Das PR-Interview Interview Nr. 29: Verlage müssen ihr Geschäftsmodell komplett überdenken

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Interview mit Thomas Knüwer, Düsseldorf zu den Erfolgschancen von Bezahlmodellen im Internet 

PR-Journal: Viele Verlage wollen künftig auf Bezahlmodelle im Internet setzen. Wie schätzen Sie die Erfolgschancen solcher Modelle ein? 

knuewer-thomasThomas Knüwer: Unterschiedlich. Wer hoch spezielle Inhalte mit viel Fachkompetenz bietet, kann diese auch verkaufen. Das bedeutet gleichzeitig: Zeitungen, die glauben für ihre gedruckten Nachrichten-Artikel Geld zu bekommen, werden eher marginale Umsätze erzielen. Erst recht wenn sie in einem Anfall von Größenwahn - oder in Ermangelung wirtschaftlicher Micropayment-Systeme - für einzelne Artikel mehr Geld verlangen als für ein ganzes gedrucktes Objekt.

PR-Journal: Für welche Online-Angebote würden Leser/User Geld bezahlen? 

Thomas Knüwer: Für hoch spezielle Inhalte. Vielleicht auch für Inhalte, die mitreißend multimedial umgesetzt sind - aber ich sehe nicht mal Ansätze für solche Projekte in Deutschland. Aber die Leser zahlen ja ohnehin - mit ihrer Zeit. Früher war die Medienunternehmen etwas wert - heute anscheinend nicht mehr. 

PR-Journal: Werden neue Endgeräte, wie das iPad, den Markt für neue Angebote öffnen? 

Thomas Knüwer: „Mobile" ist das neue Massenmedium, das ist absehbar. Und das iPad ist ein spannendes Produkt. Nur: Es müssten erst neue Angebote geschaffen werden. Derzeit nutzen Medienhäuser Optionen wie Mobile Apps nur zum Ablaichen vorhandener Inhalte. Warum sollte ich dafür Geld bezahlen? 

PR-Journal: Welche Erfolgsstrategien würden Sie den Verlagen für die Zukunft empfehlen? 

Thomas Knüwer: Verlage müssen ihr Geschäftsmodell komplett überdenken. Wer weiter nur Papier bedrucken will, wird nur im Hochglanz-Magazin-Bereich oder bei sehr speziellen Inhalten Überlebenschancen haben. Verlage müssen eruieren, welche Inhalte sie bieten können, die Konkurrenten nicht liefern können. Die entsprechenden Redakteure müssen zu multimedialen Marken aufgebaut werden. Die gesamte Redaktion muss sich außerdem mit relevanten Lesern vernetzen und in ständiger Kommunikation befinden. Außerdem müssen Verlage endlich selbst digitale Innovationen schaffen, sowohl im Bereich der Inhalte wie auch im Feld der Werbung. Dazu brauchen sie eigene Programmierer. Sämtliche digitalen Daten müssen ständig evaluiert werden, egal ob externe Informationen, wie beliebte Suchbegriffe, oder interne wie das Verhalten der Leser im Verlagsangebot. Es ist ein gewaltiger Umbruch, für den nicht mehr viel Zeit bleibt. 

Thomas Knüwer war Journalist beim "Handelsblatt". Heute berät er mit seiner Agentur "KpunktNull"  (www.kpunktnull.de), Düsseldorf Unternehmen für das „digitale Zeitalter". Außerdem betreibt er seit Jahren den Blog indiskretionehrensache.de.  

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