GPRA im Dialog CEO Lutz Meyer über sein Agenturselbstverständnis: „Blumberry ist eine Baumschule“
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- von Antonia Dieterle und Chiara Strobel, Leipzig
Für die Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA) sind Nachwuchsförderung und die gezielte Verbesserung des Images von Kommunikationsagenturen gegenüber Studierenden wichtige Ziele der Verbandsarbeit. Mehrfach hat der Verband betont, dass Agenturen ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und künftig stärker im Sinne eines Employer Brandings am Markt agieren wollen. Eine konkrete Maßnahme setzt die GPRA in 2016 in Kooperation mit dem „PR-Journal“ um. Monatlich stellt sich ein Agenturchef der GPRA den Fragen von Studierenden, die sich in den Initiativen in Hannover (PRSH), Leipzig (LPRS), Mainz (kommoguntia) und Münster (campus relations) engagieren. Die haben damit die Gelegenheit, alle Fragen über das Agenturgeschäft zu stellen, die sie für relevant halten. In der dritten Folge stellt sich der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Kommunikationsagentur Blumberry, Lutz Meyer (Foto M.) den Fragen von Antonia Dieterle (l.) und Chiara Strobel (r.), beide LPRS.
LPRS: Es gibt einen Hype um Polit-Serien, wie „House of Cards“ oder „Borgen“. Lernen Sie auch als Praktiker etwas von diesen Serien, wo Sie sagen: Das könnte ich mir auch für Berlin vorstellen?
Lutz Meyer: House of Cards ist vor allem kommerziell sehr erfolgreich. Mir gefällt persönlich und aus professionellen Gesichtspunkten Borgen viel besser. Für die Wirklichkeit in der Kommunikation kann ich dort zwei Grundsätze bestätigen: Man muss immer bei der Wahrheit bleiben, alles andere fällt einem brutal auf die Füße und man darf sich von den Medien nicht irre machen lassen.
LPRS: In der Serien Borgen gab es auch die Rolle des Spin-Doktors. In einem Artikel des „Tagesspiegels“ aus dem Jahr 2013 fiel dieser Begriff über Sie. Würden Sie sich selbst auch so bezeichnen?
Meyer: Spin-Doktor ist ein Modebegriff. Ich würde mich selbst nicht so bezeichnen. Auch weil ich die Figur des Kasper Juul in „Borgen“ eher für einen kommunikativen Tölpel, als für einen klugen Strategen halte. Es muss natürlich einen Medienberater geben, der das Thema an die Medien verkaufen kann und weiß, wie es bei Verbrauchern, Kunden, Wählern oder Lesern wirklich ankommt. Das ist eine besondere Qualifikation und diese Funktion hat eine große Berechtigung. Aber, ob ich nun Spin-Doktor bin oder nicht? Ich bin keiner. Ich bin Kommunikationsberater, Werbefuzzi und Doktor der Philosophie. Also der Doktor stimmt schon mal.
LPRS: Es ist nicht immer Wahlkampf. Blumberry Live setzt zum Beispiel auch den Tag der Industrie vom BDI um, wo über 1.000 Entscheider aus Politik und Wirtschaft zusammenkommen. Welche Rolle kann Kreativität bei knallharten Wirtschaftsthemen spielen?
Meyer: Wir sind keine schizophrenen Persönlichkeiten, sondern die gleichen Menschen, die eine Wirtschaftsanzeige und eine Seifenwerbung kreieren und beurteilen. Wirtschaft muss ebenso emotional kommunizieren. Im Grunde schauen die Markenkommunikation und die politische Kommunikation voneinander ab: Die Marken haben angefangen mit der Emotionalisierung und Professionalisierung. Dann haben sie sich wieder etwas von der Politik abgeguckt, da sie mit irrelevanten Botschaft nicht mehr durchdringen. Nehmen Sie die Dove Kampagne. Im Grunde ist es eine schlichte Seife für 1,20 Euro. Aber man hat sie sehr geschickt mit einem gesellschaftlichen Statement verbunden und damit die Seife aus der Irrelevanz-Lücke rausgeholt.
LPRS: Kommen wir zu einem anderen Thema. Gerade die politische Kommunikation hat etwas mit eigenen Überzeugungen zu tun. Unsere Branche hat zudem einen moralisch-ethischen Rahmen. Wie geht es Ihnen damit bei der alltäglichen Arbeit?
