Kommentare Kommentar: Bleiben Sie auf dem Teppich, Herr Konken!

Der oberste Journalistenfunktionär in Deutschland, Michael Konken (54) (er ist Vorsitzender des über 40.000 Mitglieder zählenden DJV Deutscher Journalisten-Verband) hat kräftig zugeschlagen. Nur: es war voll daneben. Er sieht nur noch Propagandisten und Schleichwerber, die die armen Journalisten derart drangsalieren und vernebeln, dass diese ungeprüft PR-Beiträge in Rundfunk und Printmedien übernehmen. Woher weiß er das?

Es scheint unbestritten, dass die PR-Agentur A&B One (dort arbeiten sehr viele Profis, die auch das journalistische Handwerk beherrschen) für das Bundesfamilienministerium in Berlin PR-Beiträge produzierte und den Medien angeboten hat. Diese waren ein Informationsangebot und wurden teils unverändert, teils abgeändert übernommen. Na und? Dies geschieht in Deutschland täglich tausendfach und ist professionelle Kommunikationsarbeit.

Ich halte es für scheinheilig, wenn DJV-Konken die gesamte PR-Branche (anstatt z.B. die knausrigen Verleger) angreift, ohne die Inhalte geprüft zu haben. Er beschimpft ja indirekt seine eigen Zunft (Mitglieder), wenn diese PR-Texte übernehmen. Journalisten wären brotlos, wenn sie keine PR-Meldungen und Informationen erhielten - jedes Rathaus übermittelt solches täglich. Konsequenterweise sollte der DJV dann auch seinen Pressesprecher entlassen, denn der produziert ja auch PR-Beiträge.

Unverantwortlich und geistig verwirrt ist es jedoch von Konken, wenn er die A&B-Arbeit mit der verwerflichen PR-Werbe-Kopplung der Berliner Agentur Flaskamp für das Wirtschaftsministerium in einen Topf wirft. Damit disqualifiziert er sich nicht nur als Verbandschef. Das ist die gleiche unseriöse, weltfremde Tonlage, wie die Forderung/Behauptung des netzwerk recherche-Chefs Thomas Leif: "Journalisten machen keine PR". Warum wollen dann nur so viele ihrer Kollegen (und Kolleginnen) in der PR arbeiten und PR-Texte propagieren?

Last but not least: Wenn sich der wissenschaftliche Dozent für Journalismus und Kommunikation an der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven wieder mal derart aus dem Fenster lehnen möchte, sollte er doch als norddeutsch Angehauchter zunächst im eigenen Bereich für klar Schiff sorgen. Dort soll es nämlich auch Publikationen geben, die PR-Texte verarbeiten und sogar Kopplungsgeschäfte anbieten.
Gerhard A. Pfeffer, Siegburg

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Zwei interessante Diskussionen zum Themenkomplex PR und Journalismus:
Im Blog von Thomas Knüwer, Indiskretion Ehrensache
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1479
und im media-coffee-Blog, der damit aus einem dreiwöchigen Sommerschlaf erwacht ist:
www.mediacoffee.de/uwemommert/item/365.

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