Das PR-Interview Interview Nr. 34: Die Kommunikationslinie muss stimmen

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Interview mit Dirk Borhart über Wahlkampf-PR zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai.

 

PR-Journal: Was ist das Besondere an Wahlkampf-PR?

 

borhart-dirkDirk Borhart: Noch mehr als in wahlkampffreien Zeiten ist es wichtig, dass Inhalte und Personen zueinander passen. Ist dies nicht der Fall, lässt sich über die Strecke eines Wahlkampfes keine glaubwürdige PR organisieren. Ebenso wichtig sind zwischen allen Beteiligten klar abgesprochene Kommunikationslinien, da im Wahlkampf noch mehr als sonst jedes einzelne Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Schon die kleinste Veränderung in Aussagen kann von einem der unzähligen Medien aufgegriffen und mitunter missinterpretiert werden. Agendasetting, also die Frage, welches Thema wird zu welchem Zeitpunkt verstärkt kommuniziert, spielt eine weitere wichtige Rolle. Wahlkämpfe sind jedoch nicht komplett am Reißbrett planbar.

 

 

In nahezu jedem Wahlkampf hat es unkalkulierbare Einflüsse von außen oder Fehler der politischen Mitbewerber gegeben, die den Wahlkampf mehr beeinflusst haben, als jede noch so gut geplante Kampagne. Auch darauf muss man vorbereitet sein. Ist man selber von z.B. Skandalen betroffen, gilt das 1x1 der Krisenkommunikation: nur mit Offenheit lässt sich verlorenes Vertrauen zurück gewinnen. Skandale zu vertuschen und zu leugnen oder gar zu lügen führt in unserer heutigen Medienlandschaft automatisch in ein Desaster.

 

Häufig unterschätzt wird eine professionelle Vorbereitung auf der Arbeitsebene. Ohne funktionierende Teamarbeit und rechtzeitig vorher eingespielte Arbeitsabläufe lässt sich die Menge an Aufgaben während eines Wahlkampfes nicht bewältigen.

 

PR-Journal: Wie lässt sich das in Zahlen ausdrücken? Beispielsweise wie viele Pressekonferenzen, Redaktionsbesuche, Pressemitteilungen, Überstunden etc.?

 

Dirk Borhart: Die Zahl der Presseanfragen (Interviews, Redaktionsbesuche, Portraits etc.) ist so groß, dass ab einem gewissen Zeitpunkt sich nicht mehr die Frage stellt, was macht man, sonder was macht man nicht. Prioritätensetzung ist deshalb sehr wichtig. Quantifizieren lässt sich das kaum, da täglich Interviews, Pressegespräche- oder -konferenzen stattfinden. Überstunden gibt es während eines Wahlkampfes nicht, es ist eigentlich rund um die Uhr Wahlkampf. Das ist für alle Beteiligten ein Ausnahmezustand.

 

PR-Journal: Welche Bedeutung haben das Internet und dabei vor allem soziale Netzwerke für Ihren Wahlkampf?

 

Dirk Borhart: Das Internet und die sozialen Netzwerke sorgen zunächst einmal für eine weitere Beschleunigung des Informationsflusses. Alles passiert  nahezu in Echtzeit. Selbst Nachrichtenagenturen sind mitunter "langsamer" als Berichte über Twitter, Facebook etc. Das zieht die Notwendigkeit nach sich, zu jeder Uhrzeit schnell auf Ereignisse reagieren zu müssen und zu können.

 

Zusätzlich sind die Onlinemedien wichtige Organisations-, Mobilisierungs- und Kommunikationsplattformen. Ihre Bedeutung wird sicher in den nächsten Jahren immer weiter zunehmen. In Deutschland ist die Entwicklung allerdings noch lange nicht so weit wie z.B. in den USA.

 

PR-Journal: Setzen Sie für die Internetbetreuung speziell geschulte Helfer ein?

 

Dirk Borhart: Ja. Es ist wichtig, dass Kommunikation im und über das Internet von Menschen gemacht wird, die das Medium verstehen und ernst nehmen. Jedes Medium hat seine eigenen Gesetze und individuelle Darstellungs- und Ausdrucksformen. Das Internet und insbesondere die sozialen Netzwerke sind nicht einfach nur ein weiterer Kanal zur Verbreitung von Pressemitteilungen. Deshalb ist es wichtig zu üben und langfristig Erfahrungen zu sammeln.

 

PR-Journal: Wie gehen Politiker mit dem Web 2.0 um? Hat Ihre Spitzenkandidatin beispielsweise einen Facebook-Account oder ähnliches?

 

Dirk Borhart: Der Umgang mit den verschiedenen Formen des Internets und der sozialen Netzwerken wird immer selbstverständlicher. Es bleibt aber eine eine Typen- und eine Sozialisationsfrage. Wer mit dem Internet aufgewachsen ist, dem fällt es leichter damit umzugehen. Auch hier gilt: Medium und Person müssen zusammen passen. Es nutzt nichts, jemanden in ein Medium zu zwingen. Am schwierigsten für viele Politiker ist es zu akzeptieren, dass das Internet nicht in dem Maße zu kontrollieren ist, wie sie es aus anderen Medien gewohnt sind. Das ist ein notwendiger Lernprozess.

 

Unsere Spitzenkandidatin Hannelore Kraft ist in den sozialen Netzwerken mit unterschiedlichen Profilen präsent. Diese werden aber von unserem Online-Team betreut. So lange man das auch transparent macht und nicht so tut, als würde die jeweilige Person das alles selber machen, wird das auch von den Nutzern akzeptiert. Glaubwürdigkeit erlangt man auch hier nur durch Offenheit.

 

Dirk Borhart ist Pressesprecher des SPD-Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen.

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