Das PR-Interview Interview Nr. 28: Aufräumen mit dem Klüngel-Image

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Interview mit Frank Überall zur Qualität der PR-Arbeit bei den Beteiligten am Kölner U-Bahnbau-Skandal

PR-Journal: Wichtige Ansprechpartner bei Ihren Recherchen zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs waren und sind Pressesprecher und Öffentlichkeitsarbeiter von Behörden und Unternehmen. Wie beurteilen Sie deren Leistungen im zurückliegenden Jahr?

ueberall-frankFrank Überall: Die Leistungen reichen von professionell bis chaotisch. Bei der Kölner Staatsanwaltschaft zum Beispiel bekam man immer verbindliche Auskünfte. Bei der Stadtverwaltung war das schon weniger der Fall, bei den Kölner Verkehrsbetrieben zuweilen gar nicht. Das hat den Eindruck noch verstärkt und befeuert, dass es sich bei den städtischen Stellen in Köln um ein System organisierter Unverantwortlichkeit handelt. Ich denke, manche waren einfach mit der Welle des bundesweiten Medieninteresses völlig überfordert. Auf die Antworten auf manche Anfragen warte ich noch heute.

PR-Journal: Fallen Ihnen Beispiele für besonders gelungene oder besonders schlechte PR ein? Gibt es Merkmale positiver oder negativer Art - etwa im Timing oder der Bereitschaft Auskunft zu erteilen - die Sie bei allen beteiligten Stellen bemerkt haben?

Frank Überall: Ich weiß nicht, wer dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma den Rat gegeben hat, sich als Kümmerer zu inszenieren, der jegliche Verantwortung weit von sich weg weist. Ich weiß nur, dass es das war, was ihm letztlich politisch das Genick gebrochen hat. Manche versuchen mit Hilfe von inszenierter PR ein Image zu demonstrieren, das so nicht funktionieren kann. Wer als Oberbürgermeister Verwaltungschef einer Millionenstadt ist, von dem erwarten nicht nur Politikwissenschaftler und Journalisten, sondern auch die Bürger, dass er sich mit den Strukturen und Handlungen „seiner" Verwaltung kritisch und organisierend auseinander setzt. Schramma, der ja mit dem U-Bahnbau eigentlich vor dem Unglück gar nichts zu tun hatte, hätte die Aufklärung forcieren müssen statt überwiegend auf die „soften Themen" des Unglücks zu setzen: Dann wäre er verdienstvoll als „Kölscher Giuliani" in die Geschichte nicht nur der Stadt Köln eingegangen.

PR-Journal: Die Krise ist ja noch nicht zu Ende. Wie sollten sich die beteiligten Unternehmen aus PR-Sicht jetzt und in den kommenden Wochen verhalten?

Frank Überall: Aufräumen mit dem Klüngel-Image und die mutmaßlichen Betrügereien konsequent aufklären! Dass das Wunschdenken eines betroffenen Journalisten ist, der ständig Neuigkeiten recherchieren, einordnen und bewerten muss, liegt auf der Hand. Trotzdem geht es hier um den Ruf großer Unternehmen und Behörden. Am fallenden Aktienkurs von Bilfinger Berger haben wir gesehen, wie schwer ein Imageverlust wiegen kann. Es hat sich langfristig noch nie gelohnt, Krisen-PR als Verschweigensstrategie zu fahren.

Dr. Frank Überall ist Journalist, Politologe und Mitglied des Expertenportals www.politikinstitut.de. Überall hat über den "Klüngel in der politischen Kultur Kölns" (Bouvier Verlag) promoviert.

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