Das PR-Interview PR-Interview Nr. 53: „Wir wollen über den Wahltag hinaus wirken“

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Klaus-Peter Schöppner (TNS Emnid) über die Wirkung von Politik- und Sozialforschung im Umfeld von Wahlen.

PR-Journal: Wahlprognosen wird manchmal unterstellt, sie bildeten die Stimmung der Wähler nicht nur ab, sondern machten durch die Veröffentlichung selbst Stimmung. Wie gehen Sie damit um?

schoeppner_klaus-peterKlaus-Peter Schöppner: Dass wir Wahlprognosen machen, wird uns seit vielen Jahren von den Medien und auch den Politikern unterstellt. Aber das ist falsch. Was wir machen, ist Politik- und Sozialforschung. Wir erfassen Themen, Entwicklungen und Stimmungen in der Bevölkerung und versuchen sie möglichst genau abzubilden – wir erstellen also Diagnosen, keine Prognosen. Es ärgert einen schon, wenn dann nach der Wahl ein Politiker behauptet, wir hätten mit unserer Prognose daneben gelegen. Um im nächsten Satz zu betonen, wie erfolgreich ihr Wahlkampf in den letzten Tagen gewesen sei. Ob unsere Veröffentlichungen Einfluss auf die Wähler haben? – Das würde ich mit „Jein“ beantworten. Eine Veröffentlichung unserer Diagnosen vor einer Wahl bildet das Korrektiv der vielen subjektiven Wahlkampfaussagen. Andererseits wird  häufiger taktisch gewählt. Da spielen vermeintliche Stärkeverhältnisse schon eine Rolle. Vermutet man beispielsweise, dass die präferierte Partei die 5-Prozent-Hürde nicht schaffen wird, schwenkt mancher um.

PR-Journal: Social Media gelten inzwischen als Medien, mit denen sich „Volkes Stimme“ Gehör verschafft. Nutzen Sie diese auch für Ihre Arbeit?

Klaus-Peter Schöppner: Nur in beschränktem Umfang, etwa in der Marktforschung oder im Vorfeld einer Erhebung. Wir betrachten beispielsweise Themen und Diskussionen in Blogs, Foren oder bei Twitter und analysieren dann, welche Begriffe oft gemeinsam mit einem Politiker oder einer Partei genannt werden. Das ist in der Strategiephase nützlich, für eine spätere Veröffentlichung aber zu kompliziert. Hinzu kommt, dass sich Diskussionen im Social Web meist an Ärgernissen entzünden, daher sind hier negative Meinungsäußerungen von vornherein deutlich präsenter. Unsere Daten erheben wir weiterhin vor allem durch repräsentative Umfragen.

PR-Journal: TNS Emnid bekommt bei Wahlen große Publizität. Welche Rolle spielt dieses Renommee für ihr Alltagsgeschäft?

Klaus-Peter Schöppner: Das ist für uns natürlich positiv. Nach manchen Veröffentlichungen können wir uns vor Presseanfragen kaum retten. Es gibt aber einen Aspekt, der mir im Zusammenhang mit unserer Publizität wichtiger ist: Wir verstehen Politik- und Sozialforschung als eine Art Frühwarnsystem, das ein Gesamtbild der Stimmungen in der Bevölkerung zeigt. Welche Ängste bewegen die Menschen? Wo finden sie Gemeinsamkeiten? Wo wächst Entfremdung? Vor diesem Hintergrund hat die Demoskopie auch eine therapeutische Funktion, denn aus ihren Ergebnissen lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten. Letztlich wollen wir ja über den Wahltag hinaus wirken.

Klaus-Peter Schöppner ist Geschäftführer der TNS Emnid Medien- und Sozialforschung GmbH in Bielefeld (www.tns-emnid.com).

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