen 328 als Beschwerden in den Beschwerdeausschüssen behandelt wurden (Vorjahr 371). Für das Jahr 2008 sehen die Zahlen bislang sehr ähnlich aus. Die Anzahl der Eingaben scheint sich in dieser Höhe zu stabilisieren. Die Beschwerdeausschüsse sprachen im Vorjahr 31 öffentliche Rügen, vier nicht-öffentliche Rügen und 74 Missbilligungen aus. Daneben gab es 48 Hinweise. In 16 Fällen wurde die Beschwerde als begründet angesehen, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da die Redaktion auf die Beschwerde in geeigneter Weise reagierte. Zwei Beschwerden waren nicht aufklärbar. Die Anzahl der ausgesprochenen Maßnahmen ist geringer als die Zahl der behandelten Beschwerden, da sich in einigen Fällen mehrere Beschwerdeführer gegen dieselbe Veröffentlichung beschwerten, die dort gewählte Maßnahme jedoch nur einmal gezählt wird. Wie im Vorjahr wurden erneut 135 Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Der Rückgang um 219 Eingaben im Vergleich zum Vorjahr (954 Eingaben) erklärt sich daraus, dass 2007 keine Sammelbeschwerden wie im Vorjahr eingereicht worden sind. So gab es keinen  Massenprotest gegen die Mohammed-Karikaturen wie 2006 mit über 90 Eingaben, und auch das Journalistische Seminar der Universität Mainz hat 2007 mit 33 deutlich weniger Eingaben eingereicht als 2006 mit 118.

Die Trägerverbände des Presserats haben sich bereits im März dazu entschlossen, sich auch der Selbstregulierung für journalistisch-redaktionelle Seiten der elektronischen Presse zu widmen. Hierzu haben Plenum und Trägerverein eine Expertenkommission einberufen, die im März und April 2008 tagte. Neben der Verantwortung für Inhalte, mögliche Ergänzungen des Pressekodex und den Anforderungen an das Beschwerdeverfahren war auch der Umfang der Selbstverpflichtung der Verlage zu klären. Die Arbeitsgruppe hat konkrete Vorschläge zur Erweiterung der Zuständigkeit erarbeitet, die den Beschlussgremien des Presserats vorliegen und auf den Sitzungen am 19.11. und 03.12.2008 verabschiedet  werden sollen. Geeinigt haben sich die Trägerorganisationen bei der Zuständigkeit des Presserats bereits darauf, dass diese nicht an eine Zugehörigkeit eines Mediums zu einem der vier Trägerverbände gebunden sein wird. Sie erstreckt sich vielmehr generell auf journalistisch-redaktionelle Onlineangebote von Presseverlagen. Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionellen Inhalten, soweit sie nicht als Rundfunk einzustufen sind, sollen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, sich der publizistischen Selbstkontrolle anzuschließen. Voraussetzung dafür ist, dass sie sich zum Pressekodex als Regeln für guten Journalismus sowie den Grundsätzen zum Redaktionsdatenschutz bekennen und sich der Spruchpraxis des Presserats unterziehen. Mit einem Beginn der Online-Zuständigkeit ist Anfang 2009 zu rechnen.

Der Deutsche Presserat wird bis Mitte 2009 seine Geschäftsstelle von Bonn nach Berlin verlegen. Die Träger des Presserats haben dies im Oktober beschlossen. „Bonn steht für 52 Jahre Selbstkontrolle der Printmedien und war der logische Standort für den Aufbau des Presserats und eine solide Arbeit während der vergangenen Jahrzehnte. Um auch weiterhin im Zentrum des medienpolitischen Geschehens zu arbeiten, ist der Umzug der richtige Schritt“, so Sprecher Manfred Protze auf der Pressekonferenz.

 

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