Kommentare Welcher Fachkräftemangel? Viele Chefs würden sich gerne von Mitarbeitern trennen

weinberghelgeWenn ein Unternehmen das eigene Führungskonzept nicht wohlwollend-kritisch auf den Prüfstand stellt, wenn es seine Mitarbeiter für untauglich hält – und die Führungskräfte im Umkehrschluss für sehr tauglich, dann kann Employer Branding für dieses Unternehmen nicht funktionieren.
Vorgesetzte sehen sich als Vorbild: Warum ich das schreibe? Weil sich laut einer Pressemitteilung der Unternehmensberatung Baumann rund 60 Prozent der Vorgesetzten in deutschen Unternehmen gerne von einem Teil ihrer Mitarbeiter trennen würden. Nicht einmal die Hälfte der Manager glaubt, über die richtigen Mitarbeiter zu verfügen, um ihre Zielvorgaben zu erreichen. Ein Großteil der Führungskräfte neigt zu einem sehr positiven Selbstbild. Acht von zehn Vorgesetzten sehen sich als Vorbild für ihre Mitarbeiter. Soweit die Aussagen von Baumann.

Es gibt sehr viele Studien über die Erwartungen von Bewerbern und Mitarbeitern an die Arbeitgeber. Laut dem Young Professional Barometer 2014 des trendence Instituts beispielsweise wollen 59 Prozent der Young Professionals in den kommenden zwei Jahren ihren Job wechseln. Darüber hatte ich unlängst in meinen Blog geschrieben. Zitat: „Am unzufriedensten sind die Young Professionals bei ihrem jetzigen Arbeitgeber mit dem Gehalt, es folgen die Karriereperspektiven, aber auch der Führungsstil“, so Annekatrin Buhl von trendence.

Der Führungsstil ist ein Hauptgrund für Kündigungen
Wenn es einen Grund gibt, warum Menschen ein Unternehmen verlassen, dann ist es der Führungsstil. Auch für PR-Schaffende spielt Führung eine wesentliche Rolle, siehe PR Karrierebarometer 2014. In den Unternehmen scheinen immer noch die Führungskräfte in der Überzahl zu sein, die sich völlig unreflektiert als Vorbilder sehen. Sie alle sollten sich einmal den Gallup Engagement Index anschauen und dann gründlich nachdenken. Die Mitarbeiter sollte man austauschen? Das ist ein Luxus in Zeiten des Fachkräftemangels. Dieser Mangel scheint bei vielen Führungskräften mental noch nicht verankert zu sein.

57 Prozent der Young Professionals erhielten Jobangebote anderer Unternehmen
Ein weiteres Zitat aus meinem Bericht zum Young Professional Barometer: „57 Prozent der Befragten bekamen in den letzten zwölf Monaten von anderen Unternehmen ein Jobangebot unterbreitet? Wenn man das als Unternehmer liest, dann sollten die Alarmglocken angehen. Das scheint nicht der Fall, sonst würden die meisten Unternehmen eine Employer Branding-Kampagne fahren, neue Führungskonzepte einführen und Personalbindungsprogramme auflegen. Das tun auch gar nicht so wenige Unternehmen, doch die große Masse scheint noch abzuwarten.”

Employer Branding bringt nichts?
Ich muss zugeben, mit der letzten Aussage könnte ich mich getäuscht haben. Denn die große Masse scheint nicht abzuwarten, die gibt schon wieder auf. Dies zumindest scheint eine Studie von LinkedIn anzudeuten. Laut den Global Recruiting Trends 2014 klagen Unternehmen darüber, dass Employer Branding gleichzeitig Priorität und Sorgenkind Nummer Eins unter Personalern sei. Gegenüber 2013 sei das uneingeschränkte Vertrauen in das Konzept um fast zehn Prozent gesunken (von 84 auf 75 Prozent).

Ohne Veränderungen im Unternehmen wirken Arbeitgebermarken oft nicht. Das Vertrauen der Personaler in Employer Branding sinkt, weil es am Willen zur Veränderung fehlt. Eine Arbeitgebermarke wird von innen aufgebaut und von innen getragen. In dem Zusammenhang spielt die Führungskultur eine wichtige Rolle. Hier würde ich den Führungskräften mehr Selbstreflexion und den Personalern mehr Mut wünschen.

Über den Autor: Helge Weinberg ist Berater, Blogger und Journalist aus Hamburg. Seine Agentur Strategie & Kommunikation ist spezialisiert auf Strategische Kommunikation und Arbeitgeberkommunikation. Über diese Themen schreibt er in seinem Blog sowie als Korrespondent Hamburg / Norddeutschland des „PR-Journals“ und in anderen Medien.

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