Autoren-Beiträge Autorinnenbeitrag: Die Greenwashing-Falle

Wie Unternehmen zu Nachhaltigkeit kommunizieren können, ohne zu viel zu versprechen

Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde. In der Öffentlichkeit nimmt das Thema einen immer höheren Stellenwert ein und hält Einzug in viele Lebensbereiche. Auch der Gesetzgeber greift Nachhaltigkeit auf: Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die EU-Taxonomie als Klassifizierungssystem für nachhaltiges Wirtschaften sind nur zwei von vielen Beispielen, wie Nachhaltigkeit zum Standard wird. Es wird damit zu einem Must-have für Unternehmen, das sich auch auf die Unternehmenskommunikation und auf das Marketing auswirkt.

Unternehmen müssen Nachhaltigkeit in ihrer Geschäftstätigkeit verankern, um sowohl den gesetzlichen Anforderungen als auch den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden. Das hat Folgen.

Unternehmen werden zukünftig stärker ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten öffentlich kommunizieren und auch intensiver damit werben als bisher. Diese Transparenz fordert nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Öffentlichkeit und die Verbraucherinnen und Verbraucher. Informationen zu Nachhaltigkeit halten daher verstärkt Einzug in alle Kommunikationsdisziplinen – angefangen von der internen Kommunikation, über PR, Social Media und klassische Werbung bis hin zu Event und Design.

Greenwashing oder Greenwishing steht schnell im Raum

Die Herausforderung besteht dabei darin, Nachhaltigkeit als komplexes Thema, bei dem es häufig auf Details und Fachwissen ankommt, auf prägnante und allgemeinverständliche Botschaften und kreative Claims herunterzubrechen. Daraus aber kann schnell ein Bumerang werden – auch wenn ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsaussagen in bester Absicht formuliert. Wenn nämlich ein Unternehmen etwas verspricht, was es nicht halten oder nicht belegen kann, steht schnell der Vorwurf des Greenwashing oder des Greenwishing im Raum.

Unter Greenwashing lassen sich Aussagen in der Kommunikation zusammenfassen, die Produkte, Services oder das gesamte Unternehmen als besonders umweltfreundlich, ethisch korrekt und fair handelnd darstellen, obwohl dem nicht so ist. Solche Aussagen sind selten Absicht, sondern können in der Praxis sehr leicht entstehen, wenn die Kommunikation Fachinformationen kürzt und Details weglässt.

Ähnlich verhält es sich mit Greenwishing. Die Nachhaltigkeitsbotschaften sind richtig formuliert, doch der tatsächliche positive Effekt der beworbenen Eigenschaften, Maßnahmen und Änderungen an einem Produkt oder bei einem Service ist entweder gering oder gar nicht vorhanden. Das kann zum Beispiel passieren, wenn die Daten- und Faktenlage über Ursache und Wirkung neuer Verfahren oder überarbeiteter Prozesse nicht ausreichend belegbar ist. Letztlich ist es einerlei, auf welche Art die Kommunikation zu viel verspricht. In all solchen Fällen ist der Ruf des Unternehmens oder der Wert einer Marke geschädigt.

Bußgelder können drohen

Zukünftig wird die Kommunikation zu Nachhaltigkeit noch stärker unter Beobachtung stehen. Denn die Europäische Union plant mit der Green Claims Directive einheitliche Regelungen für freiwillige Umweltaussagen zu schaffen und eine Methodik zu definieren, mit der umweltbezogene Aussagen zum ökologischen Fußabdruck von Produkten, Dienstleistungen und Unternehmen nachgewiesen werden müssen. Kommunizieren Unternehmen dann noch zu ungenau oder ohne beleg- und vergleichbare Fakten, sollen neben dem Reputationsschaden Bußgelder bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes drohen.

Um das Risiko für Greenwashing und Greenwishing möglichst gering zu halten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Nachhaltigkeitsbereich und der Unternehmenskommunikation entscheidend.

Nachhaltigkeitskommunikation braucht konkrete Fakten und Belege

Die Expertinnen und Experten aus dem Nachhaltigkeitsbereich liefern die Fakten zur Nachhaltigkeitsstrategie, zu den dazugehörigen Zielen und zu Nachhaltigkeitsmaßnahmen des Unternehmens. Sie können die Details und ihren Beitrag zu einem nachhaltigen Unternehmenshandeln am besten einordnen und einschätzen. Sie wissen auch, wie belastbar Daten und Fakten zu den Nachhaltigkeitsmaßnahmen tatsächlich sind. Denn Nachhaltigkeitskommunikation wird zukünftig nicht mehr ohne konkrete Fakten und Belege auskommen.

