Autoren-Beiträge Hunter? Farmer? Agenturen, werdet bessere Sales-Storyteller!

Agenturen und Beratungen, die aus eigener Kraft organisch wachsen und Kunden gewinnen wollen, verstehen sich entweder als „Farmer“ oder als „Hunter“ oder beides. Doch Agenturleistungen sind grundsätzlich austauschbar. Eine besondere, unverwechselbare Sales-Story ist für den Agenturerfolg wichtiger denn je.

Baris Calisan: „Differenzierung im Agenturmarketing ist der erste Schritt von Push- zu Pull-Vertrieb.“ (Foto: In Puncto Position)

„Kundenverständniskompetenz“ ist nicht gleich Verkaufen-Können

„Wir verstehen die Bedürfnisse unserer Kunden“: Ein eherner Grundsatz, den nachgerade jede Agentur für sich beansprucht und der sich so oder so ähnlich auf fast jeder Agenturwebsite in Textform wiederfindet. Aber PR-Kunden sind heute informierter und anspruchsvoller als je zuvor und lassen sich immer weniger mit den branchenüblichen Floskeln und -phrasen gewinnen. Um sich überhaupt Gehör zu verschaffen und die eigenen Leistungen besser vermarkten zu können, sollten Agenturen ihre „Kundenverständniskompetenz“ in eine passende und packende Sales-Story übersetzen und für den Agenturvertrieb nutzbar machen.

„Hunter“ sind ständig auf der Suche nach neuen Vertriebsmöglichkeiten, nutzen unterschiedliche Vertriebskanäle und scheuen sich nicht vor der direkten Kundenansprache (vulgo Kaltakquise). Dagegen sind „Farmer“ diejenigen, die Kundenkontakte und -beziehungen über einen langen Zeitraum aufbauen und kontinuierlich pflegen. So weit die Theorie. In der gelebten Agenturpraxis sind beide Sales-Philosophien nicht selten bei ein und derselben vertriebsverantwortlichen Person anzutreffen, wobei je nach Verkaufssituation und -kontext mal die eine, mal die andere Vertriebsmentalität deutlicher zum Vorschein tritt.

Wie Agenturen aus der „Austauschbarkeitsfalle“ herauskommen können

Am Ende zählt der Vertriebserfolg und im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Agentur aus eigener Kraft und mit den eigenen (häufig knapp bemessenen) Ressourcen neue Agenturkunden gewinnen kann. Daher sind neue Vertriebswege gefragt, die erfolgversprechend sind und sich nach den individuellen Möglichkeiten und Kapazitäten der jeweiligen Agentur richten.

Wachstumsorientierte PR-Agenturen sehen sich grundsätzlich zwei Fragestellungen gegenüber:

  1. PR-Kunden sind heute in agenturspezifischen Themen tendenziell wesentlich informierter und professionalisierter als früher und können die Qualität, den Nutzen und den Aufwand von PR-Leistungen besser einschätzen.
  2. Viele PR-Agenturen stecken wegen vergleichbarer Dienstleistungen in der „Austauschbarkeitsfalle“. Eine Differenzierung zu den direkten Wettbewerbern (der Peer Group) fällt immer schwerer und echte Alleinstellungsmerkmale bezogen auf den Kundennutzen (Unique Selling Propositions; USPs) sind sowieso sehr selten.

Ob Hunting oder Farming: Beim Sales kommt es stets darauf an, sich von den Wettbewerbern und deren Produkten und Leistungen abzuheben, sei es durch die Qualität oder den Preis des eigenen Angebots. In Zeiten immer schwierigerer Marktbedingungen, unter denen Agenturen um jeden einzelnen Neukunden heiß kämpfen müssen, sind neue Vertriebsstrategien und noch nicht beschrittene Vertriebspfade der Weg zum Ziel. Eine gut ausgearbeitete, agenturspezifische Sales-Story kann auf dieser Reise der Türöffner und Wegbereiter für die bessere Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit sein.

Harte Verkaufsfakten mit überzeugender Sales-Story aufwerten

Ausgerechnet PR-Agenturen tun sich bisweilen schwer, ihre eigenen Stärken adäquat zu verbalisieren und vertriebsfördernd zum Ausdruck zu bringen. Ein Blick auf Agentur-Websites und Agentur-Pitchdecks lässt schnell erkennen, ob die Informationsbedürfnisse der PR-Kunden im Mittelpunkt stehen, oder die mehr oder minder nach subjektivem Geschmack inszenierte Selbstdarstellung. Bei nicht wenigen Agenturen oszillieren die Aussagen in der eigenen Außendarstellung und den Sales-Präsentationen zwischen Selbstreferenzialität und Selbstverliebtheit.

Dabei böte die Entwicklung einer agentureigenen Storyline für die Akquise die Chance auf eine spitzere Positionierung im Markt und eine klarere Differenzierung im Wettbewerb. Ein durchdachtes und strukturiertes Narrativ, angereichert sowohl mit harten, sachlichen als auch weichen, emotionalisierenden Story-Elementen, die zu überzeugen, zu überraschen und zu begeistern vermögen, ist kein schmückendes Beiwerk, sondern erleichtert den Agentur-Sales und verbessert die Erfolgsaussichten bei der Neukundengewinnung.

Gemeinsames Happy End für Agentur und Agenturkunde

Voraussetzung ist, dass die richtige Sales-Story erzählt wird. Hierfür bedarf es eines erzählerischen Spannungsbogens, der das Leistungsversprechen der Agentur mit den Bedürfnissen des Agenturkunden in Einklang bringt. Eine klare, stringente Argumentationslinie ist der rote Faden und gezielt eingestreute, vertriebsrelevante Kernbotschaften spielen die Hauptrolle; mögliche und gegebenenfalls berechtigte Gegenargumente werden nicht unter den Teppich gekehrt (wo sie der Agenturkunde im Zweifel findet und wieder hervorholt), sondern selbstbewusst als dramaturgische Knackpunkte gesetzt und sogleich mit gut vorbereiteten Gegen-Gegenargumenten entkräftet.

Eine funktionierende Sales-Story zeichnet sich dadurch aus, dass sie an allen erdenklichen Touchpoints eingesetzt werden kann: im Pitch, am Telefon, in E-Mails, im persönlichen Kontakt, in den Sozialen Medien, usw. Willkommener Nebeneffekt: Ist die Sales-Story einmal in der Außenwirkung und im Agenturmarketing verankert, steigt die Sogwirkung der Agentur. Das wiederum führt im Vertrieb zu mehr Pull statt Push.

Über den Autor: Dr. Baris Calisan ist Managing Director bei In Puncto Position, einer betriebswirtschaftlichen Agenturberatung für unternehmerischen Erfolg im Agentur-, Design- und Kreativgeschäft mit Sitz in Hamburg.

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