Studien Studie: BMW-Chef Reithofer hält verständlichste Reden im DAX-Vergleich

Reithofer-Norbert BMW-VorstandBrettschneider Frank UniversitaetHohenheimGanze Heerscharen von Referenten und Sekretärinnen sind nicht nur in Deutschland damit beschäftigt, ihre Vorstandschefs zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass diese gute Auftritte in der Öffentlichkeit hinlegen. Dazu gehört auch die Vorbereitung von Reden. Doch wie erfolgreich ist diese Arbeit? Wie misst sich der Erfolg? – Frank Brettschneider (Foto rechts), Professor und Forscher am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim, liefert Jahr für Jahr Antworten. Er hat mit seinem Forschungsteam herausgefunden, dass BMW-Chef Norbert Reithofer (Foto links) die formal verständlichste Rede auf einer Hauptversammlung gehalten hat. Auf einem Verständlichkeits-Index hat Reithofer den Wert 18,4 erreicht. Damit führt er diese Rangliste der Vorstandschefs der DAX-30-Unternehmen an. An zweiter Stelle liegt der Vorstandsvorsitzende von Fresenius SE, Ulf M. Schneider (17,7). Er hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert. Ebenfalls deutlich verbessert ist die Verständlichkeit der Rede von Frank Appel (Deutsche Post). Er liegt zusammen mit RWE-Chef Peter Terium auf Platz 3.

Auf den Plätzen fünf bis zehn folgen Timotheus Höttges (Telekom), Elmar Degenhart (Continental), Martin Blessing (Comerzbank), Kurt Bock (BASF), Dieter Zetsche (Daimler) und Herbert Hainer (adidas).

Verständlichkeits-Index
Mit Hilfe einer speziellen Verständlichkeits-Software berechnen die Hohenheimer Wissenschaftler den Verständlichkeits-Index. Er reicht von 0 (formal unverständlich) bis 20 (formal sehr verständlich). Anhand der Rede-Manuskripte ermittelt die Software zahlreiche Wort- und Satzmerkmale, u.a.: durchschnittliche Satzlänge, Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern, Anteil der Schachtelsätze und der Sätze mit mehr als zwei Informationseinheiten, Anteil der Passiv-Sätze, durchschnittliche Wortlänge, Anteil abstrakter Substantive, Anteil Fremdwörter, Anteil der Wörter aus dem Grundwortschatz. Untersucht wurden die CEO-Reden auf den Hauptversammlungen der DAX-30-Unternehmen. Wenn zwei CEOs Reden für ein Unternehmen gehalten haben, wurde die längere Rede analysiert.

Veränderungen gegenüber 2013
Der Durchschnittswert aller Reden hat sich im Vergleich zu 2012 und zu 2013 verbessert: von 9,8 (2012) über 11,6 (2013) auf 12,3 (2014). Zehn CEOs hielten verständlichere Reden als vor einem Jahr, bei neun Reden war die Verständlichkeit unverändert. Verschlechtert hat sich Verständlichkeit von sieben CEOs. Drei CEOs sind neu im Ranking. Alles in allem zieht Brettschneider das Fazit: „Mehr Vorstandsvorsitzende als im Vorjahr haben Reden gehalten, die sich nicht nur an institutionelle Anleger, Analysten sowie Finanz- und Wirtschaftsexperten gerichtet haben. Sie haben stattdessen die Hauptversammlung für Reden genutzt, die auch für eine breitere Öffentlichkeit verständlich sind. Für den Auf- und Ausbau von Reputation ist dies sinnvoll.“

Verpasste Chancen
Einige Vorstandsvorsitzende verschenken nach Meinung der Hohenheimer Forscher die Chance, mit ihren Reden eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Gelegentlich könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, als wäre die Rede auf der Hauptversammlung ein lästiger oder unangenehmer Pflichttermin. Die formal unverständlichste Rede hielt der Vorstandsvorsitzende der Linde AG, Wolfgang Reitzle. Er erreichte lediglich einen Wert von 6,7 auf dem Verständlichkeits-Index. Auf dem vorletzten Platz liegt der Vorstandsvorsitzende der Allianz SE, Michael Diekmann (7,7). Nicht viel besser schnitt Stefan F. Heidenreich (Beiersdorf) ab (8,0).

Verständlichkeits-Hürden
Die wesentlichen Verständlichkeits-Hürden sind Bandwurmsätze, abstrakte Begriffe, zusammengesetzte Wörter und nicht erklärte Fachbegriffe. Zusammengenommen ergibt sich dann Kauderwelsch statt Klartext. Dabei gilt: Nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen. Daher sollten einige Grundregeln für verständliche Reden eingehalten werden: kurze Sätze, gebräuchliche Begriffe, Fachbegriffe übersetzen und zusammengesetzte Wörter möglichst vermeiden.

Wort-Beispiele
Begriffe wie „Underwriter“ oder „Shared-Service-Organisationen“ sind zwar für ein Fachpublikum verständlich, nicht aber für die breite Öffentlichkeit. Auch zusammengesetzte Wörter wie „Ergebnisabführungsverträge“ oder „Bruttoergebnisverbesserungen“ erschweren das Verständnis.
Weitere Informationen direkt auf der Website der Universität Hohenheim.

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