Rezensionen Levinson: Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts!

Jay Conrad Levinson: Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts: Clever werben mit jedem Budget. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2011. 2. Auflage. 439 Seiten. Preis: 39,99 Euro. ISBN: 978-3593387086. 
Autorin der Rezension: Ulrike Mellenthin, Mönchengladbach
Wer bei dem Titel an lustige Videofilmchen oder witzige Vermarktungsevents denkt, liegt falsch. Guerilla Marketing bedeutet für den Autor nichts anderes als eine kluge, finanzbewusste Form des Marketings. Eine, die nicht wie das traditionelle Marketing auf strotzende Etats und eine möglichst großflächige Verbreitung setze, sondern auf Engagement, Geduld, Fantasie und Wissen. Und er muss es wissen, denn Jay Conrad Levinson gilt weltweit als Begründer des Guerilla Marketings. Sein aktuelles Buch „Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts“, das gerade in zweiter Auflage erschienen ist, führt in die Grundzüge des praktischen Marketings ein, denn, so Levinson: „Marketing umfasst jeden einzelnen der vielen Kontakte, die Ihr Unternehmen mit der Außenwelt hat.“ Sprich: Firmenname, Standort, Verkaufsgespräch, E-Mail-Signatur, etc. Eben jeden Kontaktpunkt.

Levinson rüstet den Leser zum Guerilla-Kampf und gibt ihm 200 Marketing-Waffen an die Hand. Dazu zählen für ihn ein Marketingplan ebenso wie Virales Marketing, die Sensibilität eines Unternehmens genauso wie seine Zielgruppen, die Öffnungszeiten genauso wie der Einsatz von Postkartenständern. Klingt wie ein wilder Ritt quer durch Strategie und operatives Umsetzungskleinklein? Stimmt – zumindest streckenweise.

Eine Handvoll Mankos gibt es:
Die Aufbereitung des Buches, nämlich 439 Seiten Bleiwüste, widerspricht wichtigen Prinzipien des Guerilla Marketings: nämlich dem größtmöglichen Komfort für den Kunden und der Kunst, die Aufmerksamkeit zu beherrschen. Der Leser braucht schon eine gehörige Portion an Ausdauer und Interesse, um bis zur letzten Seite vorzudringen.

Weiteres Manko: Eine gründlichere Überarbeitung hätte der zweiten Auflage gut getan, lesen sich manche Passagen aus heutiger Sicht etwas antiquiert „… stelle ich Ihnen eine vielversprechende neue Technologie namens RSS – Really Simple Syndication – vor.“ Neu? Wohl kaum.

Drittes Manko: Das Buch ist ganz klar ein Amerikanisches. Es ist zwar auf Deutsch im Campus Verlag erschienen, doch lassen sich viele der Beispiele aus dem USamerikanischen Raum nur schwer auf die deutsche Geschäftswelt übertragen. Schade, denn in diesen Beispielen liegt Mehrwert verborgen.

Interessant sind Levinsons Ausflüge in seine berufliche Vergangenheit. Zum Beispiel, wenn er über seine Mitarbeit an der Erfindung des Marlboro Countrys in den 60er Jahren spricht. Mit dieser konsequenten Positionierung ist es dem Konzern Philip Morris gelungen, Marlboro auf der Zigarettenbekanntheitsskala von Platz 31 auf Platz eins zu rücken. Jede fünfte gerauchte Zigarette weltweit ist eine Marlboro. Klingt großartig, aber mit Guerilla Taktik hatte der Cowboy nichts zu tun. Wohl aber mit klassischer Breitband-Gießkannen-Millionenetat-Werbung.

Levinson möchte Unternehmen animieren, mit Guerilla Marketing die Welt der Milliardengeschäfte zu erobern. Dabei richtet sich der Gründer des Amerikanischen Guerilla Marketing Verbandes insbesondere an kleine und mittelständische Firmen, die die finanzielle Kraft nicht aufbringen können, um ihren Marlboro Mann aus der Taufe zu heben. Ob dem Leser der Angriff auf die Milliardengeschäfte gelingt? Vielleicht. Zumindest zeigt Levinson, wie man auch mit wenig Geld wirkungsvolles Marketing betreiben kann. Und wie man auch mit viel Geld wirkungsvolles Guerilla Marketing vornehmen kann. Letztlich ist Guerilla Marketing vielleicht keine Namensoder Budgetfrage, sondern eine Frage der (Un-)konventionalität.

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