Das PR-Interview Interview Nr. 36: PR kann die Führungsrolle übernehmen

"Das PR-Interview" wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation

Interview mit Professor Dr. Lothar Rolke, Mainz zur aktuellen Vergleichsstudie über die Wirkungskraft von Werbung und PR-Beiträgen (idw Informationsdienst Wissenschaft)

PR-Journal: PR oder Werbung – welche Disziplin wird in Zukunft die kommunikative Führungsrolle innehaben?

rolke_lothar_05-2010Lothar Rolke: PR kann die Führungsrolle übernehmen, muss aber in der Sache mutiger und in Sachen Kommunikations-Controlling professioneller werden. Doch auch die Werber werden versuchen, sich neu zu erfinden. Am Ende werden sich PR und Werbung stärker verzahnen. Das traditionelle Nebeneinander kann es auf Dauer nicht geben. PR-Manager dürfen keine Angst vor großen Budgets haben, Werber müssen lernen, mit den kommunikativen Unsicherheiten umzugehen. Denn gelingende Kommunikation ist nie sicher, sondern nur wahrscheinlicher oder weniger wahrscheinlich. Was die Wahrscheinlichkeit erhöht, muss durch Monitoring und Erfolgskontrolle gelernt werden.

PR-Journal: Welche Stärken kann die PR gegenüber der Werbung ausspielen?

Lothar Rolke: PR ist in vielen Fällen wirksamer, weil glaubwürdiger und weil sie weniger Abwehrverhalten auslöst. Erfolgreiche PR trägt das Gütesiegel einer Redaktion, die eine „Geschichte“ geprüft und dann ins Blatt gehoben oder auf den Bildschirm gebracht hat. Das wirkt. Hinzu kommt, dass sie unterm Strich betrachtet auch preiswerter ist; das steigert die Effizienz der Kommunikation.

PR-Journal: Welche Rolle wird die Werbung in Zukunft spielen?

Lothar Rolke: Werbung wird sich selber verändern, kaum noch pur auftreten und letztlich die Funktion eines Ergänzungskanals haben. Wenn PR situativ nicht funktioniert oder schwächelt, dann muss Werbung ran, aber immer nur im Verbund mit anderen Instrumenten.

PR-Journal: Wie verändert das Internet das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Disziplinen?

Lothar Rolke: Das Internet ist schon heute das Leitmedium in der Kommunikation. Was dort nicht funktioniert, kann auf Dauer auch in der Offline-Welt nicht erfolgreich sein. Doch bei keinem Medium ist die Werbevermeidung und –abwehr so ausgeprägt wie im Internet. Das hat damit zu tun, dass die Internetkommunikation eher der PR-Logik als den Regeln der Werbung folgt, also den Prinzipien von Dialog, Mitgestaltung und Vertrauen. Insofern gewinnt hier professionelle PR gegenüber traditionellen Werbeformen.

PR-Journal: Lässt sich der Bedeutungsverlust der Werbung nach Ihrer Beobachtung bereits in konkreten Budgetverschiebungen beobachten?

Lothar Rolke: Budgets muss man sich erkämpfen. Deswegen wird nur derjenige im Unternehmen Gelder bekommen, der Nutzwerte, also Wirksamkeit verspricht und seine Erfolge später belegen kann. Das sich etwas verändert, können wir bei den Zeitungen beobachten: Lange Zeit finanzierten sich die Zeitungen zu über 60 Prozent über die Werbung und zu unter 40 Prozent über die Verkaufserlöse. Heute sehen wir die ersten Zeitungen, die zu über 50 Prozent über den Verkauf und zu unter 50 Prozent über die Werbung finanziert werden. Das gibt übrigens auch den Redaktionen eine neue Verantwortung. Und infolge den PR-Managern eine neue Aufgabe, die mit überlegen müssen, wie bestimmte Inhalte oder Medienkooperationen dazu beitragen können, die Leser-Blatt- und User-Plattform-Bindung zu erhöhen.

Professor Dr. Lothar Rolke lehrt Betriebswirtschaftslehre und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Mainz, University of Applied Sciences (www.fh-mainz.de/wirtschaft/personenverzeichnis/profil/rolke-lothar/index.html).

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