Kommentare Kerlikowskys Kommentar über... Rosenthalsche Probleme der Mitarbeiterbeteiligung

kerlikowsky1Guten Tag! Es hört sich toll an, was Politiker als neues, aber eigentlich uraltes, Thema ausgegraben haben. Arbeitnehmer sollen nicht nur angemessen bezahlt werden, sondern an Unternehmensgewinnen beteiligt werden. Die CDU möchte sie dafür direkt an den Unternehmen beteiligen, für die sie arbeiten. Die SPD möchte einen „Deutschland-Fonds“ gründen, in den Arbeitnehmer einzahlen. Der soll deren Unternehmen finanzieren; VEB, Volkseigener Betrieb, hieß das in der DDR.

Da war ein früherer SPD-Politiker, der sich in den siebziger Jahren für die Beteiligung von Arbeitnehmern an Unternehmen stark gemacht hat, geradezu ein Marktwirtschaftler, wenn auch äußerst kapitalistisch denkend. Ich spreche von Philip Rosenthal, damals Minderheitsaktionär der Porzellanfabrik Rosenthal AG, deren Vorstandsvorsitzender und einige Zeit Staatssekretär in der Bundesregierung. Er hatte die Idee, seinen Mitarbeitern Aktien des Unternehmens anzudienen und sie dadurch an den Wertsteigerungen des Unternehmens partizipieren zu lassen.

Die Rosenthal AG hat ihren Sitz in Selb in der bayerischen Oberpfalz. Durch die Grenzlage erhielt die Firma früher viele Steuervergünstigungen und Fördermittel vom Bund wie dem Freistaat Bayern und konnte nicht zuletzt dadurch Gewinne ausweisen; doch die Gehälter blieben, wegen der hohen Arbeitslosigkeit in der Region, niedrig. Erwarben die Rosenthal-Angestellten zu Vorzugskonditionen Aktien, so zahlten sie praktisch von ihrem Lohn etwas in die Firma zurück. Rosenthal feierte sich für die Idee; doch er sagte nicht, was ich ihm in Artikeln, die ich damals als FAZ-Redakteur schrieb, vorwarf: In Krisenzeiten würden die Mitarbeiter nicht nur ihren Job verlieren, sondern müßten auch Kursverluste bei ihren Aktien hinnehmen. Sie wären also zweifach geschädigt. Zu seiner Ehre sei aber angemerkt, daß Mitarbeiter mit Zuschüssen der Firma auch Investment-Zertifikate erwerben konnten, was die meisten bevorzugten.

Philip Rosenthal war über meine Artikel empört. Es ergab sich ein längerer Briefwechsel zwischen uns; doch - leider in Hinblick auf die Mitarbeiter – behielt ich recht. Die Rosenthal AG kam so in die Verlustzone, daß nur der Verkauf der Rosenthal Technik AG an die Höchst AG das Unternehmen rettete. Ansonsten wäre Rosenthal in die Pleite geschlittert. Im Laufe der Jahre verloren viele tausend Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz – und ihre Aktien wurden weniger wert.

Letztlich existiert die Firma nur noch, weil die irische Wedgewood-Gruppe die Rosenthal AG übernahm und den verbliebenen Mitarbeitern in fairer Weise ihre Belegschaftsaktien abkaufte, sie also vor noch größeren Verlusten bewahrte. Daß Politiker nicht nur über Wahlstimmen, sondern über die Risiken von Mitarbeiterbeteiligungen nachdenken, das wünscht uns allen Ihr

Dr. Horst Kerlikowsky
Berlin, den 30. Juni 2007

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