Medien BDZV-Jahrespressekonferenz: Verleger kritisieren unfairen Wettbewerb

Die gute Konjunktur in Deutschland hat die Zeitungsverlage bisher nicht erreicht. Das erklärte der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) bei seiner Jahrespressekonferenz am 5. Juli 2011 in Berlin. "Von dem für 2011 prognostizierten Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent (IFO-Institut) sind die Verlage leider sehr weit entfernt", sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. So sei der Umfang (Volumen in Millimetern) der Zeitungsanzeigen trotz des allgemeinen Aufschwungs in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres um 4,2 Prozent zurückgegangen. Vor allem bei den Geschäftsanzeigen (Markenartikel, Handelsanzeigen, lokale Geschäftsanzeigen) habe es einen Einbruch von 11,4 Prozent gegeben. Vor diesem Hintergrund müssten die Zeitungen jetzt alle Kraft darauf verwenden, sich noch offensiver als attraktives Werbemedium ins Spiel zu bringen.

"Gedruckt, online und mobil erreichen wir Tag für Tag ein Massenpublikum, das unseren Produkten eine hohe Wertschätzung und großes Vertrauen entgegenbringt", so Wolff. Allerdings müssten sich die Zeitungen - ebenso wie andere klassische Medien - mit sehr starken neuen Wettbewerbern auseinandersetzen. Megaunternehmen wie Google und Facebook drängten bis in die lokalen Märkte. Gerade diesen ebenso jungen wie mächtigen Marktteilnehmern müssten die Verlage mit innovativen und kreativen Angeboten begegnen. "Zeitungen sind die local heroes. Doch für diese herausragende Stellung müssen wir in Zukunft noch härter arbeiten", betonte Wolff. Dass die Auflagen der gedruckten Zeitungen zurückgingen, sei jenseits der demografischen Entwicklung Teil des Transformationsprozesses, in dem sich die Zeitungshäuser befänden. Denn gleichzeitig - so Wolff - verzeichneten die digitalen Angebote der Verlage ein immer größeres Publikum. Zu den 73 Prozent der über 14-Jährigen, die regelmäßig die gedruckte Zeitung lesen, kämen 52 Prozent der Internet-Nutzer (26 Millionen), die als so genannte Unique User die Websites der Zeitungen besuchen."

In der Summe erreichen viele Zeitungen gedruckt plus online plus mobil heute mehr Menschen als je zuvor", sagte der BDZV-Hauptgeschäftsführer. Doch noch immer seien im digitalen Markt die Geschäftsmodelle zu wenig entwickelt, um das erfreuliche Wachstum der Reichweiten zu monetarisieren. Die Gratiskultur im Internet und die anhaltend inflationäre Preisentwicklung bei der Online-Werbung stellten äußerst schwierige Bedingungen dar. Gleichwohl setzten die meisten Verlage künftig auf Bezahlinhalte im Netz. Dies belegten die vielen zum Teil unterschiedlichen Ansätze von Zeitungen, Bezahlmodelle zu etablieren. "Bei den digitalen Vertriebsmodellen sind wir erst am Anfang", so Wolff. Es stehe fest, dass angesichts der Entwicklungen im Werbemarkt der Verkauf der Verlagsprodukte - unabhängig ob gedruckt, online oder mobil - immer wichtiger werde.

Dass die Nutzer bereit seien, auch für digitale Qualitätsprodukte zu bezahlen, zeige sich beim Verkauf von Apps für Smartphones und Tablet-PCs. Bisher hätten Verlage bereits rund 40 App-Angebote für das iPad und mehr als 60 Apps für Smartphones entwickelt. Die meisten davon seien kostenpflichtig. Viele weitere Apps, die im Markt gegen Entgelt angeboten werden sollten, seien geplant. Vor diesem Hintergrund seien gebührenfinanzierte Gratis-Apps der öffentlich-rechtlichen Anstalten "die Killer für ein digitales Geschäftsmodell der Presse", erklärte Wolff. Er bekräftigte, dass alle im BDZV versammelten Zeitungshäuser die Klage der acht Verlage gegen die ARD und den NDR wegen der Tagesschau-App unterstützten. Es sei doch völlig klar, dass die Nutzer nicht für eine gute Verlags-App zahlten, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein ebenfalls gutes journalistisches Produkt umsonst anböte. "Was ARD und NDR da offerieren, ist - vor allem in seiner Textlastigkeit - ein staatlich finanziertes Presseprodukt." Hier werde die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ad absurdum geführt. Es sei unverantwortlich, dass ein Produkt wie die Tagesschau-App von den Kontrollgremien nicht einmal mehr geprüft werde.

Weitere Inhalte der BDVZ-Pressemitteilung: → bdzv.de   

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