Meyer: Wir bekommen als Agentur viele Anfragen. Manches passt thematisch bei uns nicht rein, weil die Kunden sich nicht vertragen. Bei manchen Kunden tun sich die Mitarbeiter anfangs auch etwas schwer. Als wir begonnen haben für die CDU zu arbeiten, waren einige sehr zurückhaltend. Je erfolgreicher die Kampagne jedoch wurde, desto größer war der Wunsch daran mitgewirkt zu haben. Die dritte Dimension ist, ob wir das politisch und gesellschaftlich insgesamt richtig finden. Wir bewegen uns immer in einem demokratischen Konsenskorridor und machen keine Werbung für unseriöse, dubiose oder möglicherweise illegale Dinge.
LPRS: Mit dieser Interviewreihe möchte die GPRA in den Dialog mit Nachwuchskräften kommen. Bereits in anderen Rollen haben Sie sich damit auseinandergesetzt. Sie waren als Gastprofessor in Asien tätig und sind Mitglied im Beirat der Wirtschaftshochschule ESCP. Vor dem Hintergrund der Generation Y-Debatte: Wie empfinden Sie den Nachwuchs der Branche und deren Ansprüche?
Meyer: Ich empfinde die heutige Generation als viel fleißiger, interessierter und spezialisierter als meine eigene Generation. Ich gebe der „Generation Y“ zwei Empfehlungen: Zum einen sollte man das studieren, wozu man am meisten Lust hat. Das Entscheidende ist aber, was in der wirklichen Welt, nicht in der akademischen Welt, geschieht. Im Fußball heißt es „Was zählt, ist auf dem Platz“. Wir als Agenturen stellen im Grunde nicht nach Abschlüssen ein, sondern nach Erfahrungen. Die Person muss ein kluger Kopf sein, schnell komplexe Situationen erfassen und einschätzen und eine eigene Meinung haben.
LPRS: Wie fördern Sie junge Berufseinsteiger in Ihrer Agentur?
Meyer: Bei Blumberry ist der klassische Einstieg ein erstes Kennenlernen im Rahmen eines Praktikums, anschließend ein einjähriges Traineeship, in dem man verschiedene Jobs durchläuft und am Ende sollte man in der Lage sein, kleinere Projekte als Projektmanager oder Berater selbst zu führen. Wir sind am Ende eine Art Baumschule: Zu uns kommen Setzlinge und wir züchten daraus deutsche Eichen. Der Kunde möchte eine deutsche Eiche haben, an die er sich anlehnen kann, unter der er Schutz sucht und die ihm sagt, wohin es geht. Wir verkaufen als Agentur Vertrauen und Mitarbeiter werden danach ausgewählt, wie sie dieses Vertrauen durch ihre Persönlichkeit gegenüber dem Kunden repräsentieren können ohne dabei arrogant zu wirken.
LPRS: Kommen wir zum Schluss noch einmal auf die Politik zurück und blicken in die Zukunft: Was erwarten Sie vom Wahlkampf 2017?
Meyer: Ich hoffe, dass am Ende Frau Merkel gewinnt. Ich sehe im Land keine andere Führungspersönlichkeit. Wir haben im Moment durch das Flüchtlingsthema eine sehr lebendige öffentliche Debatte, die mich an die Weltmeisterschaft mit 80 Millionen Bundestrainern erinnert: Alle wissen, wie es besser geht. In der Kommunikationsberatung und Dienstleistung ist der Wahlkampf das Hochamt, das im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht. Sie können sich im Grunde genommen keinen einzigen Fehler erlauben. Und deshalb finde ich es so interessant.
Sponsored Content: Der obenstehende Beitrag ist der dritte in der Reihe „Studierende im Gespräch mit der GPRA“. Die Serie realisiert die Gesellschaft PR-Agenturen in Kooperation mit dem „PR-Journal“. Die Redaktion stellt die Plattform für den Austausch der vier PR-Nachwuchsinitiativen Public Relations Studierende Hannover e.V. (PRSH), Leipziger Public Relations Studenten e.V. (LPRS), kommoguntia e.V. in Mainz, und campus relations e.V. in Münster mit der GPRA. Die genannten PR-Initiativen werden vom „PR-Journal“ gefördert.
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