Kommentare Schebens PRJ-Kolumne „Salz“: Wenn der Ortsverein die Regierung bestimmt

schebenmathias-2010Hätte Gabriel nachgedacht oder hätte er sich zuvor beraten lassen, dann müsste er jetzt nicht um Amt und Würde bangen: Hat er doch mit seiner SPD-Basisdemokratie zum Koalitionsvertrag entschieden, dass in den Ortsvereinen seiner Partei über das deutsche Wohl und Wehe und nicht zuletzt auch über Weltpolitik entschieden wird. Unter Ausschluss von 61,3 Millionen Wahlberechtigten.
Die Kommunikation der SPD-Führung geht so: In Bochum-Hattingen, Köln-Nippes und überall in den SPD-Stuben der Bundesrepublik geht es nun darum, ob genug „SPD-Handschrift“ im Koalitionsvertrag ist, es geht aber auch um ideologische Macht und persönliche Machtgelüste, und vermeintlich auch um sozialdemokratische Ehre. Ob die „Handschrift“ Taugliches geschrieben hat, darüber findet ein Diskurs nicht statt. Die SPD-Aktion ist also eine Farce.

Man muss sich die Tatsache so vor Augen halten: Von 61,8 Millionen Wahlberechtigten haben rund 72 Prozent gewählt, davon rund ein Viertel die SPD. Es waren aber viel zu wenige Stimmen, um die Partei in die alleinige Regierungsmacht zu befördern. Mehr noch, die SPD hatte ein Ergebnis, das sie in die Opposition nötigt. Nun drängelt diese Partei gleichwohl an den Wahlgewinnern herum, um „adabei“ zu sein. Ob es dazu kommen wird, das entscheiden aber für Deutschland am Ende 100.000 Menschen: Etwa 500.000 Mitglieder hat die SPD, Gabriel reicht ein Quorum von 20 Prozent. So pervertiert man Demokratie. Die Befragung der SPD-Mitglieder ist im Grunde nichts anderes als eine Neuwahl unter Ausschluss der großen Mehrheit der Wahlberechtigten. Oder der Vorlauf für wirklich demokratisch legitimierte Neuwahlen.
Mathias Scheben (Foto), Kommunikationsberater, Andernach, http://www.scheben-kom.de/

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