Die Unternehmenskommunikation und das Marketing bringen ihre Kommunikationsexpertise ein. Sie „übersetzen“ die zum Teil komplexen Themen und Fakten der Fachabteilung in Botschaften, mit denen das Unternehmen die verschiedenen Stakeholder zielgruppengerecht anspricht. Darüber hinaus sollten Marketing und Unternehmenskommunikation ein Auge darauf haben, wie die Botschaften zur bestehenden Positionierung des Unternehmens passen.

Dieses Zusammenspiel von Nachhaltigkeits- und Kommunikationsexperten schafft gute Voraussetzungen, um die Gratwanderung zwischen dem, was Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit tun, und dem, was sie darüber kommunizieren, zu meistern. Es kommt also auf die Balance zwischen dem Tun und Sagen an, und das schützt vor Greenwashing und Greenwishing.

Enger Schulterschluss zwischen Nachhaltigkeit und Kommunikation erforderlich

Soweit die ideale Welt. Die Realität sieht häufig anders aus. Unsere Erfahrung bei der Beratung von Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeitskommunikation zeigt, dass dieses Teamplay zwischen Nachhaltigkeitsbereich auf der einen und Marketing und Unternehmenskommunikation auf der anderen Seite noch nicht überall richtig eingespielt ist. Die oftmals mangelnde Zusammenarbeit kann dazu führen, dass Informationen verkürzt, ohne Kontext, wiedergegeben und Fakten zu absolut dargestellt werden oder Botschaften zu generisch formuliert sind. Hin und wieder kursieren innerhalb der verschiedenen Bereiche auch unterschiedliche und ungenaue Zahlenangaben zur Wirkung der beworbenen Eigenschaften, Maßnahmen und Änderungen am Produkt in Sachen Nachhaltigkeit. Ein enger Schulterschluss zwischen Nachhaltigkeit und Kommunikation kann solche Risiken reduzieren.

Als Agentur, die sowohl eine Nachhaltigkeitsberatung in ihrem Portfolio als auch Beratungsexpertise im Bereich Nachhaltigkeitskommunikation hat, sind wir häufig die Schnittstelle und Mittler zwischen den beiden Unternehmensbereichen und stellen einen adäquaten Austausch sicher. Dabei agiert einerseits unsere Nachhaltigkeitsberatung als Sparringspartner für den Nachhaltigkeitsbereich und berät unter anderem zu Nachhaltigkeitsstrategie sowie zu entsprechenden Maßnahmen und Zielen.

Ein „One fits all-approach” passt nicht

Andererseits erarbeiten unsere Experten für Nachhaltigkeitskommunikation, zusammen mit der Unternehmenskommunikation und dem Marketing eines Unternehmens die Kommunikationsstrategie, die Kernbotschaften und Kommunikations- und Marketingmaßnahmen zum Thema Nachhaltigkeit. Dabei übersetzen wir die komplexen Themen aus dem Nachhaltigkeitsbereich für die unterschiedlichen Zielgruppen des Unternehmens – angefangen bei der Belegschaft, über politische Entscheider und die Fachöffentlichkeit bis hin zu Konsumenten und der breiten Öffentlichkeit. Hier passt kein “one fits all-approach”, sondern wir schneiden die Nachhaltigkeitsthemen passgenau auf die Bedürfnisse der Zielgruppen zu und bereiten sie so zugänglich und relevant wie möglich auf.

Häufig sensibilisieren wir auch die Unternehmenskommunikation für mögliche Fallstricke, die bei der Kommunikation zu Nachhaltigkeit entstehen können, und schaffen ein Verständnis dafür, was zum Beispiel belegbare Fakten, Nachweise und konkrete Ziele im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit bedeuten. Das heißt auch, dass wir Angaben genau hinterfragen und von unserer Nachhaltigkeitsberatung zum Beispiel mit den gesetzlichen Anforderungen abgleichen oder mit Branchenstandards vergleichen lassen, bevor wir sie kommunizieren. Das schafft Sicherheit. Häufig gelingt es uns auch, mit unserer engen Zusammenarbeit zwischen unseren Nachhaltigkeits- und Kommunikationsexperten die Silos oder Barrieren in Unternehmen zwischen diesen Bereichen aufzuweichen und dem Unternehmen so in seiner Weiterentwicklung zu helfen.

Über die Autorin: Dr. Ellen Dietzsch leitet den Standort von Scholz & Friends in Stuttgart. Sie berät Kunden aus verschiedenen Branchen zu Nachhaltigkeits- und Transformationskommunikation. Zuvor verantwortete Ellen Dietzsch verschiedene Bereiche der Unternehmenskommunikation und im Marketing eines Großkonzerns. Sie hat nebenberuflich zum Thema Compliance und Reputation promoviert. 2022 erschien ihre Dissertation als Buch mit dem Titel „Compliance als Treiber von Reputation“.

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