Autoren-Beiträge Die Verantwortung von Social CEOs als Meinungsbildner

Darf eine Vorständin oder ein Geschäftsführer in politisch unruhigen Zeiten schweigen? Gibt es umgekehrt eine Verpflichtung, sich für bestimmte Anliegen zu zeigen und zu engagieren? Gerade in den vergangenen Wochen waren die Rufe nicht zu überhören: Zu wenige CEOs und Vorstände äußerten sich eindeutig politisch, zu wenige bezögen Stellung. Es sei die Verpflichtung solcher exponierten Persönlichkeiten, Stellung zu beziehen.

Kerstin Hoffmann hat sich in ihrem neuen Buch mit der Rolle des „Social Ceo“ beschäftigt. (Foto: Ira Ingenpaß)

Zunächst einmal: Niemand kann gezwungen oder auch nur moralisch unter Druck gesetzt werden, sich in irgendeiner Weise zu äußern. Andererseits können sich besonders einflussreiche Meinungsbildner auch nicht einfach damit herausreden, sie seien halt privat und unpolitisch unterwegs. Top-Managerinnen und andere Führungskräfte sind immer auch Vorbilder für Werte, innerhalb der Unternehmenskultur, aber auch darüber hinaus. Zumindest gesellschaftspolitisch haben sie eine Stimme, ob sie wollen oder nicht.

Zum Begriff „Social CEO“
Vom Titel zum Genre: Heute steht der Begriff „Social CEO“ nicht mehr allein für das, was in der Wirtschaftssprache strenggenommen als CEO (Chief Executive Officer) bezeichnet wird. Der Begriff hat sich zur übergeordneten, prägnanten Bezeichnung für alle Top-Manager und Führungskräfte eingebürgert, die sich in digitalen Medien sichtbar machen und persönlich engagieren. So ist er auch in diesem Beitrag zu verstehen.

Zuallererst: Vorbild in Sachen Werte

CEOs sind vor allem oberste Diener des Unternehmens. Sie sind verantwortlich für die Führung der Organisation, die Umsetzung der Strategie und vertreten deren Interessen sowie die Interessen der Shareholder. Was sie tun und sagen, wirkt sich auf die Marke, auf den Unternehmenserfolg aus. Die Wirkung selbst beiläufiger Äußerungen steigt mit ihrer Reichweite. Damit steigt auch die Verantwortung, auch und gerade der Belegschaft gegenüber. Dies erfordert die Bereitschaft, im öffentlichen Auftreten die Belange des Unternehmens über die eigenen zu stellen. Werteorientierung und Führungskultur sind entscheidend für den Unternehmenserfolg, weil sie nicht nur darüber entscheiden, wer sich bewirbt, sondern wie bestehende Mitarbeitende sich engagieren. Kundinnen und Kunden sowie viele weitere Stakeholder wollen heute mehr über die Unternehmen wissen, mit denen sie interagieren.

CEOs werden nicht nur an ihren Inhalten gemessen, sondern auch daran, wie sie kommunizieren; mit welcher sozialen und menschlichen Kompetenz sie interagieren; für welche Werte sie stehen; ob das, was sie behaupten zu vertreten, tatsächlich mit den Unternehmenswerten übereinstimmt. Daher können und sollten sich Social CEOs nicht nur Gedanken über eine möglichst positive Außenwirkung machen. Ein opportunistisches Sich-Verbiegen oder Sich-selbst-den-Mund-Verbieten, um jeden Schaden abzuwenden, das passt nicht zu einer Führungskraft im wahren Sinne des Wortes.

Verantwortung braucht Unterstützung

Aus den Unternehmenswerten und den persönlichen Werten lassen sich logischerweise auch (gesellschafts-)politische Positionen ableiten. CEOs können nicht nicht kommunizieren. Wenn sie schweigen, wo eindeutig ein klares Einstehen für Werte gefragt ist, dann ist das auch eine Aussage. Das bedeutet nicht automatisch, dass sich jede Führungskraft tagespolitisch äußern müsste. Aber es bedeutet zumindest, dass sie sich nicht einfach heraushalten können, wo Haltung gefragt ist.

Doch jemand, der oder die mit persönlichen Profilen in sozialen Netzwerken auftritt, macht sich immer auch persönlich angreifbar im direkten, zumindest digitalen Kontakt. Daher gilt es, sehr sorgfältig die eigene Position zu reflektieren; nicht zu spontan und rein taktisch zu handeln, sondern reflektiert in einem größeren strategischen Zusammenhang. Alleingänge sind zu vermeiden.

Umfassende Unterstützung muss gegeben sein, dazu gehört eine enge Anbindung an die Gesamtkommunikation inklusive der vorbeugenden Krisenkommunikation. Aus der Kommunikationsabteilung sollte mindestens eine Sparringspartnerin oder ein Sparringspartner zur Verfügung stehen.

Auch ein Thought Leader ist und bleibt Mensch

Erst wenn die persönliche Unternehmensstrategie sorgfältig erarbeitet ist, wenn die Werte klar sind, wenn die Betreffenden sich über die angestrebte eigene Autorität ­– man könnte auch sagen: Thought Leadership – in Sachen Werte und Themen klar sind und wenn die entsprechenden Strukturen in der Unterstützung und Begleitung gesichert sind: Dann wird klar, wie die betreffende Person sich äußert, wie sie sich in ihrem Umfeld und in größeren Kontexten positioniert und wie sie mit Reaktionen auf ihre Äußerungen umgeht.

Das eigentlich Entscheidende besteht dabei darin, sich bei aller strategischen Ausrichtung die Spontaneität und vor allem die Echtheit zu bewahren – denn ein Social CEO ist mit seinen oder ihren Accounts kein Sprachrohr für irgendwen oder irgendetwas. Sondern ein Mensch, der mit anderen Menschen interagiert und für etwas einsteht, von dem er überzeugt ist.

Social CEO Buchcover Autorin HoffmannÜber die Autorin: Dr. Kerstin Hoffmann hat für den Text Teile aus verschiedenen Kapiteln ihres neuen Buchs verwendet, aber auch Neues hinzugeschrieben. Das Buch trägt den Titel „Social CEO“. Darin erklärt sie, was es bedeutet, als prominente Markenbotschafter im Rampenlicht zu stehen. Hoffmann liefert Hintergrund, praxisorientiertes Wissen und eine Methodik für den Reputationsaufbau und die (nicht nur) digitale Kommunikation exponierter Persönlichkeiten. Es führt vom „Warum“ zum „Wie“, von der Relevanz über die strategische Entwicklung bis zur erfolgreichen Umsetzung. Mit detaillierten Plänen, hilfreichen Tools und Checklisten.

Titel: Social CEO. Strategien für Führungskräfte als Corporate Influencer; Autorin: Dr. Kerstin Hoffmann; Verlag: Haufe Group, Freiburg 2024; Umfang: 220 Seiten; Preis: 44,99 Euro; ISBN 978-3-648-17550-7

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