Das PR-Interview PR-Interview Nr. 132 – Sascha Fligge, BVB Dortmund: „Planbar ist nur wenig“

Das "PR-Interview" wird realisiert von K1 Gesellschaft für Kommunikation

fligge dortmundMit dem Start der Fußball-Bundesliga rückt auch die Arbeit der Pressesprecher und PR-Verantwortlichen der Clubs in den Blickpunkt. Wir sprachen mit Sascha Fligge von Borussia Dortmund über seine Arbeit.

PR-Journal: Beschreiben Sie uns Ihre Aufgaben als Direktor Kommunikation von Borussia Dortmund.

Sascha Fligge: Vereinfacht gesagt ist meine Abteilung verantwortlich für alle intern und extern gespielten Inhalte. Konkret heißt das: die Homepage, Pressemitteilungen, wöchentliche Pressekonferenzen, ein Mitgliedermagazin mit 125.000er Auflage, 13 Millionen Facebook-Freunde, 1,5 Millionen Nutzer bei Twitter, über eine Million bei Google+, fast eine Million bei Instagram, das Festlegen der Strategien für die Unternehmenskommunikation – das Ganze in der Ansprache vom Ultrafan bis zum Aktionär. Vieles in Deutsch, Englisch und Japanisch.

PR-Journal: Sie können Japanisch?

Sascha Fligge: Leider nein, eine meiner vielen Schwächen. Dennoch werden wir seit einigen Jahren auch in Südostasien stark wahrgenommen. Wir haben inzwischen ein eigenes Büro in Singapur mit drei Full-Time-Stellen, waren gerade mit der ganzen Kapelle in Singapur, Tokio und Malaysia und sind auf ein unglaubliches Echo gestoßen. Eine Entwicklung, die auch unsere Sponsoren mit Interesse beobachten.

PR-Journal: Mit wie vielen Stellen ist Ihre Abteilung besetzt?

Sascha Fligge: Wir sind neun Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung und nochmal neun fürs Club-TV.

PR-Journal: Verraten Sie uns etwas über die Kommunikationsstrategie des BVB.

Sascha Fligge: Dazu muss ich vorausschicken: Planbar ist im Fußball wenig. Es gibt fast täglich unvorhergesehene Entwicklungen, die sich zu medialen Explosionen ausweiten können. Wir bekommen 1500 Medienanfragen jeden Monat, davon inzwischen 30 Prozent aus dem Ausland. Wir unterliegen als börsennotiertes Unternehmen der Ad-hoc-Publizitätspflicht und haben eine breite Range von Journalisten aller Mediengattungen, die täglich über uns berichten. Borussia Dortmund ist ein mittelständisches Unternehmen mit dem kommunikativen Output eines Dax-Konzerns.

PR-Journal: Und das ganz ohne Strategie?

Sascha Fligge: Natürlich nicht. Der Klub ist schnell gewachsen, aber die mediale Welt um uns herum wächst noch viel schneller. Mit einem kleinen Team möchten wir unsere Kommunikation auch deshalb proaktiv, ehrlich und klar auf die Schiene bringen. Immer in dem Wissen, dass in der Fußball-Kommunikation nicht alle denkbaren Variablen berücksichtigt werden können.

PR-Journal: Welche Bedeutung hat das Markenversprechen „Echte Liebe“

Esbietet uns Orientierung, auch wenn diese in der Außenwirkung durchaus mal weh tut. Ein Beispiel: Unser Trainingsgelände ist der Arbeitsplatz der Spieler. Dort – wie andere Klubs – ständig vor 5000 Besuchern zu arbeiten, würde das professionale, ungestörte Wirken der Trainer erschweren. Deshalb trainieren wir nur selten vor Fanmassen, obwohl das immer mal wieder kritisiert wird. Wir empfinden diese Philosophie als „echt“ und stehen dazu.

PR-Journal: Wie gehen Sie damit um, wenn Spieler auf eigene Faust kommunizieren?

Sascha Fligge: Es gibt klare Regeln, die für unsere Spieler längst eine Selbstverständlichkeit sind. Nichts Unabgestimmtes zu Vertragsdetails, keine Interna aus der Kabine oder zu Verletzungen. Immer den Respekt vor anderen Klubs, Menschen mit anderen Meinungen und anderem Glauben wahren. Dass derlei interne Regeln gut funktionieren, haben wir in der Krisensituation der letzten Saison (Tabellenletzter am 19. Spieltag, die Red.) wieder festgestellt. Trotz der enormen Belastung für alle ist es intern und extern sehr ruhig um den BVB geblieben. Es gab keinen Streit, keinen Aktionismus, keine Trainerentlassung, keine Medienkampagnen gegen uns. Eine gute Erfahrung.

PR-Journal: Was war aus Kommunikationssicht Ihre größte Herausforderung?

Sascha Fligge: Am Tag vor dem Champions League-Halbfinale gegen Real Madrid im April 2013 wurde der Transfer von Mario Götze zum FC Bayern München an den Boulevard lanciert. Da ist für alle Borussen eine Welt zusammengebrochen. Einer hat in dieser Aufregung kühlen Kopf bewahrt und die Emotionen in unvergleichlicher Weise vom Negativen ins Positiv-Kämpferische umgekehrt.

PR-Journal: Das war Sascha Fligge?

Sascha Fligge: Nein, das war Jürgen Klopp. Am nächsten Tag haben wir Real 4:1 geschlagen. Mario Götze war 90 Minuten lang kein Thema. Die Fans hatten großen Anteil am Sieg, sie haben sich voll auf die fußballerische Herausforderung eingelassen.

PR-Journal: Bemerken Sie elementare Unterschiede im Kommunikationsstil von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel?

Sascha Fligge: Die gibt es mit Sicherheit, alles andere wäre ein Wunder. Ich habe Thomas Tuchel – im Gegensatz zu vielem, was geschrieben wird – als sehr zugänglich, menschlich und strukturiert erlebt. Im jüngsten Trainingslager zum Beispiel hat er in Sachen Medienarbeit deutlich mehr gemacht, als wir für ihn vorgesehen hatten.

PR-Journal: Empfinden auch Sie „Echte Liebe“ zu Ihrem Job?

Sascha Fligge: Auf jeden Fall. Das tagesaktuelle Umgehen mit allem, was da draußen geschrieben, gebloggt, vermutet oder erfunden wird – das macht es so spannend. Im Kern geht es aber darum, dass der BVB keine Kunden im klassischen Sinne hat – er hat Fans, zehn Millionen alleine in Deutschland! Ehrlich gesagt: Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.

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