Verbände Verstoß gegen Verhaltenskodex: de'ge'pol schließt Seebohm aus

Es ist eine ungewöhnliche Geschichte: Da stößt mit Sergius Seebohm ein langjähriges Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (de’ge’pol), Berlin, eine Prüfung an, inwieweit er selbst mit seiner Agentur Seebohm.Berlin gegen das Prinzip der Wahrhaftigkeit verstoßen habe. Dann stellt der Verband den Verstoß tatsächlich fest und beschließt den Ausschluss Seebohms aus der de’ge‘pol. Und der Betroffene selbst bringt am Ende zum Ausdruck, dass er die Entscheidung zwar bedauere, aber gleichwohl akzeptiere.

Sergius Seebohm bekennt sich zum Kodex, obwohl er aus der de’ge’pol ausgeschlossen wurde. (Foto: Lüder Lindau)

Gegenüber dem PR-JOURNAL erklärte Seebohm: „Unsere Branche braucht Prozesse und Institutionen. Die muss man stützen. Auch und gerade dann, wenn einem nicht gefällt, was sie beschließen.“

Worum ging es genau?

Sergius Seebohm hat im Rahmen einer Kampagne für die Tierschutzorganisation AAP Stichting gegen das Prinzip der jederzeitigen Offenlegung eines Auftraggebenden vorsätzlich verletzt. Das stellte die de’ge’pol am 28. September fest. Die Prüfung hatte Seebohm selbst veranlasst. Der Vorstand gab dann am 17. Oktober 2023 bekannt, dass im Wege der freiwilligen Selbstkontrolle Sergius Seebohm als Mitglied ausgeschlossen werden musste, da ein Verstoß den de’ge’pol Verhaltenskodex zu Grunde liegt.

Hintergrund

Im ersten Teil der politischen Kommunikationskampagne spiegelten die Kampagnenmacher ein nicht existentes Unternehmen „Wyld“ vor, um Aufmerksamkeit in den Zielgruppen zu erreichen. Es ging in dieser Phase vor allem darum, in der Öffentlichkeit durch ein besonders offensives Auftreten des vermeintlichen Handelsunternehmens Empörung gegenüber der in Deutschland weitgehend legalen Haltung und des Handels von Wildtieren zu entfachen – und damit auf die geltende Gesetzlage aufmerksam zu machen. (Hier geht es zur "Wyld"-Kampagne samt Video.) Dabei wurde weder auf Befragen von Medien noch durch indirekte Hinweise offengelegt, dass es sich tatsächlich um eine Kampagne von Seebohm.Berlin für die Tierschutzorganisation AAP Stichting handelt. Die Öffentlichkeit wurde so über einen Zeitraum von drei Wochen nicht über das Auftragsverhältnis informiert.

„Mystery“-Phasen nicht statthaft

Der Vorstand der de’ge’pol ist der Ansicht, dass so genannte „Mystery“-Phasen in der politischen Kommunikation keinen Raum haben dürfen. Das Prinzip der Wahrhaftigkeit durch Offenlegung des wahren Interessenträgers ist demnach Grundlage jeder Ethik in der politischen Kommunikation.

Eine Einschränkung auf Grund von Zielen der Aktivität sei nicht zulässig. Eine ethische Abwägung wäre an dieser Stelle nur denkbar, wenn sich der Absender in einer Güterabwägung als schutzbedürftiger als das Interesse der Öffentlichkeit an Wahrhaftigkeit und Transparenz herausstelle, heiß es in der Begründung des Verbandes.

Bedauern

Nach Einschätzung des Vorstandes sieht auch der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) eine „Mystery“-Phase in der politischen Kommunikation nach seinen Richtlinien und Entscheidungen als nicht zulässig an. Nur im Bereich der Produkt- und Dienstleistungskampagnen wäre dies möglich und dann auch nur so lange Medien nicht direkt nach dem Auftraggebenden fragen.

Der Vorstand der de’ge’pol bedauert, dass es in der Sache keine andere Entscheidungsmöglichkeit gibt und mit Sergius Seebohm ein langjähriges Mitglied, verdientes Vorstandsmitglied und ehemaliges Mitglied des DRPR ausgeschlossen wird.

Die Sicht Seebohms

In einer persönlichen Erklärung nahm Seebohm wie folgt Stellung: „Ich bedauere die Entscheidung des de’ge’pol-Vorstands. Gleichwohl akzeptiere ich sie. Ich bin in der Beurteilung des konkreten Falls anderer Meinung als der de’ge’pol-Vorstand. Auch als Nicht-Mitglied werde ich den Kodex weiterhin hochhalten. Ich habe ja gerade aus Respekt vor dem Kodex das Verfahren selbst angestoßen.“

Weiter erklärte er, der de’ge‘pol-Vorstand und er hätten im Rahmen des Verfahrens die Argumente zur Wyld-Kampagne ausgetauscht. Dabei sei man sich einig, dass ethische Grundsätze in der politischen Kommunikation für alle gleich sein müssten – unabhängig davon, ob einem das Ziel der jeweiligen Kommunikation sympathisch sei oder nicht. Sprich: Für NGO-Kampagnen gebe es natürlich keine Ausnahmen von den Standards der Branche!

Seebohm wörtlich: „Natürlich sind wir uns auch einig über die herausragende Bedeutung der Grundsätze von Transparenz und Wahrhaftigkeit. Der de’ge‘pol-Vorstand hat in seiner Begründung eine große – und zweifellos berechtigte – Sorge um eine aktuelle Tendenz zu Fake-News und Desinformation in der politischen Kommunikation zum Ausdruck gebracht und hat u.a. deshalb ‚generalpräventive‘ Überlegungen zum Wahrhaftigkeitsgrundsatz ins Feld geführt.“

Seebohm verwies darauf, dass seine Agentur seebohm.berlin in der Umsetzung der Kampagne große Sorgfalt habe walten lassen und – auch während der Mystery-Phase – zum politischen Sachverhalt ausschließlich korrekte Informationen kommuniziert habe. Seebohm weiter: „In Beurteilung des konkreten Falls komme ich deshalb zu einem anderen Ergebnis und hätte mir eine andere Entscheidung gewünscht.“ Er fügte noch an, dass er den Verhaltenskodex der de’ge’pol weiterhin als maßgebliche Richtschnur des Handelns für sein Team und ihn ansehen werde.

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