Kommentare Kerlikowskys Kommentar über... politische Possen und naive Narren

kerlikowsky1Guten Tag! Wir befinden uns nun in der Rezession. Sie ist wissenschaftlich definiert als Rückgang des Bruttoinlandprodukts in zwei Quartalen hintereinander. Die Wirtschaft schrumpfte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in zwei Quartalen jeweils um 0,5 Prozent. Müssen wir Deutschen nun, wie es die Engländer vormachen, in Vorgärten und auf Laubenpiepergrundstücken Gemüse statt Blumen pflanzen und vom Balkon wieder Tomaten ernten? Kommt, wie in England, das Stricken wieder in Mode? Werden, wie dort, Restaurantbesuche mit Freunden völlig gestrichen und diese nur noch nach Hause eingeladen?

Wenn die Medien, vor allem das Fernsehen, nicht jeden Aktienkursrückgang als Katastrophe darstellen würden und Politiker sich nicht in der Krise als Retter der Nation profilieren wollten, gäbe es keine Aufregung. Was ist schließlich passiert? Im zweiten Quartal gab es noch ein Wachstum von 1,7 Prozent, es war also größer als der Rückgang in den folgenden Quartalen.

Die Finanzkrise ist schließlich nicht erst gestern passiert. Die Autoindustrie leidet auch nicht erst seit den letzten zwei Quartalen daran, dass Käufer sich wegen hoher Spritpreise und der Unsicherheit über zukünftige Umweltvorschriften bzw. Steuerhöhen und eventuelle Pendlerpauschalen bei ihren Kaufentscheidungen zurückhalten. Geradezu lächerlich ist es, wie die Bundesregierung den Autoabsatz mit der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer für ein bis zwei Jahre ankurbeln will. Wer heute ein neues Auto kauft, der bekommt in der Regel fast 20 Prozent Rabatt, bei Auslaufmodellen sogar 30 Prozent. Was interessiert die Kraftfahrzeugsteuer?  Wie mit dem Wegfall der Kraftfahrzeugsteuer bei Neuwagen für ein oder zwei Jahre der Autoabsatz angekurbelt werden soll, ist ein Geheimnis. Da die Kraftfahrzeugsteuer bisher Ländersache ist, dürfte es ohnehin eine ganze Weile dauern, bis etwas - unnötig - passiert. 

Es leiden auch nicht alle Hersteller gleich stark. Audi meldet gerade, man würde das Ziel erreichen, in diesem Jahr erstmals über eine Million Fahrzeuge zu verkaufen. Auch in den USA gäbe es ein leichtes Plus von 0,3 Prozent. Renault meldet dagegen, dass ihre Tochtergesellschaft Dacia, die in Rumänien Billigautos herstellt, statt 310 000 nur 270 000 Fahrzeuge produzieren wird. Es ist also nicht unbedingt der Preis, der über den Kauf entscheidet. Die Politiker haben bei der Hilfe für die Autoindustrie vergessen, dass ein Großteil der Autoteile, seien es Karossen, Motoren oder elektrische Leitungen, in anderen Ländern produziert werden, und Käufer ausländischer Autos ebenfalls keine Kraftfahrzeugsteuer zahlen müssten. 

Seit dem 11.11. 11 Uhr 11 leben wir – zumindest in Teilen Deutschlands – in der närrischen Zeit. Mit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin scheinen viele Berufsnarren hier gelandet zu sein. Allerdings sind sie das ganze Jahr aktiv. Den Eindruck erhält man, wenn man sich den Aktionismus vieler Politiker betrachtet, die alle auf die Wahlen 2009 hin arbeiten. Dass Politiker nicht nur Aktionismus in Hinblick auf den Wahlkampf vollführen, das wünscht uns allen Ihr 

Horst Kerlikowsky
Berlin, 14. November 2008

Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus (Copyright: Dr. Horst Kerlikowsky): ETAGE Media Selection. Als Leser vom "PR-Journal"/"agenturcafé" können Sie kostenlos zum Kennenlernen drei Ausgaben von ETAGE MediaSelection über die E-Mail etage@pr-journal.de direkt formlos bestellen. Weitere Infos über ETAGE Publikationen und Kunst; Berlin, Telefon: (030) 3 27 52 10 oder (089) 39 02 12; Telefax: (030) 3 27 53 67; E-Mail: MediaSelection@t-online.de.

In dieser Woche außerdem in "Etage Media Selection":

Berlin: 60 Milliarden € Schulden schleppt die Stadt vor sich hin. Ein Grund sind die hohen
Kosten für überflüssige Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Doch die wird man nicht los.

EU-Perspektiven: Mit der Mittelmeerunion ist die EU auf dem Weg zu 43 Mitgliedsstaaten.
Bereits jetzt fließt viel Geld in die Kassen von Drittländern.

Seitennavigation