Recht und PR Kostenfalle Internet: Wenn Abmahnjäger aktiv werden

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ – diese Weisheit gilt auch für den Umgang mit Urheberrechten. Mangelnde Sorgfalt kann in diesem Kontext zu erheblichen finanziellen Konsequenzen führen. Denn schnell gerät man ins Visier von Anwaltskanzleien, die sich auf Abmahnungen spezialisiert haben.

Im fünften Teil der Serie empfiehlt Medienanwältin Patricia Cronemeyer den Leserinnen und Lesern, Urheberrechte unbedingt ernst zu nehmen. (Foto: Axel Martens)

Was früher Kommunikationsabteilungen und -agenturen vorbehalten war, kann heute jedes Ein-Personen-Unternehmen selbst auf die Beine stellen: Professionell wirkende Produkt- und Firmenvideos sind mit Smartphones oder bezahlbarer Spezialtechnik im Handumdrehen produziert. Schnell noch die passende Hintergrundmusik angeklickt – und fertig ist die digitale Visitenkarte. Oder man greift auf Inhalte zurück, die andere erstellt haben und generiert so attraktiven Content für die eigenen Kanäle.

Das dachte sich vor einigen Monaten auch ein Sportmediziner aus Lüneburg, der Trainingsgeräte über das Internet vertreibt. In sozialen Netzwerken teilte er Videos von Dritten, in denen Sportübungen gezeigt wurden. Groß war der Schreck, als er kurz darauf einen Brief von einer Anwaltskanzlei erhielt: 36.000 Euro forderte die Kanzlei wegen Urheberrechtsverletzung. Es ging es um die Musik, mit der die Videos unterlegt waren. Der geschockte Unternehmer willigte ein, 20.000 Euro zu zahlen. Doch damit nicht genug: Kurze Zeit später kam mit gleichem Absender die nächste vierstellige Forderung für ein weiteres Video.

Dieser Fall aus meiner beruflichen Praxis zeigt vier wichtige Aspekte, für die ich jeden Kommunikationsprofi sensibilisieren möchte:

  • Urheberrechte ernst nehmen
    Die schöpferische Leistung von Künstlern, Musikern, Fotografen und anderen Kreativen ist geschützt. Der Gesetzgeber nimmt diesen Schutz zu Recht sehr ernst. Er sorgt dafür, dass diese Kreativen für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden und dass ihre Werke nicht ohne ihre Zustimmung genutzt oder verbreitet werden dürfen.
  • Unwissenheit schützt vor Strafe nicht
    Die digitale Welt ist schnelllebig. Wer im Netz wahrgenommen werden will, braucht ständig neue, attraktive Inhalte. Da ist die Versuchung groß, „mal eben“ auf Musik oder Bilder zuzugreifen, ohne sich um das Urheberrecht zu kümmern. Besonders tückisch: Manche Plattformen bieten solche Inhalte explizit an, ohne auf die Einschränkungen hinzuweisen. Auf andere wiederum kann sich im Streitfall niemand berufen: Die Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen liegt bei den Personen oder Unternehmen, die diese Werke verbreiten. Diese Verstöße können auch vorliegen, wenn man die Beiträge nicht selbst erstellt, sondern Videos Dritter geteilt oder weiterleitet hat. Wie im Fall des Lüneburger Arztes geschehen.
  • Über Nutzungsbedingungen informieren
    Mittlerweile gibt es viele Datenbanken und Plattformen, die lizenzierte oder lizenzfreie Inhalte anbieten. Das ist grundsätzlich eine gute Option und die private Nutzung ist meist unproblematisch. Bei der kommerziellen Verwendung hingegen ist ein Blick in die Nutzungsbedingungen wichtig. Wer beispielsweise ein Bild als Pressefoto verwenden möchte, benötigt in der Regel eine erweiterte Lizenz, die Gebühren sind entsprechend höher.
  • Auf Abmahnungen spezialisierte Kanzleien machen schnelles Geld
    Ein weiteres starkes Argument für den sorgsamen Umgang mit dem Urheberrecht ist die steigende Zahl von Abmahnungen. „Das wird schon keiner merken“ ist in Zeiten der gezielten Internetrecherche längst passé. Auf Abmahnungen spezialisierte Kanzleien gehen gezielt vor und leiten bei Verstößen sehr schnell rechtliche Schritte ein.

Ich beobachte derzeit eine regelrechte „Abmahnwelle“, und nahezu täglich erhalte ich Anfragen, viele davon aus der Influencer-Community. Dabei geht es geht oft um Summen, die für Einzelunternehmer oder kleine Betriebe existenzbedrohend sind. Meine Empfehlung: Wer eine Abmahnung erhält, sollte sich umgehend rechtlich beraten lassen, um den Schaden zu begrenzen und unberechtigte Ansprüche erfolgreich abzuwehren.

Über die Autorin: Dr. Patricia Cronemeyer ist seit 2009 als Rechtsanwältin selbstständig. Ihre Schwerpunkte sind das Medien- und das Persönlichkeitsrecht. Zu ihren Mandantinnen und Mandanten gehören neben Unternehmen und Agenturen auch zahlreiche Persönlichkeiten aus dem deutschen und dem internationalen Showbusiness. Anfang 2022 gründete Patricia Cronemeyer zusammen mit der Rechtsanwältin Verena Haisch die Kanzlei Cronemeyer Haisch mit Büros in Hamburg und in Hollywood/Los Angeles. Speziell zum Thema „PR und Recht“ bietet Patricia Cronemeyer Beratung und Vorträge an. Zur Website der Kanzlei geht es hier, per E-Mail ist sie unter dieser Adresse zu erreichen.

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