PRJ-Archiv Scheben's Sachverständigen-Kolumne (IV): Der Sachverständige als privater Schlichter

PR-Alltag: Wenn zwei sich streiten...

Foto: SchebenManch fröhlich begonnene Zusammenarbeit von Kunde und PR-Berater oder PR-Agentur endet im Streit und letztlich vor Gericht. Streit kann sein, Gerichtstermin muss nicht sein: Wenn die Gegner nicht sofort ihre Anwälte aufeinander ansetzen und sich statt dessen privat auf einen Schlichter einigen, kann der Konflikt vielleicht schneller bereinigt und billiger beigelegt werden.

Jeder Kunde und jede PR-Agentur kann sich einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen anheuern, und natürlich jeden anderen Menschen mit (Sach-) Verstand, dem man Expertise zutraut und auch anderweitig Vertrauen schenkt. Der Auftrag für ein schriftliches Gutachten zum Zwecke der Schlichtung wird in aller Regel nach Werkvertragsrecht (§ 631 Abs. 2 BGB) ausgehandelt, die Honorarhöhe ist gesetzlich nicht begrenzt. Pauschalvereinbarungen sind ebenso zulässig wie Berechnung nach Zeitaufwand. Auslagen werden gesondert erstattet. Normalerweise teilen sich die Streithähne diese Kosten, andere Vereinbarungen sind denkbar. Art und Umfang des Schlichtungsauftrags sind möglichst präzise und am besten schriftlich festzulegen.

Natürlich muss die Schlichtung objektiv erfolgen. Die vom Sachverständigen geforderte Neutralität schließt es aber nicht aus, dass er einen der Auftraggeber in anderer Sache bereits beraten hat oder berät. Vertrauen ehrt...

Eine Schlichtung kann als schriftliches Gutachten daherkommen oder im persönlichen Gespräch "zu Dritt“ versucht werden. Der Erfolg der Bemühung ist dabei nicht garantiert, das Honorar bekommt der Sachverständige gleichwohl. Die Schlichtung oder das Gutachten selbst sind das "Werk“, nicht der Erfolg des Werks. Denn schließlich müssen beide Gegner zustimmen. Und das liegt nicht im Ermessen des Gutachters. Wer als Schlichter bemüht wird und Zweifeln vorbauen will, schließt zumal vor mündlichen Schlichtungsversuchen einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) ab; denn da geht’s nur um die Leistung versprochener Dienste.

Vorsicht ist auch bei den Auftraggebern angebracht: Der Versuch, einen Gerichtsprozess zu vermeiden, birgt für den PR-Berater wie auch für dessen Kunden ein durchaus beträchtliches Risiko. Kommt nämlich ein Einverständnis nicht zustande, bleibt am Ende doch nur die Klage. Und dann wird’s für die Beteiligten theoretisch doppelt teuer – auf jeden Fall für den, der am Ende vor Gericht verliert.

Dipl. oec. Mathias Scheben
Von der IHK zu Koblenz öffentlich bestellter
und vereidigter Sachverständiger für
Beratungs- und Gestaltungsleistungen,
Leistungshonorierung in der
Unternehmenskommunikation
www.pr-sachverstaendiger.de


In der 5. Folge: Was Prozessgegner vor Gericht alles falsch machen

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