Autoren-Beiträge Die Bedeutung von Teamorientierung für die PR-Ausbildung

Foto: Hoepfnervon Jörg Hoepfner, Leipzig

Häufig kommunizieren PR-Praktiker PR-Ausbildern drei besondere Anforderungen an die Ausbildung des PR-Nachwuchses: Drei Punkte, die neben den Studiennoten für Anbieter von Kommunikations-Jobs den Unterschied zwischen für sie attraktiven und für sie unattraktiven Absolventen ausmachen:
• Wirtschafts-Know-how,
• Internationalität
• Teamorientierung.

Wie kann heutige, universitäre PR-Ausbildung diesen Anforderungen gerecht werden? Zum einen in der Empfehlung, ein wirtschaftswissenschaftliches (Neben-)Fach zu studieren (oder auch ausseruniversitäre wirtschaftswissenschaftliche Weiterbildungsangebote wahrzunehmen) und zum anderen durch das Absolvieren von Semestern und Praktika im Ausland.

Der Punkt "Teamorientierung“ erscheint als die größte Herausforderung. Unter "Teamorientierung“ ist nicht die autonome Erstellung eines eigenständigen Beitrags zu verstehen, der später mit anderen, ebenfalls autonom erstellten Beiträgen zusammengemixt wird - in der Hoffnung, ein sinnvolles Ganzes möge entstehen.
Teamorientierung meint vielmehr
• die gemeinsame Anvisierung eines Ziels
• die gemeinsame Akzeptanz des Teams, d.h. seiner Mitglieder und des Teamleiters (oder der Teamleiter)
• die gemeinsame Suche nach und Verständigung auf eine Strategie zur Zielerreichung
• die gemeinsame Aufteilung der Gesamtaufgabe in adäquate Teile, die von jedem Team-Mitglied eigenständig erstellt werden können.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang das Bewusstsein und die Motivation, eigenständig das paßgenaue Teil der Gesamtaufgabe zu liefern, das vorher vereinbart wurde.

Motivation resultiert hier
• aus dem Bewusstsein, dass die Gesamtaufgabe von den einzelnen Individuen nicht allein hätte bewältigt werden können und dass jedes Teammitglied somit ein unverzichtbares Teil der Gruppe ist
• aus dem anvisierten Urteil der anderen Teammitglieder beim Zusammenfügen der Einzelteile: aus ihrem Lob oder auch aus ihrer Kritik
• aus dem Willen, seinen Beitrag zur Gesamtaufgabe bestmöglich zu leisten, damit die Gruppe auf die Arbeit von jedem einzelnen Teammitglied und letztendlich auch auf die Lösung der Gesamtaufgabe stolz sein kann.

Die Leistung eines motivierten Teams ist viel mehr als die Summe ihrer Einzelteile, wenn die Teammitglieder sich nicht als Einzelkämpfer verstehen, sondern als Teamplayer mit Teamkompetenz.

Teamkompetenz bedeutet:
• alle Teammitglieder respektieren die Weisungen des Teamleiters
• alle Teammitglieder haben das Teamziel verstanden
• alle Teammitglieder verfolgen das Teamziel in Abstimmung mit den anderen Gruppenmitgliedern und stellen die Teamziele vor ihre Individualziele
• alle Teammitglieder wissen, dass allein das Teamergebnis zählt und dass das individuelle Ergebnis dagegen weniger bzw. nichts zählt
• alle Teammitglieder sind offen und bereit dafür, sich im Rahmen der individuellen Möglichkeiten in Teamprozesse einzubringen und so die Teamdynamik zu fördern.

In den PR-Berufen wird "Teamkompetenz“ immer wichtiger, weil die Komplexität der Aufgaben zunimmt, weil die Rahmenbedingungen schwieriger werden und weil das Kommunikations- und PR-Know-how in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist und auch weiterhin stark anwächst. Das sich stark ausdifferenzierende, in der Branche verfügbare Wissen macht es dem Einzelnen heute unmöglich, alle verschiedenen Instrumente, Strategien, Techniken und Verfahren der PR (wie Online-Kommunikation, Investor Relations, Event-Kommunikation und auch Issues Management oder PR-Evaluation) umfassend und bis in die Tiefe virtuos zu beherrschen. In den wachsenden und sich immer stärker ausdifferenzierenden Public Relations haben Einzelkämpfer immer weniger eine Chance, da sie immer mehr entweder als "Spezialisten“ nur auf einem bestimmten Teilgebiet bis in die Tiefe kompetent sind oder aber als Generalisten "von allem ein wenig Ahnung haben“. Teams dagegen, die komplexe Gesamtaufgaben unter der Leitung eines Generalisten sinnvoll aufteilen, die Aufgabenteile von Spezialisten bearbeiten lassen und schliesslich zu einem homogenen Endergebnis integrieren, gehört die Zukunft.

Berücksichtigt die heutige Ausbildung der PR-Profis von morgen diese Herausforderungen bereits, und werden folgende Ziele der Ausbildung von künftigen Öffentlichkeitsarbeitern schon umfassend umgesetzt?

• die Entwicklung eines Sinns für Teams und Teamarbeit bei den Studenten
• die Förderung der individuellen Entwicklung von Teamkompetenz
• das umfassende Einstudieren von Teamverhalten, d.h. der Rollen des Teamleiters und des "einfachen“ Teammitglieds
• das Einüben eines Automatismus, grosse Aufgaben selbstverständlich im Team zu bearbeiten
• der Niederschlag der Teamkompetenz und der Teamorientierung des einzelnen in seinen Noten (Konkret: wird der Student besser benotet, der in einem Praxis-Seminar die anderen Mitglieder seines Teams bei der Erstellung ihrer Beiträge umfassend unterstützt, natürlich zu gunsten der Gesamtarbeit und vielleicht zu ungunsten des Auffallens seines eigenen Beitrags in diesem – dann stärkeren – Beitrags-Umfeld?).

Praxis-Seminare, die sich am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und insbesondere am Lehrstuhl Öffentlichkeitsarbeit/PR zur Entwicklung von "Teamorientierung“ und zum Einüben von "Teamkompetenz“ eignen, sind beispielsweise:

• Strategische PR (Seminar: Konzeptionstraining I + II)
• Kommunikationstraining TV I + II (Seminar: Übungen vor der Kamera)
• Präsentationstechniken (Seminar)
• LiSA (Studenten-Agentur)
• "Radio Mephisto 97,6“ (Studentisches Radio)
• "Akademisches Viertel“ (Studentische Sendung auf "Leipzig Fernsehen“)
• "Campus-Seite“ (Studentische Seite in der "Leipziger Volkszeitung“).

Langfristig sollten sich PR-Ausbilder entscheiden, umfassend "Teamorientierung“ und "Teamkompetenz“ bei ihren Studenten zu fördern, ein Bewusstsein für dieses wichtige Ziel in der Ausbildung von künftigen PR-Profis zu schaffen und damit die Impulse aus der PR-Praxis aufzunehmen.

Jörg Hoepfner, M.A.
Lehrstuhl Öffentlichkeitsarbeit/PR der Universität Leipzig
Betreuer des B.A.-Studiengangs PR/Kommunikationsmanagement

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