PRJ-Archiv Scheben’s Sachverständigenkolumne (III): Ortstermin und Umgang mit dem Sachverständigen

PR-Alltag: Wenn zwei sich streiten...

Manch fröhlich begonnene Zusammenarbeit von Kunde und PR-Berater oder PR-Agentur endet im Streit und letztlich vor Gericht. Wenn Sachfragen nur durch einen Dialog vorab und durch Besichtigungen vor Ort gelöst werden können, dann kommt es zum Ortstermin. So treffen die Streithähne und ihre Anwälte einmal mehr aufeinander, ob sie es wollen oder nicht.

Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man ‘nen Arbeitskreis. Im Falle der Beantwortung von richterlichen Beweisfragen wird daraus ein Ortstermin, zu dem der Gutachter die Parteien lädt. Das Treffen kann im Büro des Sachverständigen stattfinden, wird aber, dem Zwecke dienend, meistens in den Räumlichkeiten einer der Parteien anberaumt. Denn dort ist das zur Verfügung, was zur Klärung offener Fragen von Nöten ist: Protokolle, Akten, Arbeitsbeispiele und andere Unterlagen.

Der Ortstermin ist kein Gerichtstermin, sondern gilt als Vorbereitungsmaßnahme für das Gutachten. Meist kümmert sich demnach nicht das Gericht um Ort und Tag des Treffens, sondern überläßt derlei dem beauftragten Sachverständigen. Der muss darauf achten, beide Parteien formvollendet, also über deren Anwälte und wenigstens zwei Wochen vor Termin,  einzuladen. Die Anwälte und Vertreter haben ein Anwesenheitsrecht, müssen aber nicht dabei sein.  Erscheint eine Partei trotz vorschriftsmäßiger Einladung nicht zum Termin, kann das Treffen gleichwohl stattfinden. 

Sitzt man nun so beieinander, dann geht es alleine um die Beantwortung der Beweisfragen, die das Gericht dem Sachverständigen aufgetragen hat. Zu Plaudereien darüber hinaus wird nicht geraten, denn sie machen den Sachverständigen und sein späteres Gutachten anfechtbar. Der Sachverständige sollte auch zu keiner Zeit mit einer der Parteien alleine sprechen, und schon gar nicht mit einem Prozessbeteiligten im Auto mitfahren oder sich den Aktenkoffer tragen lassen.

Damit beim Ortstermin nicht zuviel emotionaler Krampf den Zwang zum Konstruktiven überdeckt, achte ich stets darauf, dass die Parteien zu einer erträglichen Stimmung finden. Da darf man zu Beginn auch mal allgemein, und ohne besondere Zuwendung zu der einen oder anderen Partei, über die Anfahrt, das Wetter oder das kranke Kind sprechen.

Manche Partei versucht, den Sachverständigen mit Argumenten und Akten für sich einzunehmen, die mit der Beweisfrage nichts zu tun haben. Da bleibt der Gutachter unbedingt bei seinem Gerichtsauftrag und bezieht sich alleine auf die Beweisfragen. Der Sachverständige ist jederzeit unbedingter "Herr“ des Ortstermins, er bestimmt über Anfang, Ablauf und Ende der Besprechung. Ein Protokoll erstellt der Gutachter nicht, ihm reichen persönliche Notizen. Zwangsmaßnahmen darf er im übrigen keine einleiten, etwa wenn ein großer Hund den Zugang zum Büro versperrt oder eine Partei sich partout weigert, einen Ortstermin wahrzunehmen. Dann muss er das Gericht benachrichtigen und weitere Weisung abwarten. Das aber wird über mutwillig bewirkte Verzögerungen nicht glücklich sein.

Dipl. oec. Mathias Scheben
Von der IHK zu Koblenz öffentlich bestellter
und vereidigter Sachverständiger für
Beratungs- und Gestaltungsleistungen,
Leistungshonorierung in der
Unternehmenskommunikation
(
www.pr-sachverstaendiger.de)


In der 4. Folge: Der Sachverständige als privater Schlichter

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