Gender-Reputation: Wal-Mart investiert Milliarden in Frauenarbeitsplätze …

(cw) … und das nur drei Monate, nachdem United States Supreme Court gegen Wal-Mart in den USA eine aufsehenerregende Kampagne führte (Anm.: diese Organisation engagiert sich für die Gleichstellung der Frau am Arbeitsplatz). Der Hintergrund: 1, 5 Millionen weibliche Angestellte von Wal-Mart forderten über die Interessensvertretung United States Supreme Court finanzielle Gleichstellung mit den männlichen Arbeitskollegen.

Während die Organisation anschließend veröffentlichte, es sei noch ein langer Weg bis zur finanziellen Gleichbehandlung am Arbeitsplatz, plante Wal-Mart offenbar bereits, sensibilisiert durch die weltweite Resonanz, eine Gender-Offensive. Das Ergebnis: Wal-Mart kündigte vergangene Woche eine milliardenschwere Initiative rund um das Thema ‚Frauen & Arbeit‘ an. Ein Blick auf die Initiative: Unter anderem verspricht das Warenhaus über die nächsten fünf Jahre für 20 Milliarden US-Dollar Produkte von weiblichen Unternehmerinnen zu kaufen sowie speziell Frauen, die in Fabriken und im Handel arbeiten, mit Trainings zu fördern und zu unterstützen. Mehr als 100 Millionen Dollar fließen in Non-Profit-Organisationen, die sich der Unterstützung von Frauen verschrieben haben.

Im Leistungssport hat es Frau offenbar leichter: Öffentlich nachvollziehbar, zählt Leistung, und nur das. Im beruflichen Kontext stellt sich die Situation anders dar. Und das, obwohl die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz plus entsprechende Programme zumindest in größeren Unternehmen im Leitbild festgeschrieben sind. Die Bundesagentur für Arbeit zog in ihrem Arbeitsmarktbericht über die Beschäftigungssituation von Männer und Frauen im August folgendes Fazit: ‚Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern unterscheidet sich nach wie vor stark. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf das geschlechtsspezifische Berufswahlverhalten sowie unterschiedliche familiäre und soziale Rahmenbedingungen‘. Dies trifft auch für weibliche Führungskräfte und Vorstände zu. Obwohl sich die Karrierechancen für Frauen deutlich verbessert haben über die letzten zehn Jahre, ist bis zu einer realisierten Gleichstellung noch ein langer Weg. Das zehrt an der Glaubwürdigkeit von Unternehmen, kratzt an der Reputation und wird eventuell spätestens dann zur Herausforderung, wenn es dank der demographischen Entwicklung am Arbeitsmarkt eng wird.

Reputation Management bedeutet Erwartungsmanagement der Stakeholder. Wal-Mart hat diese Chance gesehen und genutzt, zeitnah und öffentlichkeitswirksam. Dr. phil. Sonja Buholzer, Executive Coach aus Zürich: ‚Ein Unternehmen, das als zukunftsorientiert, innovativ und nachhaltig wahrgenommen werden will, kann es sich dauerhaft nicht leisten, auf Frauen in den obersten Positionen der Führungsetagen zu verzichten. Diese Frauen sind Botschafterinnen für anderes Denken, weibliche Werte, neue Fragen und einen anderen Führungsstil, als man sich von Männern gewohnt ist. Sie sind damit nicht nur Botschafterinnen einer neuen Wirtschaftsrealität, sondern damit auch entscheidende Reputations-Managerinnen jedes Unternehmens. Besonders dann auch, wenn solche Frauen fehlen oder deutlich untervertreten sind!‘

Am Freitag, den 21. Oktober 2011 lädt die Bundesinitiative „Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft“ zu einer regionalen Informationsveranstaltung nach Essen ein. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren über das Thema Chancengleichheit in Unternehmen, insbesondere angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftebedarfs. Unternehmen, Institutionen, Bildungsträger und andere Organisationen erfahren in Workshops und persönlichen Beratungsgesprächen, wie sie Fördermittel für Projekte beantragen können, die die Situation von erwerbstätigen Frauen verbessern.

Keine Frage: Gut Ding hat Weil und auch die Gender-Politik benötigt ihre Zeit. Gerade mit Blick auf die demographische Entwicklung vergeben Unternehmen eine inhaltlich und öffentlichkeitswirksame Reputation-Chance und könnten, wie das Beispiel Wal-Mart zeigt, bereits heute Taten und Worte über die eigene Gender-Policy als Reputationshebel nützen. Dass Reputation Management auch direkt beobachtbare Wertschöpfung bedeuten kann, zeigte der Aktienkurs von Wal-Mart kurz nach Veröffentlichung des Programms: Während der Kurs dieses Jahr um durchschnittlich 3,2 Prozent verlor, legte er unmittelbar nach Ankündigung des Programms deutlich zu.