PR-Historie History Coms zahlt auf Kommunikationsziele ein

„Es geschah im Städtchen Werther anno 1909. Dort schuf der Zuckerbäcker Gustav Nebel auf der Höhe seines Könnens sein bestes Bonbon.“ So bewirbt ein bekannter Süßwarenhersteller auf der Produktseite und auf der Verpackung die bekannten Lutschbonbons, die bei nicht wenigen auch mit Kindheitserinnerungen verbunden sind. Der Geschichtsbezug zum angeblichen Ort der Erfindung ist sogar in die Produktmarke eingeschrieben. Ein Beispiel für History Marketing, also die Verwendung von Bezügen zur Unternehmensgeschichte in der Marketingkommunikation.

Das Zielehaus Geschichtskommunikation macht ihren Wertschöpfungsbeitrag sichtbar – und gibt auf der Rückseite Hinweise zur Erfolgsmessung. (© CC-BY-ND 3.0 DE *) Der Downloadlink steht im Text.

Doch Geschichte ist kein Thema, wie jedes andere. Die reine Fokussierung auf die Sonnenseiten der Historie wird der Verantwortung nicht gerecht, die ein sorgsamer Umgang mit der Firmengeschichte fordert. Denn viele Unternehmen – gerade die besonders alten – blicken auch auf dunkle Kapitel der Unternehmenshistorie zurück. Hier sei beispielsweise an Verbrechen der NS-Zeit gedacht. Eine bevölkerungsrepräsentative Studie des Center for History & Corporate Communication hatte ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland mit Blick auf diese Themen Aufarbeitung und transparenten Umgang erwartet. Es zeigt sich, dass der ‚Instrumentenkasten‘ der Marketingkommunikation hier schlicht nicht ausreicht. Es braucht ein breites, integriertes Kommunikationsverständnis, um den kommunikativen Aufgaben rund um die Kommunikation der Geschichte gerecht zu werden.

Dieses breite Kommunikationsverständnis wird erstmals im jüngst vorgestellten Zielehaus Geschichtskommunikation sichtbar gemacht. Es ist ein Vorgriff auf eine umfassende Publikation zum Thema, die in einem umfassenden Band von Professor em. Günter Bentele (Universität Leipzig) und mir unter dem Titel ‚Geschichte (in) der Unternehmenskommunikation‘ im Frühjahr 2024 bei Springer VS erscheinen wird und entstand unter anderem auch unter Beteiligung von Expertinnen und Experten aus der Agentur- und Unternehmenspraxis beim #HistoryComms-Roundtable zu Wertschöpfung in Corporate History Communication im März 2023 in München. Dieser wurde gemeinsam mit dem Praxis-Netzwerk Corporate History Communication organisiert.

In Anlehnung an das in der Kommunikation bereits bewährte Strategiehaus werden Ziele und Wirkungen der Kommunikation mit Bezug auf die Unternehmensgeschichte systematisiert. Geschichtskommunikation (im Praxisdiskurs auch Corporate History Communication) wird dabei nicht als eigene ‚Sparte‘ der Kommunikation beschrieben, sondern als Querschnittsthema der Kommunikation systematisiert. Es ist dabei hingegen nicht alleine Domäne der Kommunikation, sondern auf die enge Kooperation mit der (angewandten) Geschichtswissenschaft und Archiven angewiesen, damit die beschriebenen Fakten auch verlässlich sind und stimmen.

Ist das der Fall kann Kommunikation mit historischen Themen auf zahlreiche Ziele der Kommunikation einzahlen:

  • So etwa auf Identifikation und Motivation in der Internen Kommunikation. Kaum ein Thema dürfte so sehr geeignet sein, die Kultur eines Unternehmens und Kernwerte, ja den Purpose, so überzeugend zu vermitteln, wie belegbare Verweise auf die Unternehmensgeschichte und dies zuallererst gegenüber den Mitarbeitenden.
  • Mit einem sorgsamen Umgang mit Fehlern und Verfehlungen in der Vergangenheit lässt sich die Verantwortungsbereitschaft signalisieren und zur Legitimation in der gesellschaftsorientierten Kommunikation / PR beitragen. Auch bereits in der Vergangenheit gezeigtes, verantwortungsvolles Handeln, etwa in Bezug auf die Umwelt, lässt sich glaubwürdig kommunizieren.
  • Und zu guter letzte muss natürlich auch auf Geschichtsbezugnahmen in der Marketingkommunikation eingegangen werden: Sie sind probates Mittel, Produkte und Unternehmen im Wettbewerb zu differenzieren und ihre Einzigartigkeit herauszustellen. Gerade nostalgische Gefühle – denken wir an die Kindheitserinnerungen um das Sahnebonbon – sind geeignet, eine hohe emotionale Markenbindung herzustellen, in anderen Branchen werden sogar höhere Produktpreise durch die historische Aufladung der Produkte erzielt.

Eine Übersicht, welche Kommunikationsziele erreichbar sind (unterteilt in Wissens-, Einstellungs- und Verhaltensziele), wie diese auf Unternehmensziele einzahlen können und wie man diese im Kommunikationscontrolling messen kann, gibt des Zielehaus Geschichtskommunikation, das auf der Website des Center for History & Corporate Communication zum Download zur Verfügung steht.

* = Ergänzung zum Copyright: Netzwerk CHC in Kooperation mit dem Center for History & Corporate Communication in Anlehnung an Krebber 2024

Über den Autor: Felix Krebber ist Professor für Unternehmenskommunikation an der Business School der Hochschule Pforzheim und leitet gemeinsam mit Professor em. Günter Bentele (Universität Leipzig) das Center for History & Corporate Communication – eine Initiative der Günter-Thiele-Stiftung für Kommunikation und Management. Das Center forscht zur Kommunikations-Berufsfeldgeschichte und zur Kommunikation der Unternehmensgeschichte.

Seitennavigation