Kommentare Der PRR-Kommentar: Die Auster Mehdorn

Logo: PR-ReportHunderte von Pressekonferenzen will er in 2005 gegeben, Tausende von Pressemitteilungen verschickt sowie 1.800 Drehgenehmigungen erteilt haben: Hartmut Mehdorn, Vorstandschef der Deutschen Bahn. Gelobt wird er von Pressevertretern für den Aufwand allerdings nicht, denn Quantität ist nicht gleich Qualität. Finden jedenfalls die Mitglieder der Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ (nr), die Mehdorn am Wochenende in Hamburg die „Verschlossene Auster“ für den „Informationsblockierer des Jahres 2006“ überreichen wollten. Mehdorn nahm den Preis nicht persönlich entgegen, bat aber in einer Stellungnahme, die von Tagesschau-Sprecher Marc Bator verlesen wurde, um die Zusendung der Auster, denn ohne „Beweis“ würde ihm niemand glauben, dass er sie tatsächlich zugesprochen bekommen hat – während sich nämlich die Journalisten bei Häppchen vergnügen würden, müsse er Fragen beantworten.

Laut nr-„Laudatio“ reagiert Mehdorn jedoch grundsätzlich nur auf die Fragen, die ihm ins Konzept passen; erteilt Drehgenehmigungen restriktiv, bezieht bei heiklen Themen nie vor der Kamera Stellung und zieht bei kritischer Berichterstattung sogar zugesagte Anzeigenaufträge wieder zurück (so geschehen im Februar nach einem kritischen Artikel im Wirtschaftsmagazin „Capital“). Auch das kategorische „Nein“ der Bahn zu einer Ausstellung über die Rolle des Unternehmens im Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz wurde von den Journalisten kritisiert. Thomas Leif,Vorsitzender von Netzwerk Recherche, betonte, dass der Preis den Bahnchef künftig daran erinnern solle, dass die Medien einen Anspruch auf pünktlichen, umfassenden und unbegrenzten Informationsfluss hätten – auch bei Bahn-kritischen Themen.

Als weiterer Anwärter auf den Anti-Preis stand die Suchmaschine Google auf der nr-Liste. (ah)

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der "PR Report"-Redaktion, Hamburg.

Seitennavigation