Kommentare Ein Pressesprecher geht

Foto: W. ReinekeGenug ist genug. Henry Kissingers Feststellung, als Lügner sei ein Mensch zu bezeichnen, der lüge, wenn es nicht nötig sei, mag Scott McClellan in seinen letzten Wochen als Sprecher des US-Präsidenten George W. Bush mehr als sonst beschäftigt haben. Bis dahin stand er in der Tradition der US-Kriegspressepolitik und Propaganda auch vor sich (selbst) gerechtfertigt da.

Bush hatte den weltweiten Krieg gegen den Terrorismus erklärt und damit die Grundlage für das Kommunikationsverhalten des Weißen Hauses gelegt. Und sein Pressesprecher war Herold und Formulierer von Täuschungen und Halbwahrheiten zugleich, denn im Krieg und in der Liebe ist nach dem Sprichwort fast alles erlaubt, was den Erfolg bringt. Aber die Spätwarnsignale – wie dramatischer Popularitätsverlust des Präsidenten und offene Rebellion im Pressekorps des Weißen Hauses - schmerzten. Bush setzte zudem immer mehr auf die werbemäßig für mehr Vertrauen reisenden Damen Rice und Hughes.

Nun ist er gegangen, der Mann, dessen Formulierungen und Pressekontakte trotz aller Kritik von außen seinem Präsidenten jahrelang einen Rest von Besonnenheitsimage verschafften, das dieser niemals verdiente, geschweige denn verstand. McClellan versteckte sich nicht hinter der Leerphrase von nationaler Sicherheit. Wir dürfen gespannt sein, welcher Typ der texanischen Rauhreiterbrigade als Nachfolger McClellans neue Kriege propagandistisch vorbereiten darf.

Als der Vorgänger McClellans vor Beginn des Irak-Krieges von Journalisten zur ungenügenden Informationspolitik des Weißen Hauses gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit gefragt wurde, gab er aus voller Überzeugung die Antwort, der Präsident sei der Oberbefehlshaber und "erziehe" die Bevölkerung.

Dieser "Herr-und-Hund-Lautsprecher-Philosophie" müssen die Pressesprecher des "alten" Europa Berufsethos als Berater und Krisenverhinderer durch Transparenz und Verzicht auf Täuschung und Propaganda sichtbar entgegensetzen.

Wolfgang Reineke, Heidelberg


P.S.: Am 26. April wurde gemeldet, dass der Fox-Fernsehjournalist Tony Snow neuer Bush-Sprecher im Weißen Haus werden soll. Er arbeitet schon für den Vater des jetzigen US-Präsidenten als Redenschreiber.

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